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ÄLTESTE ZEIT

der Kunstbetätigung waren einerseits das Schutz-
bedürfnis gegen die Witterung und anderseits das
Schmuckbedürfnis des Menschen.
FLECHTEN UND WEBEN war schon den Menschen der Steinzeit ge-
läufig. Neben den Tierfellen dienten gewebte Leinwand zur Bekleidung und
geflochtene Baststreifen zu Matten als Bodenbelag und Raumabschluß. Zu-
gleich aber auch zur Herstellung von Trinkgefäßen. Zurückgebliebene Völker
lehren den Entwicklungsgang: die Gefäße der Feuerländer bestehen noch
heute aus Flechtwerk, den Übergang zur Tonarbeit zeigt die Töpferei der
Kaffern, deren aus Tonwulsten zusammengeseßte Gefäße Bastschnüren gleichen,
so daß sie wie geflochten aussehen.
TÖPFEREI. Vertiefungen, mit dem Fingernagel in den weichen Ton gerißt,
als erste Verzierung tönerner Gefäße, ahmen zuerst noch lange die geo-
metrischen Linien des Flechtwerks nach. Denn ehe zu ihrer Formung die Dreh-
scheibe erfunden war, mußte dem Tonkörper durch Flechtwerk Form und
Halt gegeben werden, damit er im Feuer nicht zusammenschrumpfe. Das
Feuer aber verkohlte zugleich die geflochtenen Baststreifen und hinterließ
deren Furchen im Ton. Die spätere Zeit hat diese Geflechtmusterung auf
Ton in Relief (Zypern) und Malerei (noch heute in Bosnien) nachgeahmt.
KÖRPERSCHMUCK. Die Aneinanderreihung von farbigen Steinchen, Muscheln,
Federn, mit denen der Hals oder das Haupt sich schmückte, führte das Reihen-
motiv gleichartiger Formen später auch in die Baukunst ein.
BAUTEN. Dem heimatlosen Nomaden, dessen wechselnde Wohnstätte von
der Ergiebigkeit der Weide abhing, diente nur ein bewegliches Zelt als
Wohnung. Erst die Scheu vor übermenschlichem Walten und irdischem Tode
leitet zu festeren Bauten. Die innere Erhebung des Menschen zu seiner Gott-
heit treibt ihn über die Niederungen des Alltags hinaus auf eine äußere Er-
hebung; der natürliche oder künstlich aufgeschichtete Hügel wird zur Andachts-
stätte, bei den Ägyptern und Hebräern, den germanischen Heiden; bei den
Slawen noch heute. Auch das Grab wächst zum Hügel, zunächst als natür-
licher Erdaufwurf über dem ausgestreckt wie in einen Schacht gebetteten
Leichnam. Versammlungsstätten zu gemeinsamem Opfer werden durch unbe-
hauene Riesensteine bezeichnet, einzeln oder in Reihen aufgerichtet (Menhir,
Bautasteine), tor- oder tischartig aus zwei aufrechten und einem wagerechten
Stein (Dolmen), kreisförmig aufgestellt (Cromlech).
BILDNEREI. Aus gewebten, gerißten, gemalten Gestalten ringt sich langsam
der Wunsch nach vollrunden Figuren los. Wie im Flachbild gerät aber auch
in der eigentlichen Plastik Pflanze und Tier lange Zeit besser als der Mensch.
Auch als es endlich gelingt, Tier und Mensch durch ihre Hauptmerkmale all-
gemein verständlich darzustellen, ist das Götterbild (Idol) noch ohne künst-
lerische Gestaltung. Das Höchste, für das es kein Vorbild in der Natur gibt,
ist das Schwerste; es wird bildlos verehrt im Walten der Elemente, nimmt
nach und nach von den Tieren Kennzeichen ihrer auffälligsten Eigenschaften
zum Sinnbild göttlicher Allmacht, erlangt aber künstlerische Vollendung erst
durch Verleihung menschlischer Formen; erst als einzelne Menschen als Be-
herrscher vieler anderer die ganze irdische und himmlische Gewalt an sich
gerissen und sich selbst in den Rang von Gottheiten erhoben haben, wagt
der Bildner dem Überirdischen irdische Form zu verleihen. Damit wird aus
der Naturform das Ideal. Je nachdem bald das eine, bald das andere über-

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