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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 3.1960

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Nr. 2/3
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Keller, ...: Exemplarische Behandlung von Kernstellen aus griechischen Schriftstellern: (Plat. Apol. 31, D - 32, Gorgias 456, A - 458, C; Thukyd. V, 84-116)
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Bornemann, Eduard: Bericht über den Latein-Kongreß in Lyon
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https://doi.org/10.11588/diglit.33058#0024
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Melierdialog und Antigone. Als Exempel sollen sie zu dem Versuch anregen, gerade
der heutigen Schiilergeneration ein sicheres lebendiges Wissen um die gestaltenden Kräf-
te unseres geistigen und kulturellen Lebens zu vermitteln und sie zu befähigen, sich
eigenständig mit der komplizierten Gegenwart und den ihnen gestellten eigenen Lebens-
äufgaben auseinandersetzen zu können.

Bericht über den Latein-Kongreß in Lyon

von OStR. Prof. Dr. Eduard Bornemann, Oberursel (Taunus)

(Sendung des Hessischen Rundfunks am 28. 9. 59, entnommen dem Mitteilungsblatt
des Landesverbandes Hessen im DAV, September 1959)

Vom 8.-10. September fand in Lyon unter dem Patronat des französischen
Kultusministers der zweite internationale Kongreß „für lebendiges Latein“
(pour le latin vivant) statt. Aus 18 Ländern, von denen Bolivien und Argenti-
nien die entferntesten waren, hatten sich etwa 160 Gelehrte und Unterrichts-
praktiker eingefunden, um in Vorträgen und Aussprachen die vor drei Jahren
in Avignon geschaffene Organisation „Vita Latina“ weiterzuführen und auszu-
bauen, eine „Association“, die sich das Ziel gesetzt hat, die lateinische
Sprache zu einer Art Weltsprache zu machen. Dieses Ziel mag zunächst phan-
tastisch anmuten, selbst für alle diejenigen, welche die Bedeutung der lateinischen
Literatur anerkennen als der Vermittlerin der großen kulturellen Werte der
Antike, in denen unser modernes Leben wurzelt und die es nicht preisgeben
darf, wenn es nicht - um mit Karl Jaspers zu reden - in „Barbarei“ verfallen
will. Die Begriinder der Vita Latina - Akademierektor Jean Capelle (er leitet
heute ein großes Polytechnikum in Villeurbanne) und Edouard Aubanel (Inha-
ber eines seit dem 14. Jhh. als Kulturträger berühmten Verlages in Avignon)
sind aber ebensowenig Illusionisten wie die internationale geistige Elite, welche
den Plan einer lateinischen Allgemeinsprache aufgenommen hat. Dafür zeugen
schon zwei Tatsachen. Bis in das 19. Jhh. hinein war ja das Lateinische die Lite-
ratursprache der Gelehrten, in der die Fortschritte des Geistes wie der Natur-
wissenschaften mit eindeutiger Klarheit niedergelegt wurden. - Ich erinnere nur
an Kopernikus, Kepler, Newton, Spinoza, Linne, Gauß. Ferner ist Latein bis
heute die offizielle Sprache der katholischen Kirche und als solche in der ganzen
Welt verbreitet. Auch die modernsten Dinge und Vorstellungen lassen sich -
natürlich unter sinnvoller Ergänzung der antiken Grundlagen — auf Lateinisch
ausdrücken, wie nicht zuletzt wieder der Lyoner Kongreß bewiesen hat, dessen
Vorträge und Diskussionen sich großenteils des Lateins bedienten. Fiir die Vi-
talität und die Möglichkeit einer Modernisierung des zu Unrecht als „tote Spra-
che“ bezeichneten Lateins wurde in den Verhandlungen auch auf eine interes-
sante Parallele verwiesen: auf das Flebräische, das in Israel wieder zu einer
lebenden Nationalsprache geworden ist.

Der Gelehrte, der heute fiir seine Arbeiten die in den Nationalsprachen abge-
faßte Spezialliteratur benutzen muß, gerät infolge seiner nicht mehr ausreichen-

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