3. Das siedlungs- und montangeschichtliche Umfeld
Nach heutigem Forschungsstand setzte eine dau-
erhafte Besiedlung des Oberharzes erst im hohen
Mittelalter ein, wobei ein ursächlicher Zusam-
menhang zwischen Montan- und Siedlungstätig-
keit besteht - die klimatischen Vorraussetzungen
und die Böden diese Gebietes sind für eine agra-
rische Nutzung eher ungeeignet (vgl. Nowothnig
1963). Aber auch in älteren Zeiten war der Ober-
harz kein von Menschen gemiedener Raum, wie
es lange Zeit von der Forschung angenommen
wurde. Die frühesten Hinweise auf die Anwesen-
heit des Menschen im Vorland des Oberharzes
stammen aus dem späten Mittelpaläolithikum.
Seit dem Mesolithikum ist auch die Begehung des
Oberharzes durch vereinzelte Funde nachgewie-
sen (Böhme 1978a. Grunwald 2000,55-59. Klap-
pauf 1999). Jagd und Sammeltätigkeit dürften die
primären Gründe für das Vordringen ins Gebirge
dargestellt haben. Für das Neolithikum steigt die
Zahl der Fundstellen im Oberharz leicht an. Grä-
ber oder Wohnplätze, die zu dieser Zeit im Harz-
vorland einsetzen, fehlen hier jedoch.
Auch wenn schon im Neolithikum eine Material-
gewinnung für Steingeräte im Oberharz anzuneh-
men ist, größere Bedeutung haben die Rohstoffe
des Harzes erst in den Metallzeiten erlangt. Wäh-
rend zunächst jedoch, seit dem Übergang von der
Jungsteinzeit zur Bronzezeit, ein deutlicher Rück-
gang des Fundaufkommens für den Oberharz und
sein Umland zu konstatieren ist, nimmt es vom
Ende der Bronzezeit bis in die vorrömische Eisen-
zeit wieder zu (Grunwald 2000,59; 60). Ein durch
eine Radiokarbondatierung in die Zeit kurz vor
oderum 1000 v. Chr. datierter Kupferschmelzplatz
bei Bad Harzburg stellt bisher zwar noch einen
singulären Befund dar, naturwissenschaftliche
Untersuchungen weisen jedoch in zunehmendem
Maß auf eine Metallgewinnung aus Harzer Erzen
am Ende der Bronzezeit (Brockner 1992. Mat-
schullat et al. 1997. Niehoff, Matschullat,
Pörtge 1992). Hervorzuheben sind archäometri-
sche Analysen an Beigaben aus drei Grabhügeln
bei Müllingen, Ldkr. Hannover (Brockner et al.
1999). Die ermittelten Blei-Isotopenverhältnisse
lassen eine Nutzung von Rammeisbergerzen und
Oberharzer Gangerzen zur Buntmetallgewinnung
schon zu Beginn des ersten Jahrtausends vor
Christus möglich erscheinen. In Zusammenhang
mit dem Erzreichtum des Harzes sind auch meh-
rere dem Oberharz vorgelagerte Befestigungen der
(späten Bronzezeit/)vorrömischen Eisenzeit zu
sehen (Grunwald 2000, 60; 61. Heine 1999.
Schlüter 1987). Von besonderer Bedeutung ist die
Pipinsburg bei Osterode, die offenbar vom 6. bis
zum 2. Jahrhundert v. Chr. das wirtschaftliche und
politische Zentrum des westlichen Harzvorlandes
gebildet hat. Das reiche archäologische Fundma-
terial lässt weiträumige Kontakte erkennen und
bietet verschiedene Hinweise auf „das Bestehen
eines ortsansässigen metallverarbeitenden Hand-
werks“ (G. Wegner - nach Grunwald 2000, 61).
Im Vorfeld der unweit des bedeutenden Eisen-
erzvorkommens am Iberg bei Bad Grund gelege-
nen Befestigung konnten von E. Anding außer-
dem Schmelzöfen beobachtet werden (Mitteilung
L. Klappauf, 2002).
Durch die Funde aus dem ebenfalls im Landkreis
Osterode am Harzrand gelegenen Düna ist Eisen-
gewinnung aus Iberger Erz seit dem 1. Jahrhun-
dert vor Christus sicher nachgewiesen (Both
1996. Brockner 1992b. Grunwald 2000, 61-63.
Heimbruch 1990. Klappauf 1989; 1991. Klappauf,
Linke 1990. Koerfer 1990). Die archäologischen
Untersuchungen dieser von der ausgehenden vor-
römischen Eisenzeit bis in das Spätmittelalter offen-
bar kontinuierlich bewohnten Siedlung, in der
Eisen, Kupfer, Blei und Silber in größeren Mengen
produziert und zum Teil auch verarbeitet wurden,
stellen einen Meilenstein in der Montanforschung
des Harzes dar. Auch siedlungsgeschichtlich sind
sie von großer Bedeutung, da für die Zeit um
Christi Geburt und die nachfolgenden Jahrhun-
derte nur wenige weitere Siedlungsbelege aus dem
Umland des Oberharzes bekannt sind. Spätestens
seit dem 3. Jahrhundert wurden in Düna Blei und Sil-
ber aus Oberharzer Gangerzen gewonnen. Wenig
später ist auch Kupfererzeugung aus Rammelsber-
ger Erz nachgewiesen. Insbesondere die Verhüt-
tung von am nördlichen Harzrand abgebautem
Rammeisbergerz ist erstaunlich und deutet auf ein
komplexes Wirtschaftssystem. Römische Einflüs-
se im weitesten Sinne dürften in dieser Zeit auch
auf technologischem Gebiet eine nicht zu unter-
schätzende Rolle gespielt haben (vgl. Klappauf
2000c, 153).
Aus dem 5./6. bis 7. Jahrhundert sind im Umland
des Oberharzes neben Düna, wo jedoch eindeutig
der Völkerwanderungszeit zuzuordnende Kera-
mik selten ist, nur wenige Fundstellen bekannt; im
Gebirge selbst kann lediglich auf einen noch
unpublizierten Schmelzplatz hingewiesen werden
19
Nach heutigem Forschungsstand setzte eine dau-
erhafte Besiedlung des Oberharzes erst im hohen
Mittelalter ein, wobei ein ursächlicher Zusam-
menhang zwischen Montan- und Siedlungstätig-
keit besteht - die klimatischen Vorraussetzungen
und die Böden diese Gebietes sind für eine agra-
rische Nutzung eher ungeeignet (vgl. Nowothnig
1963). Aber auch in älteren Zeiten war der Ober-
harz kein von Menschen gemiedener Raum, wie
es lange Zeit von der Forschung angenommen
wurde. Die frühesten Hinweise auf die Anwesen-
heit des Menschen im Vorland des Oberharzes
stammen aus dem späten Mittelpaläolithikum.
Seit dem Mesolithikum ist auch die Begehung des
Oberharzes durch vereinzelte Funde nachgewie-
sen (Böhme 1978a. Grunwald 2000,55-59. Klap-
pauf 1999). Jagd und Sammeltätigkeit dürften die
primären Gründe für das Vordringen ins Gebirge
dargestellt haben. Für das Neolithikum steigt die
Zahl der Fundstellen im Oberharz leicht an. Grä-
ber oder Wohnplätze, die zu dieser Zeit im Harz-
vorland einsetzen, fehlen hier jedoch.
Auch wenn schon im Neolithikum eine Material-
gewinnung für Steingeräte im Oberharz anzuneh-
men ist, größere Bedeutung haben die Rohstoffe
des Harzes erst in den Metallzeiten erlangt. Wäh-
rend zunächst jedoch, seit dem Übergang von der
Jungsteinzeit zur Bronzezeit, ein deutlicher Rück-
gang des Fundaufkommens für den Oberharz und
sein Umland zu konstatieren ist, nimmt es vom
Ende der Bronzezeit bis in die vorrömische Eisen-
zeit wieder zu (Grunwald 2000,59; 60). Ein durch
eine Radiokarbondatierung in die Zeit kurz vor
oderum 1000 v. Chr. datierter Kupferschmelzplatz
bei Bad Harzburg stellt bisher zwar noch einen
singulären Befund dar, naturwissenschaftliche
Untersuchungen weisen jedoch in zunehmendem
Maß auf eine Metallgewinnung aus Harzer Erzen
am Ende der Bronzezeit (Brockner 1992. Mat-
schullat et al. 1997. Niehoff, Matschullat,
Pörtge 1992). Hervorzuheben sind archäometri-
sche Analysen an Beigaben aus drei Grabhügeln
bei Müllingen, Ldkr. Hannover (Brockner et al.
1999). Die ermittelten Blei-Isotopenverhältnisse
lassen eine Nutzung von Rammeisbergerzen und
Oberharzer Gangerzen zur Buntmetallgewinnung
schon zu Beginn des ersten Jahrtausends vor
Christus möglich erscheinen. In Zusammenhang
mit dem Erzreichtum des Harzes sind auch meh-
rere dem Oberharz vorgelagerte Befestigungen der
(späten Bronzezeit/)vorrömischen Eisenzeit zu
sehen (Grunwald 2000, 60; 61. Heine 1999.
Schlüter 1987). Von besonderer Bedeutung ist die
Pipinsburg bei Osterode, die offenbar vom 6. bis
zum 2. Jahrhundert v. Chr. das wirtschaftliche und
politische Zentrum des westlichen Harzvorlandes
gebildet hat. Das reiche archäologische Fundma-
terial lässt weiträumige Kontakte erkennen und
bietet verschiedene Hinweise auf „das Bestehen
eines ortsansässigen metallverarbeitenden Hand-
werks“ (G. Wegner - nach Grunwald 2000, 61).
Im Vorfeld der unweit des bedeutenden Eisen-
erzvorkommens am Iberg bei Bad Grund gelege-
nen Befestigung konnten von E. Anding außer-
dem Schmelzöfen beobachtet werden (Mitteilung
L. Klappauf, 2002).
Durch die Funde aus dem ebenfalls im Landkreis
Osterode am Harzrand gelegenen Düna ist Eisen-
gewinnung aus Iberger Erz seit dem 1. Jahrhun-
dert vor Christus sicher nachgewiesen (Both
1996. Brockner 1992b. Grunwald 2000, 61-63.
Heimbruch 1990. Klappauf 1989; 1991. Klappauf,
Linke 1990. Koerfer 1990). Die archäologischen
Untersuchungen dieser von der ausgehenden vor-
römischen Eisenzeit bis in das Spätmittelalter offen-
bar kontinuierlich bewohnten Siedlung, in der
Eisen, Kupfer, Blei und Silber in größeren Mengen
produziert und zum Teil auch verarbeitet wurden,
stellen einen Meilenstein in der Montanforschung
des Harzes dar. Auch siedlungsgeschichtlich sind
sie von großer Bedeutung, da für die Zeit um
Christi Geburt und die nachfolgenden Jahrhun-
derte nur wenige weitere Siedlungsbelege aus dem
Umland des Oberharzes bekannt sind. Spätestens
seit dem 3. Jahrhundert wurden in Düna Blei und Sil-
ber aus Oberharzer Gangerzen gewonnen. Wenig
später ist auch Kupfererzeugung aus Rammelsber-
ger Erz nachgewiesen. Insbesondere die Verhüt-
tung von am nördlichen Harzrand abgebautem
Rammeisbergerz ist erstaunlich und deutet auf ein
komplexes Wirtschaftssystem. Römische Einflüs-
se im weitesten Sinne dürften in dieser Zeit auch
auf technologischem Gebiet eine nicht zu unter-
schätzende Rolle gespielt haben (vgl. Klappauf
2000c, 153).
Aus dem 5./6. bis 7. Jahrhundert sind im Umland
des Oberharzes neben Düna, wo jedoch eindeutig
der Völkerwanderungszeit zuzuordnende Kera-
mik selten ist, nur wenige Fundstellen bekannt; im
Gebirge selbst kann lediglich auf einen noch
unpublizierten Schmelzplatz hingewiesen werden
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