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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

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Heft 10 (Juliheft 1927)
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Umschau
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sonderö schöne Studien zu diesen und
Zeugnisse aus al! seinen Perioden, die
die Melseitigkeit des Meisters prachtvoll
umreißen. Deiu Katalog hat Max Lie-
bermann ztvei Steindrucke und eine
knrze, klare Dorrede beigegeben, die der
guten Geister sciner Berliner Vorgänger
gedenkt und die jugendlich-schönen Worte
enthält: „Der Kunstler wird als solcher
geboren und man kann nicht mehr von
ihm verlangen als zu werden, der er
ist. Er ist Zeit seines Lebens ein Wer-
dender." Walther Unus

GroßeBerliner undIuryfreie 1927
as Haus der Jahresausstellungen in
Berlin ist ebenso abschreckend häß-
lich wie umsangreich. Seit Jahren tobt
der Kamps um die Sommermonate darin
zwischen den Verbänden und der Jury-
sreien, die sich bislang immer mit den
Herbst- und Winterzeiten begnügen
mußte; so daß ein Besuch bei ihr mit
dem Erwerb eines Schnupfens gleich-
bedeutend war. Das preußische Ministe-
rium hat den gordischen Knoten durch-
hauen, den Raum halbiert und damit
alle Parteien zu drei Vierteln zusrieden-
gestellt. Das ist, mathematisch auöge-
rechnet, vielleicht die beste Lösung. Die
Jurysreie verdankt ihre Entstehung jenen
Zeiten, als ein radikaler Nachwnchs ver-
schiedener Observanz oon den bestehen-
den Jurorengremien dauernd zurück-
gewiesen wurde, übrigens schon ge-
raume Zeit vor dem Krieg. Die als-
dann gesundene Lösung der unbedingten
Zulassung war damals notwendig, wurde
aber auch von manchem anerkannten
Künstler für so richtig gehalten, daß
er sich lieber dieser als jeder andern
Vereim'gung anschloß. Eine selbstver-
ständliche Kritik wurde von der Hänge-
kommission auögeübt, der also gleich-
sam ein großer Teil der srüheren ssju-
rorenarbeit zusiel. Zu sehen aber, und
das war entscheidend, war jedes einge-
sandte Werk. Heut liegt nun die Sache
so, daß viele der Radikalsten sich in-
zwischen zu neuen Derbänden zusam-
mengeschlossen haben, also im jurierten
Kartell ausstellen, so daß sich, kurios
genug, in den Sälen der ordnungs-
mäßig korporierten Künstler fast mehr
Arbeiten der Extremen sinden, als in
denen dcr Juryfreicn. Es ist drum heute
kaum anzunehmen, daß jemand, der über-
haupt etwaS Künftlerisches zu sagen hat,

seine Arbeiten nicht durch die Kommis-
sion seiner Richtung durchbringt, und
die Anhängsel der ewig Hossnungslosen,
der ewigen Dilettanten, die natürlich
einer Jurysreien immer anhängen wer-
öen, erscheinen als sinnlose Belasümg.
Aber das ist nur heute so. Wer weiß,
was der nächste Tag bringt? Der ein-
zige, wirklich Gewähr sür sreie Entsal-
tung bietende Grundsatz bleibt doch der,
aus der großen jährlichen Ausstellung
alles zu zeigen, was sich eben zeigen
will. Es liegt allgemein im Wesen des
Deutschen, Einrichtungen, die nach Frei-
heit schmccken, möglichst zugunsten einer
bequemeren Reglementierung, die dann
Ordnung genannt wird, zu beseitigen.
Hossentlich gelingt es Sandkuhl, seine
Gründung zu stabilisieren; spätere Gene-
rationen werden ihm dankbar sein.

Die Säle rechts und links sehen sich
also diesmal ost zum Derwechseln ähn-
lich. Eigentliche SonderauSstellungen sind
in kleiner Zahl da, Max Liebermann,
Käthe Kollwitz und Otto H. Engel sind
um eine größere Zahl Zeichnungen ge-
beten woröen und Maria Slavona um
Gemälde. Jhr Raum ist der einzige der
ganzen Ausstellung, der einen ruhig-har-
monischen Eindruck Hinterläßt. Welch
cine edle Stille, welch vollendeter Ge-
schmack, welch seinstes Farbenempfinden
ruht über diescn Landschaften, Blumen,
Tieren! Mag sie in Frankreich viel ge-
lernt haben, der Ausdruck ist doch ganz
ihr eigen geworden. Es ist die Auöge-
glichenheit einer Persönlichkeit, die alle
ihre Mittel beherrscht und noch weiß,
daß ein Bild ein so abgeschlossenes Gan-
zes geben muß wie ein Gedicht. Die Zahl
derer, die es ihr nachzutun vermochten,
ist nicht groß. Wundervolle grüne, viel
luftiger gewordene Landschasten bringt
ter Hell; Wildhagen, Sandrock, Hecken-
dors und Hanns Stoll, dieser mit unge-
wöhnlich gut durchgehaltenen Stimmun-
gen im großen Stil, bleiben sicher im
Gedächtnis. Mit einem einzigen Bild,
aber von starkem Ausdruck, ist Georg
Jost vertreten: er schildert, wie die lang-
sam sließende Spree sich durch ihr Ber-
liner Stadtbett wälzt und den trüben
Himmel spiegelt. Solche Schönheiten
werden für die meisten vom Großstadt-
lärm überknattert. Man hat erfreu-
licherweise für die Bildnisse und für
die Stilleben besondere Räume zusam-
menstellen können. Daß das wieder mög-

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