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Das Lonnenrad von Langenthal.
Vvn Pfarrverweser 'Laher - Heppenheim.
Wenn schon uns Angehörigen einec übernüchternen Zeit ein
Suchen nach Symbolen anhaftet, nach 2lusdrucksforinen dessen,
das da werden will, und nach Gestaltung ringt, aber noch formlos
in uns lebt, so müssen wir in die Drunnenstube der Wesensart
unseres Dolkes hinabsteigen, d. h. wic müssen die Grundfesten der
Dolksssels ersassen wollen. Nur dann werden wir den 2lbweg
vermeiden, überall zu konstcuieren, wir werden Dauerndes schaffen.
Diese Dolksseele lebt aber nirgends unverfälschter als in den
alten Sitten und Bräuchen, weil dort die Wesensart unseres
Dolkes schlummert, aus sich 'selber geworden und nicht zurecht
gemacht. Darum zehren die Alten von ihnen, an ihnen hangen
aber auch die Iungen überall doct, wo sie sich auf ihre Eigenart
besinnen und nicht blasiert geworden sind.
Iedes Volk braucht ja Shmbole, auch das unsrige. Eins der
ältesten und tiefsten, das nicht plötzlich in einem Stück fertig
da war, sondern geworden ist aus dec Volksseele, das sich aber
erhalten hat bis in unsere Sage, ist das Langenthaler Sonnenrad,
„Fasemtrad" (Fastnachtsrad) genannt, weil es alljährlich am Fast-
nachtdienstag gewälzt wird.
Wir wollen zunächst die erforderlichen Dorarbeiten kennen
lernen und das Wad vor unserem geistigen 2luge entstehen sehen.
Diese Vorarbeiten sind sehr umfangreich und sallen der munteren
Iugend zu. Kaum sind die Weihnachts- und Neujahrsfreuden
vorllber, so zieht die Schuljugend von Haus zu Haus und „bettelt"
Stroh sürs „Fasemtrad". Mit grohem Geschrei, besonders bei
sich scheinbar widerspenstig zeigenden Bauern, wird Vündel um
Mindsl („Buschel") zusammengetragen. Dabei kommt es zu aller-
hand gespähigen Zwischenfällen, wo ein etwas humorvoll Ver-
anlagter einen Stein, einen alten Vesen, Eimer odec dergl. in
die „Buschel" eingepackt hat, die mit der Kennermiene dec Vuben
untersucht wird. Jn einer Scheune wird das gesammelte Stroh
dann „getrippelt"; dabei hüpfen die Buben auf dem ausgebreiteten
Stroh herum, damit die Halme „weich" werden und besser bren-
nsn. Ein Vauer muh ein altes Wagenrad und ein anderer eine
Das Lonnenrad von Langenthal.
Vvn Pfarrverweser 'Laher - Heppenheim.
Wenn schon uns Angehörigen einec übernüchternen Zeit ein
Suchen nach Symbolen anhaftet, nach 2lusdrucksforinen dessen,
das da werden will, und nach Gestaltung ringt, aber noch formlos
in uns lebt, so müssen wir in die Drunnenstube der Wesensart
unseres Dolkes hinabsteigen, d. h. wic müssen die Grundfesten der
Dolksssels ersassen wollen. Nur dann werden wir den 2lbweg
vermeiden, überall zu konstcuieren, wir werden Dauerndes schaffen.
Diese Dolksseele lebt aber nirgends unverfälschter als in den
alten Sitten und Bräuchen, weil dort die Wesensart unseres
Dolkes schlummert, aus sich 'selber geworden und nicht zurecht
gemacht. Darum zehren die Alten von ihnen, an ihnen hangen
aber auch die Iungen überall doct, wo sie sich auf ihre Eigenart
besinnen und nicht blasiert geworden sind.
Iedes Volk braucht ja Shmbole, auch das unsrige. Eins der
ältesten und tiefsten, das nicht plötzlich in einem Stück fertig
da war, sondern geworden ist aus dec Volksseele, das sich aber
erhalten hat bis in unsere Sage, ist das Langenthaler Sonnenrad,
„Fasemtrad" (Fastnachtsrad) genannt, weil es alljährlich am Fast-
nachtdienstag gewälzt wird.
Wir wollen zunächst die erforderlichen Dorarbeiten kennen
lernen und das Wad vor unserem geistigen 2luge entstehen sehen.
Diese Vorarbeiten sind sehr umfangreich und sallen der munteren
Iugend zu. Kaum sind die Weihnachts- und Neujahrsfreuden
vorllber, so zieht die Schuljugend von Haus zu Haus und „bettelt"
Stroh sürs „Fasemtrad". Mit grohem Geschrei, besonders bei
sich scheinbar widerspenstig zeigenden Bauern, wird Vündel um
Mindsl („Buschel") zusammengetragen. Dabei kommt es zu aller-
hand gespähigen Zwischenfällen, wo ein etwas humorvoll Ver-
anlagter einen Stein, einen alten Vesen, Eimer odec dergl. in
die „Buschel" eingepackt hat, die mit der Kennermiene dec Vuben
untersucht wird. Jn einer Scheune wird das gesammelte Stroh
dann „getrippelt"; dabei hüpfen die Buben auf dem ausgebreiteten
Stroh herum, damit die Halme „weich" werden und besser bren-
nsn. Ein Vauer muh ein altes Wagenrad und ein anderer eine