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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 5.1891-1892

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Heft 6 (2. Dezemberheft 1891)
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Aus der Bücherei
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https://doi.org/10.11588/diglit.11726#0095

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jetzt Meggendorfer durch den fcineren Schließinann erfetzt
wird — und außerdem noch manches andere in dem, was
gethan und in dem, was gelassen wird als Beweis dafür, daß
die „Fliegenden" ein vornehmes und ein deutfches
Blatt bleiben wollen. — Die verlagshandlung Braun
Schneider nr München hat auch heuer wieder zwei kleine
Bilderwerke aus der Fundgrube alter und neuer Iahrgänge
ihrer Zeitschrift herausgehoben, woran sie fehr recht gethan.
,,Lustiger Sxort" (M. 2) — ein fröhliches Studir- und
Mokirbuch für und über Turner, Reiter, Angler, Radler,
Bergsteiger u. f. w. — und ,,Fliegender Blätter-
kalender für t892" (M. t)- In letzterem möge man die
Monatsvignetten von Vogel nicht überfehen. Auch von den
,,Münchener Bilderbogen" ist wieder ein neuer Band
(der dreiundvierzigstel), würdig feiner Vorgänger, erfchienen.

c/rr Reich wie die Trnte jeden Iahres war anch die
heurige an Z-ugendbÜcberil. Sxrechen wir von solchen für
größere Rnaben, fo ist es billig, daß wir zunächst eines neuen
Bandes der „Geschichtsbilder" des trefflichen Gott-
holdKlee gedcnken (Gütersloh, Bertelsmann), eines iNanncs,
auf dessen verdienste um unsere Iugendliteratur der „Knnst-
wart" ja wiederholt hingewiesen hat. Bandelt es sich um
Geschenke für größere Mädchen, so wolle man der Frau
Iohanna Spyri nicht vergessen, zu deren zahlreichen
früheren Schriften (sie sind sämtlich bci A. jderthcs in Gotha
erschienen) auch in diesem Iahre neue gekommen sind. Auch
der vornehmen Begabung dieser Schriftstellerin ist hier schon
mehrmals gedacht worden. Im übrigen ist von Büchern „für
die reifere Iugend" nicht viel zu nennen. Lohmeyers
„Deutscher Iugend" sei gedacht, jener bekannten Zeitschrift,
die nicht mehr ist, was sie war, aber doch noch gut und tüchtig,
und die von der Lsamburger „Berlagsanstalt" auch in Bänden
herausgegcben wird (jeder zum jdreise von 7 Mark), ferner
der trefflichen „Iugendblätter zur Unterhaltung und Be-
lehrung", die Auguste kjummel bei Braun u. Schneider all-
jährlich erscheinen läßt (geb. 5,50 Mark) und des„Töchter-
Albums" der Thekla von Gumxert iGlogau, Flemming,
geb. c. 8 N.), die als Schriftstellerin wie als Leiterin von
Sammelwerken nicht minder thätig für die Größe.en sorgt
(wir erinnern an ihren geschickt gewählten „Bücherschatz
für Deutschlands Töchter", von dem wieder ein xaar
neue und gute Bände vorliegen) wie für die „Berzblättchen",
deren „Zeitvertreib" sie so zu gestalten sucht, daß die
geistigen Süßigkeiten auch nahrhaft seien. Frau von Schobcr,
geb. von Gumpert, hat diesmal übrigens auch den ganz
Trwachsencn ein Buch geschrieben, das unter dem Titel
„Anter fünfKönigen und drei Kaisern" inancherlei Interessantes
und noch mehr Liebenswürdiges aus den „unpolitischen Tr-
innerungen einer alten Frau" Zarbietet und es gewiß manchem
Mädchen und mancher jungen Frau erfreulich machen wird,
noch einmal als Leserin zn der zurückzukehren, deren Börer-
kreis sie sonst entwachfen sein mögen. Ts liegt noch ein
Buch von Thekla von Gumpert vor, dessen Titel genng sagt:
,,Das Reformationsjahr". Fanny Stöckert, die Verfasserin
einer Novelle für junge Mädchen ,,j)rinz efsin Beate"
zeigt sich als tüchtige Nacheifererin der Frau von Schober. Auch
Tlise Mauls „Beatrice Morrice und andcrc Trzählungen
für die reifere Iugend", Tlementine kfelms ,,Auf Irr-
wegen und andere Trzählungen für junge Mädchen", sowie
N. v. Reichenbachs ,,D er w a i st el) erz cn" dürften empfehlend
genannt werden. Trschienen sind die letztgenannten Bücher
mit Ausnahme von ,,Auf Irrwegen", das bei Krabbe in
Stuttgart verlegt ist, bei Flemming in Glogau. Flemmings
Berlag hat auch sür die Knabcn ausgiebig gesorgt. Bei
jdajekens von Ioh. Gehrts illustrirtem ,,Ge heimnis dos
Aaraiben" oder der afrikanischen Sklavengeschichte von E.
von Wasmer ,,Über den Sternen" wird es mancher
jungen Seele warm werden im Südwinde der Romantik;
manches junge lf'erz wird höher schlagen, wenn es ,,Unter
schwarz-weiß-roter Flagge" ,,ernste und heitere Ge-
schichten aus dem Lebcn deutscher Seeleute" hört und nach-
empfindend miterlebt, indem es das von Albert Richter gut
künstlerisch illustrirte Buch von I. G. G. Kern liest, oder
gar, von Gustav Göcker geleitet, ,,t«70 und t87(, zwei
Iahre deutschen lseldentums" nacherleben darf; manchem
anderen wird es ausgehen, daß auch beim Fabrikleben etwas
,,!)öheres" Hausen kann, wenn er Dorns Erzählnng liest
,,Der Lei nwandvogel und sein Sohn", und manchem
kleinern werden bei den „Rleinen Lrzählungen" von Martin
Tlaudius, zu denen Venus so hübsche Bilder „gemalt" hat,

die Backen sich röten. Von Märchenbüchern haben wir dies°
mal nurl). Falks „Zauberkreise", Märchen für die reifere
Ingend, zu erwähnen, die (nach Stichproben zu nrteilen) be-
sonders germanische Märchenstosfe gnt bearbeitet zeigen. Wir
erlauben uns noch, unsere Leser wegen der Auswahl von
pasfendem gerade auch aus dem Flemmingschen Iugend-
bücher-Nerlag an frühere 2lufzählungen zn erinnern.

Trwähnen ivir nun einigc Sachen, die den Tharaktcr
von „älZilderbücbern" für die Iugend tragen. Den über-
gang zu ihnen bezeichnet „Für die fröhliche Iugend",
die „Gabe eines heitern Kinderfreundes", als welcher sich
hier ein Mann bezeichnet, den sich die meisten als dürren
sRdanten vorstellen mögen, Daniel Sanders. Tr ist dies-
mal dem Bereich der Lerika entflohen, um dcn kleinen Leuten
in hübschen versen luftige und lehreiche, aber nicht schul-
ineistcrliche Geschichten zn crzählen. Bans Looschein hat dazu
gute Zlquarellen gemalt (teilweise sogar fehr gute) und die
Verlagsbuchhandlung von Lüftenöder in Berlin hat diefe
Aquarellen ganz vortrefflich vervielfältigen lassen. Tie hat
überhaupt das Ganze so prächtig ausgeftattet, daß es einem
beinahe als zuviel des Luxus erscheint für ein doch für Kinder
bestimmtes Buch. Aus dem trefflichen Verlage von T. T.
wiskott in Breslau liegen zwei neue und sehr gute Bilder-
bücher für Kinder vor: „Die Welt vom Fenster ans"
mit Text von Trojan und Bildern von Kleinmichel, und
„Line Tierfchnle" in Bildern von Fedor Flinzer und
Versen, die fo hübsch sind, daß man auch ohne Namens-
nennung bald wüßte: sie sind von Blüthgen. Kein deutscher
Ieichner weiß die Tiere so lustig auf dem jdapier leben zn
lassen, wie Flinzer, davon redet natürlich auch dieses Bilde'r-
buch. Aber es erinnert uns auch wieder an einen noch immer
nicht befriedigten Wunsch: wir möchten endlich einmal von
Flinzer Ieichnungen sehen, darin er den lhumor der Tiere
als den lqumor der Tiere schildert, wir meinen: nicht den
Menschenscherz, der durch die Vermummung von Tieren in
menschliche Aleider und Sitnationen zu Stande koinmt, sondern
den lsumor, den die Tiere, so wie sie sind und wie sie's
treiben in ihrem Lebenskreise, von einem liebevollen Beobachter
belächeln lasfen. Ein Werk zu geben, das für diesen so-
zusagen realistischen Tierhumor, für dieses „Natnrschöne"
mehr 2kugen und lferzen erschlösse, es wäre eine künstlerische
That. Einige Blätter auch des neuerschienenen zweiten lseftes
von Flinzers „Skizzenbuch" bewcisen nebcn vielen frühcren
seiner Ieichnungen, daß gerade er diese That wohl ausführcn
könnte. löunde unter sich, Katzen unter sich, 6und und Üatzen,
ksunde, Katzen und Menschen — tausende echt humoristischer
Beziehungenunterlihnen ergeben eine der Kunst noch ungeöffnete
welt. Lin „lustiges Blderbuch" „Guak Gnak!" (Derlag
von Braun u. Schneider), zu dem Ljerbert den Text ge-
schrieben, Brombcrger die bnntcn Bilder gemacht hat, läßt
die Fröfche auch in Röcken und lföschen allerlei Menfchliches
treiben. In Kinderbüchern muß es ja auch so fein. Der
Sinn für wahren lsumor (der mit dem Witz so wenig zu
thun hat), erwacht ja überhaupt erst spät, wenn er überhaupt
erwacht. Das Üinö kennt ihn nie Die verhältnismäßig
wenigen „Großen" aber, die er mit seiner Gunst begnadel,
sehen das Nenschliche im Tier, das sie ersrent, ouch. ohne
Kostümirung.

Gedenken wir an dieser Stelle noch des geistreichen und
lustigen Iules verne, von dessen „Seltsamen Reisen" lseim.
S. Meidingers Verlag in Berlin illustrirte deutsche Aus-
gaben veranstalten will. Vorlänsig liegt der „Täsar Lascabel"
vor, eine der besten nnter den uiiterhaltenden Schristen Dernes,
mit 85 Zeichnungen von Roux.

^ „Der Lcbncllseber." Der durch feine Augenblicks-
ansnahmen berühmte Lissaer jdhotograph Mttomar An-
schütz hat einen höchst lehrreichen nnd unterhaltenden Appa-
rat, den sogenannten „Schnellseher", in den lhandel gebracht,
der sich als eine außerordentlich vorgeschrittene lVeiterbildung
des bekannten „Lebensrades" darstellt. Zehn Reihen mit
Lichtdrucken nach Momentphotographien gehören dazu. Die
Bilder, zu schnell anseinaiidersolgend, als daß sie einzeln
perzipirt werden könnten, vereinigen sich und bieten nun bis
in die kleinsten Einzelheiten das durchaus naturgetreue Bild
bewegter Körxer. Bei dem lansenden Pserde z. B. bewegen
sich nicht nur die Beine, es wiegt sich auch der Reiter im
Sattel, die Mähne slattert nnd der Schweis wedelt, Lichter
spielen über den Muskeln des Körpers, der Sand stäubt
unter den chusen. Iede Bewegung wird mit einer Schärse
charakterisirt, daß z. B. die Unterschiede in der Gangart der



— ss —
 
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