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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

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Heft 9 (Juniheft 1927)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0194

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Dre Dragoner, an mancherlei gewöhnk, sprangen slarr aus. MochLe der Win-
gnlk diese Darbiekung ersunden haben, mochke sie unker rheinischen Schifsern
anzukressen sein, noch keiner hakke das erlebk. Es stank nach rußendem Pekro-
lenm; die Lusk war heiß und verbrauchk; alle hatken einen ekelhasken, bikkern
Geschmack im Munde, manchen schükkelke es, keiner vermochke ekwas zu sagen.
Der Wingulk aber gröhlke unbändig und enkzückk, wie ein erster Mensch über
eine erste Freude. Er sand die Sache sehr geglückk und sühlke sich, als er den
Ramn verließ, ekwa wie ein Apoll, der eben sich selbst und eine Gökkerver-
sammlung durch sein Saikenspiel ergöHL hak.

Jndessen ging er mik diesen Selbstbeschwichkigungen, die ihm seine Kruke ver-
schassen konnken, sehr sparsam und scheu um, als ob er sürchke, sie könnken
durch Wiederholung sich abnutzen oder ihre Krafk verlieren. Der seuerspeiende
Berg war eine äußerstc Zusluchk, ein wildes und rohes Sakramenk, zu dem er
sich nur in den höchsten Erregungen seines Jnnern verstieg. Rkach jener 2lus-
übung schien er ein paar Tage beruhigk. Aber es dauerke nichk lange. „Gebk
mir zu schassen und zu cssen", rief er, „sonst laufe ich sork." Und diese Drohung
bekräftigte er mik den obszönstcn, unsläkigsten Worken nnd Flüchen, die je aus
menschlichem Munde kamen. Er glaubke cin Anrechk ans Wassentaken zu
haben, und jedcn Abend meldeke er sich bei seinem Unkerossizier oder einem andern
Dorgesehkcn, um bei ihm sein Rechk einzukreiben wie ekwas, das dieser ihm
persönlich schulde. „Wenn der Fähnrich nichk wäre, wäre ich schon längst
sorkgelausen", sagke der Wingulk düster nach solchen Unkerredungen und schauke
in der Richkung nach der Fronk.

Da es dem Wingulk heilig ernst war, wenn er so sprach, und er wahrhask sürch-
kerlich herumstrich, nachdem seine Arbeik, die für ihn nur ein paar Handgrisse
bedeuteke, gekan war, meldeke man die Reden dem Riktmeister. — Es müsse
jeder in diesem Kriege an dem Plah ausharren, an den er hingestellk sei, snchte
ihn dieser zu beschwichtigen; auch an ihn werde die Reihe kommen. — „Fa,
aber er sei noch überhaupt nicht hingestellt", erwiderke der Wingult. Man
habe ihm gesagt, im Kriege würden die äußersten Anstrengungen verlangt:
„Jch kann viel mehr", sagte er gedrückt und stand da wie ein demütiger Riese.
— Ob er denn schießen könne, ob er Lressen könne; ob er überhaupt mit der
Schußwasse ausgebildct sei, fragke der Rittmeister, nach einem Ausweg suchcnd.
Daraus war der Wingulk nichk vorbereitet. Er schoß wohl schlecht und recht,
wie man damals ziemlich sorglos die Leute in die Front brachte, aber er ver-
achtete eigentlich diese Kunst. Schießen konnte jeder, da war kein Reiz für ihn.
„Wenn ich nahe genug bin, brauche ich nicht zu schießen", sagte er schließlich
zögernd.

Zn der Tat wäre er aber doch wohl aus und davon gegangen, wenn der Fähn-
rich Salzach nicht gewesen wäre. Der Wingulk hatke eine zärtliche und ver-
narrte Zuncigung zu ihm gefaßk, weil der Fähnrich, ein blutjunges, leichtglied-
riges Kerlchen, das eigenklich noch auf die Schulbank gehörte und wie ein zartes
Spielzeug herumlief, den Anstrengungen des Fcldlebens nicht gewachsen war.
Das rührke den Wingult. Er konnte ihm so nebenher dicnen; das besriedigke
ihn. Er puHte ihm sein Pserd von oben bis unten und lcgte ihm den bepackten
Satkel aus, was dcr Kleine nie allein zuwege brachte. Feden 2lbend kam er und
sah nach, ob der Fähnrich auch gehörig eingewickelt war. Denn es waren kalte
 
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