Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

DOI Heft:
Heft 10 (Juliheft 1927)
DOI Artikel:
Tribüne
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0291

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Sparn'en ist ein Land farbiger Ternperamente nnd greller Farbengebnng. Er steht
allem ein lvenig überlegen gegenüber nnd läßt sich nnr soweit begeistern, als er vor
seinem kritischen Jntellekt rechtsertigen kann; er bringt den kühlen Ton eines DandyS
in die südliche Welt, und deshalb ist das Buch trotz seiner Gediegenheit in künst-
lerischen Dingen dennoch mehr Literatnr als harmonisch geschlossene Dichtnng.

Näher dem Dichterischen stehen die Reisewerke Mansred Schneiders „Wande-
rnngen in Spanien" nnd „Jtalien" (beide bei Walter Hädecke, Stuttgart) durch
die sprachliche Gewalt, mit der er das Landschastsbild gestaltet. Sein Spanienbnch
bringt Geschichtliches nnd Kunstgeschichtliches als sesten Unterbau sür Stimmungen,
die er mit großer Einsühlungskrast meistert. So vermittelt er gleichzeitig Wi'ssen
und Dichtung, schasst auS sich heraus das Bild der Erde neu, bleibt bescheiden im
Hintergrund und läßt den Leser Schritt sür Schritt den Süden sich erobern. Sein
Jtalienbuch kann leichter auS dem Poetischen schöpsen, da es durch wissenschastlichen
Ballast nicht beschwert zu werden brauchte. Hier schwingt seine Sprache noch edler,
bleibt auch in der Begeisterung maßvoll nnd läßt immer den Dichter von Rang er-
kennen. Schneider kennt Gebiete, wohin sich selten ein Reisender verirrt, z. B. die
Zyklopenmauern von Alatri, die Abruzzen und Sardinien.

Spanien scheint in den letzten Jahren ein immer größeres Jnteresse zn erwecken,
denn dorthin verlockte der Reiz des Unbekannten, des Bizarren und Romantischen
mehr als in das ruhigere, klassisch abgetönte Jtalien. Der Delphin-Verlag in
München brachte Benno Elkans hervorragendes Buch „Spanien" herauö, das
sich hauptsächlich mit dem Spukhaften des südlichen Lichtes befaßt. Etwas Pani-
sches, Fassungsloses liegt in diesen Schilderungen, der Atem stockt vor den Schauern
des Lichts, Formen und Farben übersteigern sich, ein Rausch sällt über die Sinne,
deren Betäubung keine Erlösung kennt. Jn der Schilderung eines Stierkampss
ist dem Verfasser eine dichterische Meisterleistung geglückt, deren hestige Bewegung
wie ein Taumel mitreißt. Umsomehr enttäuschen die Federzeichnungen, die zu flach
gesehen sind.

Was alle diese Spanienbücher in Worten malen, bringt das Buch von Alsred
Kuhn: „Das alte Spanien" (Verlag Neufeld L Henius, Berlin) durch schöne
Abbildungen zum AuSdruck. Der Text gliedert das Thema übersichtlich und klar,
zeigt tiese Einsühlung, belehrt und berichtxt in würdevoller Form, die immer in den
Grenzen des Wissenschaftli'chen bleibt. Persönliches Erleben sehlt. Die 267 Ab-
bildungen machen das Buch unentbehrlich für das Verständnis spanischer Kunst und
Landschaft.

Nicht unerwähnt darf endlich bleiben I. Bernharts äußerlich anspruchsloser,
aber gehaltvoller und geistig Liesgehender Beitrag zur Spanien-Literatur: „Spa-
nien" (Kunstwark-Bücherei, Verlag Georg D. W. Callwey, München); wertvoll vor
allem wegen seines Eindringens ,'n das religiöse Leben und die Eigentümlichkeit
historischer Orte wie Toledo und Mondferrat.

Mag auch Spanien durch seine phantastischen Formen stärker sesseln, so ist Jtalien
dem deutschen Herzen näher. Jst ja ein ansehnlicher Teil unserer Kultur von dort
gekommen, während Spanien für die Entwicklung Deutschlandö ohne Belang bli'eb.
Die dem Deutschen eingewurzelte Jtaliensehnsucht zwingt nach wie vor Zahllose in
den Bann dieses Landes, wo sich mehr als einmal das Schicksal Europas entschied.
Rom als das große Erlebnis der Deutschen gewinnt in Franz Kuyperö groß-
angelegtem Werk: „Rom. Zei'ten, Schicksale, Menschen" (Derlag Klinkhardt und
Biermann, Leipzig) einen universalen Ausdruck. Es bietet nichts weniger als eine
lückenlose Zusammenfassung aller künstlerischen und politischen Kräste, die an der
Jdee Rom seit mehr alö zwei Jahrtausenden gearbeitet haben, ist also eine wissen-
schaftli'che Leistung von umfassendster Sachlichkei't, deren Fülle ganz erstaunlich
ist. Trotz seiner wissenschastlichen Einstellung ist das Werk sprachlich sauber und an-

2Z2
 
Annotationen