DER KUNSTMARKT
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lingworth-Stuttgart mit 51 000 M. In Berlin, in den
Händen von Frau Friedländer-Fuld, blieb das Dop-
pelbildnis von Luther und seiner Frau, allerdings
für den hohen Preis von 104000 M. In das Aus-
land gelangten einige bedeutende Stücke, so mußte
Herrn Onnes-Amsterdam das berühmte Selbstporträt
des Joos van Cleve mit der Nelke für 215 000 M.
überlassen werden und das vielleicht noch berühmtere
Nachtstück der Geburt Christi« von Geertgen tot St.
Jans konnte derselbe Sammler für 205000 M. ent-
führen. Auch Herr Langaardt-Christiania darf sich
seiner »Maria« von Lucas v. Leyden rühmen, wenn-
gleich die Schar der Interessenten es ihm nicht eben
leicht machte, und er erst bei 140000 M. seines
Gutes sicher war. Ebenso mußte Frau Dr. Kröller-
Haag das Bildnis einer Frau, mit der Vanitas auf der
Rückseite, von Bruyn d. Älteren, sehr teuer mit
162000 M. bezahlen, während das Doppelbildnis von
».Mutter und Tochter« von Bartel Bruyn d. Jüngeren
mit 61000 M. nicht zu hoch bewertet war. Den
höchsten Preis, nicht nur der Niederländischen Primi-
tiven, sondern der ganzen Auktion, zahlte mit 390 000 M.
Herr Kom. Castiglione-Wien für die »Auferweckung
des Lazarus« des sehr seltenen Meisters Nicolas Froment.
Der zweite Tag brachte die Skulpturen. Bei
manchen Stücken hielt wohl die Spannung des ersten
Tages an, und so konnten besonders für italienische
Bronzen Preise erzielt werden, die bisher unbekannt
waren und die besten Gebote der Versteigerung
Beckerath oft weit um das Zweifache hinter sich
ließen. Hier traten neben den Sammlern mehr die
Händler als Käufer hervor. Gleich bei einem der
ersten Stücke, bei der »Thronenden Madonna mit Stifter
und Engeln- aus Süddeutschland XV, einem getriebenen
und vergoldeten Hochrelief, entstand ein Kampf zwischen
Berlin und Frankfurt, bis das Frankfurter Museum mit
60500 M. Sieger blieb. Und für die folgende Nummer,
einer Halbfigur der Madonna, die mit Bedacht dem
Peter Vischer zugewiesen wird, konnten 60000 M.
erzielt werden. Das regste Interesse nahmen die
Bronzestatuetten in Anspruch. Der Durchschnittspreis
hielt sich’zwischen 10000 und 20000 M. Der »Her-
kules« des Pollajuolo stieg auf 10200 und von den
vier Statuetten Giov. d. Bolognas erzielte »Der schlei-
chende Vogelsteller« den höchsten Preis mit 24000 M.
Die höchste Erwartung war aber auf die Bronzen des
Venetianers Riccio gesetzt, dessen »Satyrpaar« dann
auch mit 53 000 an einen Privatmann nach Budapest
ging; während Werkstattarbeiten des Meisters mit
10000, 11 000, 13 000 in Frankfurt und Berlin blieben.
Die eigenartige Stilisierung der »Wölfin« eines Pa-
duaner Meisters 1500, von der nur ein zweites
Exemplar in der Morgan-Sammlung bekannt ist, brachte
den hohen Preis von 80000 M. Hiernach hielt die
Stimmung an, zum Glück aber auch die Qualität,
wenn auch in einiger Entfernung, sodaß der »Stehende
Neptun« von Jacopo Sansovino in Berliner Privatbesitz
mit 71 500 M. überging und ein Kaminbock mit zwei
Flügelpferden und Satyrn mit 80000 einem Privatmann
in Kassel zugeschlagen wurde. Von zwei Tintenfässern
mit Knaben und Delphinen verblieb eins mit 38000
in Berliner Privatbesitz. Von den deutschen Bronzen
stieg die »Stehende Maria« eines Kölner Meisters um
1450 auf 35000 M. und niederländische Arbeiten auf
20000 und 29000 M.
Von den italienischen Bildwerken in Marmor und
Stuck seien nur die »Stehenden Knaben mit Wappen«
aus Venedig um 1500 genannt, die 33500 erzielten,
während der »Stehende Engel« des Piero di Gio-
vanni Tedesco von der Florentiner Domfassade (um
1475) in Berlin mit 11600 M. verblieb. Madonnen
des Lucca della Robbia (Ton) stiegen auf 20 700; eine
aus Donatellos Werkstatt auf 42000 M. und die Ton-
büste eines jungen Mannes in der Richtung des Andrea
del Verrocchio bis auf 50100 M.
Von der deutschen Holzplastik ging der
schöne Altarflügel mit dem hl. Christophorus, Tirol
1500, für 23000 M. nach Hamburg, während die
prachtvollen, zum Teil mit aller Bemalung erhaltenen
»Knienden Leuchterengel«, Niederbayern 1530, mit
30500 M. in das Kaiser-Friedrich-Museum gelangten.
Nach München gingen ein Hausaltärchen, Augsburg
16. Jahrhundert, für 35 000 M. und eine thronende
Madonna von Engeln umringt für 38000 M. Zwei
Chorstuhlwangen, Niederlande (um 1490), mit Heiligen
in Eichenholz geschnitzt, verblieben für 41000 M.
in Berlin.
Der dritte Tag brachte dann das Kunstgewerbe,
das hier überhaupt erst in der trefflichen Vitrinen-
aufstellung bei der Vorbesichtigung zu seiner vollen
Würdigung gelangte, während die gedrängte Fülle im
Hause des Sammlers nur schwer zu übersehen war.
Als ein bisher unveröffentlichtes Werkfrühgermanischer
Kunst von kunsthistorischer Einzigartigkeit wurde das
»Reliquiar« vom Oberrhein aus der Karolingerzeit des
8. Jahrhunderts heiß umstritten. Gern hätte man das
Stück in den Händen eines großen Museums gesehen,
aber vergebens bemühte man sich, bis Frau Dr. Lederer-
Wien es für 97 000 M. erzwang. Bei solchen Stücken
muß die Etatsfrage der Museen einmal akut werden,
die jedoch leichter durch ein Entgegenkommen des
1 Privatmannes gelöst werden könnte. Kostbare Stücke
aus Kupfer mit Grubenschmelz und Bergkristall, wie
das Reliquienostensorium für 44000 und die Spitze
eines Bischofsstabes für 30000 M. aus der Mitte des
13. Jahrhurderts, Limoges, folgten. Das Berliner
Kunstgewerbe - Museum erwarb einen vergoldeten
Kupferkelch für 4450 M., das Germanische Museum
einen vergoldeten Bronze-Engel (deutsch 15. Jahr-
hundert) für 8700 und das Folkwang-Museum in Hagen
eine Hostienmonstranz für 7300 M. Von den Gold-
schmiedearbeiten wurde die Signalpfeife der Seeschiffer
von Danzig mit höchster Spannung erwartet. Auch
hier wie bei dem karolingischen Reliquiar bedauert man,
daß es nicht dasDanzigerMuseum sein durfte, das dieses
Stück mitnehmen konnte und daß sich kein Danziger
Mäzen fand, dieses lokale Erbstück seiner Stadt auf
jeden Fall zu sichern; allerdings ging der Direktor
des Danziger Museums bis an 60000 M. mit, als
F. W. Lippmann ihn bei diesem Betrage ausstach.
Besonders hoch wurden die kostbaren Grubenschmelz-
| platten bewertet, die mit 24 000, 28000 und 34000 M.
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lingworth-Stuttgart mit 51 000 M. In Berlin, in den
Händen von Frau Friedländer-Fuld, blieb das Dop-
pelbildnis von Luther und seiner Frau, allerdings
für den hohen Preis von 104000 M. In das Aus-
land gelangten einige bedeutende Stücke, so mußte
Herrn Onnes-Amsterdam das berühmte Selbstporträt
des Joos van Cleve mit der Nelke für 215 000 M.
überlassen werden und das vielleicht noch berühmtere
Nachtstück der Geburt Christi« von Geertgen tot St.
Jans konnte derselbe Sammler für 205000 M. ent-
führen. Auch Herr Langaardt-Christiania darf sich
seiner »Maria« von Lucas v. Leyden rühmen, wenn-
gleich die Schar der Interessenten es ihm nicht eben
leicht machte, und er erst bei 140000 M. seines
Gutes sicher war. Ebenso mußte Frau Dr. Kröller-
Haag das Bildnis einer Frau, mit der Vanitas auf der
Rückseite, von Bruyn d. Älteren, sehr teuer mit
162000 M. bezahlen, während das Doppelbildnis von
».Mutter und Tochter« von Bartel Bruyn d. Jüngeren
mit 61000 M. nicht zu hoch bewertet war. Den
höchsten Preis, nicht nur der Niederländischen Primi-
tiven, sondern der ganzen Auktion, zahlte mit 390 000 M.
Herr Kom. Castiglione-Wien für die »Auferweckung
des Lazarus« des sehr seltenen Meisters Nicolas Froment.
Der zweite Tag brachte die Skulpturen. Bei
manchen Stücken hielt wohl die Spannung des ersten
Tages an, und so konnten besonders für italienische
Bronzen Preise erzielt werden, die bisher unbekannt
waren und die besten Gebote der Versteigerung
Beckerath oft weit um das Zweifache hinter sich
ließen. Hier traten neben den Sammlern mehr die
Händler als Käufer hervor. Gleich bei einem der
ersten Stücke, bei der »Thronenden Madonna mit Stifter
und Engeln- aus Süddeutschland XV, einem getriebenen
und vergoldeten Hochrelief, entstand ein Kampf zwischen
Berlin und Frankfurt, bis das Frankfurter Museum mit
60500 M. Sieger blieb. Und für die folgende Nummer,
einer Halbfigur der Madonna, die mit Bedacht dem
Peter Vischer zugewiesen wird, konnten 60000 M.
erzielt werden. Das regste Interesse nahmen die
Bronzestatuetten in Anspruch. Der Durchschnittspreis
hielt sich’zwischen 10000 und 20000 M. Der »Her-
kules« des Pollajuolo stieg auf 10200 und von den
vier Statuetten Giov. d. Bolognas erzielte »Der schlei-
chende Vogelsteller« den höchsten Preis mit 24000 M.
Die höchste Erwartung war aber auf die Bronzen des
Venetianers Riccio gesetzt, dessen »Satyrpaar« dann
auch mit 53 000 an einen Privatmann nach Budapest
ging; während Werkstattarbeiten des Meisters mit
10000, 11 000, 13 000 in Frankfurt und Berlin blieben.
Die eigenartige Stilisierung der »Wölfin« eines Pa-
duaner Meisters 1500, von der nur ein zweites
Exemplar in der Morgan-Sammlung bekannt ist, brachte
den hohen Preis von 80000 M. Hiernach hielt die
Stimmung an, zum Glück aber auch die Qualität,
wenn auch in einiger Entfernung, sodaß der »Stehende
Neptun« von Jacopo Sansovino in Berliner Privatbesitz
mit 71 500 M. überging und ein Kaminbock mit zwei
Flügelpferden und Satyrn mit 80000 einem Privatmann
in Kassel zugeschlagen wurde. Von zwei Tintenfässern
mit Knaben und Delphinen verblieb eins mit 38000
in Berliner Privatbesitz. Von den deutschen Bronzen
stieg die »Stehende Maria« eines Kölner Meisters um
1450 auf 35000 M. und niederländische Arbeiten auf
20000 und 29000 M.
Von den italienischen Bildwerken in Marmor und
Stuck seien nur die »Stehenden Knaben mit Wappen«
aus Venedig um 1500 genannt, die 33500 erzielten,
während der »Stehende Engel« des Piero di Gio-
vanni Tedesco von der Florentiner Domfassade (um
1475) in Berlin mit 11600 M. verblieb. Madonnen
des Lucca della Robbia (Ton) stiegen auf 20 700; eine
aus Donatellos Werkstatt auf 42000 M. und die Ton-
büste eines jungen Mannes in der Richtung des Andrea
del Verrocchio bis auf 50100 M.
Von der deutschen Holzplastik ging der
schöne Altarflügel mit dem hl. Christophorus, Tirol
1500, für 23000 M. nach Hamburg, während die
prachtvollen, zum Teil mit aller Bemalung erhaltenen
»Knienden Leuchterengel«, Niederbayern 1530, mit
30500 M. in das Kaiser-Friedrich-Museum gelangten.
Nach München gingen ein Hausaltärchen, Augsburg
16. Jahrhundert, für 35 000 M. und eine thronende
Madonna von Engeln umringt für 38000 M. Zwei
Chorstuhlwangen, Niederlande (um 1490), mit Heiligen
in Eichenholz geschnitzt, verblieben für 41000 M.
in Berlin.
Der dritte Tag brachte dann das Kunstgewerbe,
das hier überhaupt erst in der trefflichen Vitrinen-
aufstellung bei der Vorbesichtigung zu seiner vollen
Würdigung gelangte, während die gedrängte Fülle im
Hause des Sammlers nur schwer zu übersehen war.
Als ein bisher unveröffentlichtes Werkfrühgermanischer
Kunst von kunsthistorischer Einzigartigkeit wurde das
»Reliquiar« vom Oberrhein aus der Karolingerzeit des
8. Jahrhunderts heiß umstritten. Gern hätte man das
Stück in den Händen eines großen Museums gesehen,
aber vergebens bemühte man sich, bis Frau Dr. Lederer-
Wien es für 97 000 M. erzwang. Bei solchen Stücken
muß die Etatsfrage der Museen einmal akut werden,
die jedoch leichter durch ein Entgegenkommen des
1 Privatmannes gelöst werden könnte. Kostbare Stücke
aus Kupfer mit Grubenschmelz und Bergkristall, wie
das Reliquienostensorium für 44000 und die Spitze
eines Bischofsstabes für 30000 M. aus der Mitte des
13. Jahrhurderts, Limoges, folgten. Das Berliner
Kunstgewerbe - Museum erwarb einen vergoldeten
Kupferkelch für 4450 M., das Germanische Museum
einen vergoldeten Bronze-Engel (deutsch 15. Jahr-
hundert) für 8700 und das Folkwang-Museum in Hagen
eine Hostienmonstranz für 7300 M. Von den Gold-
schmiedearbeiten wurde die Signalpfeife der Seeschiffer
von Danzig mit höchster Spannung erwartet. Auch
hier wie bei dem karolingischen Reliquiar bedauert man,
daß es nicht dasDanzigerMuseum sein durfte, das dieses
Stück mitnehmen konnte und daß sich kein Danziger
Mäzen fand, dieses lokale Erbstück seiner Stadt auf
jeden Fall zu sichern; allerdings ging der Direktor
des Danziger Museums bis an 60000 M. mit, als
F. W. Lippmann ihn bei diesem Betrage ausstach.
Besonders hoch wurden die kostbaren Grubenschmelz-
| platten bewertet, die mit 24 000, 28000 und 34000 M.