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(17. bis 18. Jahrhundert)

Weit vielgestaltiger als je ein früherer Stil ist die Barockkunst, die von
den italienischen Baumeistern Bernini und Borromini zum Siege geführt wird.
Sie erstrebt kraftvolle Bewegung statt verhaltener Ruhe, prunkvolle Größe,
starke Schattenwirkung, eine Erweiterung des künstlerischen Stoffgebietes in
räumlicher und geistiger Hinsicht. Ihre Anfänge reichen bis in die Blüte der
Hochrenaissance zurück. Schon Raffael hatte in den Entwürfen für die
Apostelteppiche Säulen gewagt, die nicht mehr geradlinig waren, sondern
schraubenförmig gewunden sind; Michelangelo war als Bildhauer wie als
Maler über die strenge Linienführung der klassischen Kunst hinausgegangen
und hatte an die Stelle der farbigen Plastik, die im Altertum, in der Gotik,
in der Frührenaissance bevorzugt worden war, die starken Gegensähe von
Licht und Schatten gesetjt. Die monumentale Ruhe des Marmors wird durch
das lebhafte Muskelspiel, durch musikalische Schwingungen der ganzen, fast
schwebenden Gestalten verscheucht; es ist die Zeit, in der die Musik sich zur
selbständigen Kunstart emporarbeitet, ja in der Oper alle Schwesterkünste zu
ihren Diensten zwingt. Wie die Plastik liebt auch die Baukunst der Barocke
nicht mehr die gerade Linie: der geistige Schwung, die seelische Erregung
der Gegenreformation findet in den geschwungenen Linien der Gesimse, Ge-
bälke, ja der ganzen Fassaden ihr Spiegelbild. Die Malerei, die beweglichste
von allen, gibt dem visionären Zuge, dem frommen Schauder vor dem Grauen-
haften, dem todbereiten Ernst, der übersinnlichen Glaubenstreue des Inquisi-
tionszeitalters in feuriger Farbe, in Lichtwundern, in tiefgetönter Schwermut
den verständlichsten Ausdruck. Aber auch dieser Gesamtcharakter findet in
den einzelnen Ländern je nach Volksart und künstlerischer Persönlichkeit ver-
schiedene Auslegung.
BAUKUNST. Die beiden Altersgenossen, der Neapolitaner Lo-
renzo Bernini (1599—1680) und der vom Luganer See kom¬
mende Francesco Borromini (1599—1667) treffen sich in Rom. Beide

ITALIEN

95. Peterskirche in Rom; die Kuppel von Michelangelo, die vorgestellte Fassade
von Maderna, die beiderseitigen Säulenhallen von Bernini. Nach einer Photographie
□ von Brüder Alinari in Rom. Q
 
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