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DER ISLAM

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Die Bildnerei bleibt rein dekorativ. Das von Koranauslegern
erlassene Verbot, Gott bildlich darzustellen, verbietet von vorn-
lerein jede monumentale Plastik. Die vorwiegende Verwendung von Teppichen
zur Raumabteilung veranlaßt die Nachahmung ihrer Flächenmuster in allen
anderen Stoffen. Und da zuerst die Araber die Führerrolle im Islam über-
nahmen, ist es kein Zufall, daß jene hauptsächlich geometrische, durch
Pflanzenmotive belebte Flächenmusterung nach ihnen Arabeske heißt. Die
bevorzugte Schnißerei in vergoldetem Holz, die leicht und flüchtig hergestellte
Stuckarbeit begünstigt diesen Flächenstil, der in Persien seit der Zeit der
Sassaniden (3. bis 6. Jahrhundert u. Z.) durch die hochstehende Weberei,
durch die Vorliebe für feine Miniaturen und durch den reichen, teppichartigen
Reliefschmuck der Bauten unter persischer Herrschaft auch in Syrien vorge-
bildet war (Baureste von M’schatta, jeßt in Berlin, Kaiser-Friedrich-Museum).
Ähnlich in Indien, durch dessen phantastische Überladung mit malerischer
Flächenverzierung in Steinbildnerei.
Die Malerei unter mohammedanischer Herrschaft namentlich in
Miniaturen erreicht deshalb in Persien die höchste Blüte. Während
die Pflanzen in ihrer, durch die dekorative Verwendung festgelegten erstarrten
Stilisierung verharren und zu einer Art Kalligraphie werden, dringen umgekehrt
die schwungvollen Schriftzeichen als Koransprüche in das Ornament ein und
veredeln die Buchmalerei. Wo die Schiiten herrschten wie in Persien, die
das Verbot menschlicher Darstellung nicht anerkannten, oder wo die Berührung
mit Andersgläubigen eine stärkere war, so in Spanien, wird auch die Bildnis-
kunst geübt, besonders aber die Bewegung der Tiere in Jagdbildern gut be-
obachtet. Doch überwiegt das beziehungslose Ziermuster. Auch in der Farben-
gebung, die einen teppichartigen harmonischen Zusammenklang erstrebt, nicht
auf malerische Gegensäße, auf Licht und Schatten berechnete oder inhaltlich
bedeutsame Wirkung.
Auch in den kunstgewerblichen Techniken, worin die
Sarazenen Siziliens im 12. Jahrhundert und die Mauren
Spaniens so großen Ruhm erlangten, daß sie selbst für die christlichen Kirchen
und Fürsten Aufträge erhielten, überwiegt der textile Charakter der islamitischen
Kunstformen. Der Krönungsmantel der deutschen Kaiser ist sarazenische
Seidenweberei aus Palermo (1133 Wien, Kaiserl. Schaßkammer); die
Moscheelampen sind aus bemaltem Glas mit eingebrannten Farben (Kaiserl.
Königl. Hofmuseum und St. Stephan in Wien); die persischen und maurischen
Fliesen (Azulejos), mit denen die Wände in teppichartiger Zusammenseßung
verkleidet wurden, sind in prächtigem Farbenglanz erstrahlende glasierte Ton-
platten, von denen die Italiener später die Majolika lernten; in Toledo werden
berühmte Klingen erzeugt, Gold und Silber in Eisen angelegt (Tauschie-
rung); in Cordova wird besonders die kunstvolle Lederarbeit gepflegt für Ta-
peten, Koffer u. dergl. m. (Corduanleder und die französische Bezeichnung
cordonnier für Schuhmacher leitet daher seinen Namen). In China, wo ein Vetter
Mohammeds im 7. Jahrhundert sein Grab fand, gilt das Einschmelzen von
Farben auf Metall (Zellenschmelz) als arabische Kunst. Auch das schöne
Blau, mit dem die Chinesen nach persischem Vorgang seit dem 16. Jahrhundert
ihre Kunsttöpferei bereicherten, gilt ihnen als mohammedanische Einführung.


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