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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

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Heft 10 (Juliheft 1927)
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Tribüne
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0288

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yervorragende Buchbiridermeister von vielsach origmaler neuzeitlicher Gestaltungs-
kraft.

Jn Deutschland vereinigt neben dem „Jakob Krause-Bund" der „Bund Meister
der Einbandkunst" alle schöpferischen Kräste der Zeit. 2ln iä Kunstgeiverbeschulen
tvirken Mitglieder des letzteren als Lehrer sür künstlerischen Bucheinband. Er
plant 1927/28 in lo bis 12 Städten eine Wanderausstellung des handiverklich
guten und tvohlseilen Bucheinbandes, roorans wir jetzt schon himveisen möchten.
Manche, selbst berühmte Buchverlage tverden hossentlich diese Anregung benützen,
um ihre einsacheren Berlegerbände ivesentlich zu verbessern.

Dnrch unsere schiveren Bermögensverluste ist die Zahl der deutschen Bücher-
sreunde bedeutend zurückgegangen, auch unser Export ist nur bescheiden. So be-
steht ein krasser Widerspruch ztvischen reichem Angebot und magerer Nachsrage.
Deshalb sollte jeder Bücherfreund nach dem Maß seiner Mittel beitragen, daß
eines der wenigen Handwerke, die sich heute neben der Maschine halten können
und zugleich Kunsthandwerk sind, den begonnenen Ausschwung weiter zn ent-
wickeln vermag. Das ist aber nur möglich, wenn der Sinn für den edlen oder
wenigstens anständigen Einband in weitere Kreise dringt. Die Maschine hat den
ursprünglichen Organismus von Buch und Einband in zwei Hälsten zerrissen.
Sie besorgt das Falzen, Zusammentragen, Hesten und Beschneiden der gedruckten
Bogen, aber auch den Schnitt und die Zusammenstellung, selbst den Schmuck des
Buchdeckels, in dessen Hülle der sertige Buchblock hineingesteckt wird. Anderev-
seits hat dieses Massenprodukt das Bedürfnis, manch handwerkliches Element
zur Verbesserung herüberzunehmen, während die handwerkliche Leistung manches
Unersreuliche von der Maschine übernommen hat, um mit ihr konkurrieren zu
können. So fehlt beiden Leiswngen der ihnen eigene Stil, außer in den Werken
der gnten Handbuchbinder, die die sogenannten Liebhaberbände herstellen; sie müssen
etwas teurer sein als die industriellen Erzeugnisse, sind aber wesentlich haltbarer,
schöner und individueller.

Der gute Einband will und soll in Material, Farbe, Schrift, Schmuck, Ge-
staltung und Austeilung der Deckel und deS RückenS wie im Schnitt den Geist und
die Stimmung des Buches wiedergeben — und auch bei historischem Jnhalt diesen
mit modernen Fvrmen erstreben. Alles Gewicht ist im Smne der Haltbarkeit und
der stilvollen Erscheinung aus das Einbandmaterial zu legen. Schon der einfache
Pappband ist charaktervoller als ein Lederband, der nur aus dünnen, vielsach ge-
spaltenen Schichten besteht und schlecht gesärbt ist. Ein gnter Kaliko (indischer
Kattun) ist wertvoller als der unter allen erdenklichen Namen angepriesene „Buch-
Händler-Kaliko". Sehr haltbar sind heute Halbleinenbände (mit Baumwollzusatz),
die verschiedenen Oberslächencharakter haben und dadurch sür die Berzierung viel-
sach verwendbar werden. EtwaS Feines sind reine Leinenbände, besonders schön
das „Ballon-Leinen", das sich sür schöne Literatur empsiehlt. Je gröber daS Ge-
webe, desto mehr zerreißt es die Schrift und alle Ornamentik. Das eigentliche
Edelmaterial ist das Leder. Es wirkt aber nur stilvoll, wenn es gesund, kräftig
und in seiner natürlichen Struktur wie in haltbarer Färbung verwendet wird.
Das kostbare Pergament spricht allein in genügender Stärke und Reinheit, nicht
aber in der üblichen Dünne, die wie feines Furnier aufliegt.

Wenn jeder gebildete Deutsche sür all das seinen Sinn etwas mehr erschließen
möchte und sür besondere Gelegenheiten sich selbst, seine Freunde nnd Berwandten,
statt mit sogenannten Prachtbänden, mit einem edel gebundenen Bnch oder auch
nur Büchlein beschenken würde, erstünde hieraus viel edle Freude und stille Kultur.
Bücher, die einem besonders ans Herz gewachsen — und wer hätte nicht das eine
oder andere in seinem Schrank, in seiner Besitzersehnsucht —, sollten wir, sollten
die Leser des Kunstwarts nur von erprobten Handbuchbindern in ein würdiges Ge-

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