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126

DIE WEGE DER KUNST


DIE MALEREI,
im 16. Jahrhundert
durch Holbein, im 17. Jahrhundert
durch van Dyck vertreten, gewinnt
erst im 18. Jahrhundert in Eng-
land bodenständige Kraft. Aber
auf dem Umweg über moralisie-
rend tendenziöse Absichten, die
in William Hogarth (1697 bis
1764) ihren Vertreter finden.
Widerspruchsvoll zergliedert er
als Theoretiker in einem Buch
die Analyse der Schönheit, die er
als Maler verneint. Seine Zyklen
voll grausamster Anklagen sind
literarische Satiren wie der Gul-
liver seines Zeitgenossen Swift,
aber sie haben doch einen auch
malerisch schäfjenswerten Grund-
zug: die Ehrlichkeit, die aller
Nachahmung bare Beobachtung.
Josuah Reynolds(1723—1792),

ENGLAND

der große Begründer der eng-
lischen Bildnismalerei, beugt sich

124. Reynolds: Weibliches Bildnis.
Nach einer Photographie der Photograph. Gesellschaft in Berlin.
in Italien vor dem hohen Stil, bezwingt sich, Raffael zu bewundern, und lehrt
als Schöpfer und Direktor der 1768 begründeten Londoner Kunstakademie
seinen Schülern strenge Zucht. Aber er ist als geistvoller Porträtist durch vierzig

Jahre der Mittelpunkt der englischen
Gesellschaft, für die er im Jahre 1755
allein 120, 1757 gar 184 Bilder malt.
Im Wettkampf mit ihm strebt Thomas
Gainsborough(1727— 1788), den keine
Schule, keine italienische Reise beirrte,
nach urwüchsigerer Beobachtung. Wäh-
rend Reynolds die Persönlichkeit des
Modells zu erfassen strebt, sieht Gains-
borough nur den Farbenreiz vor sich
und weiß ihn durch poetischen Land-
schaftshintergrund zu heben. Beide sind
als Schilderer des Kindes unübertreff-
lich. Darin liegt etwas Neues. Hatte es
Darstellungen solcher Art auch schon seit
dem Altertum gegeben, so waren es
doch immer kleine Männer und Frauen
ohne Kindlichkeit gewesen, im Mittel-
alter noch durch die Unkenntnis des
Körperbaues mißraten, was an dem
nackten Jesusknaben besonders bemerk-
bar wird. Selbst die Kindergestalten des
Velazquez und van Dyck geben uns
mehr durch ihren Farbenreiz, als durch

125. Gainsborough: Der blaue Knabe. Nach
einer Photographie der Photograph. Gesellschaft, Berlin.
 
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