XXXV
vorzunehmen. Sie wurde bestätigt durch ein Schreiben*
des Erzbischofs aus dem Jahre 1229, so dass, wie der
Bau des Langhauses der St. Anschariikirche sofort in
Angriff genommen wurde -, sehr wahrscheinlich auch
gleichzeitig oder bald darauf der Bau der St. Martins-
kirche begann. Zwar gibt es keine den Anfang des
Baues betreffende Urkunde, aber eine noch vorhandene
aus dem Jahre 1290 beweist, dass die Martinskirche
schon eine geraume Zeit vorhanden gewesen sein muss.
In diesem Schreiben" vom 23. Jänner erthcilt der Papst
Nicolaus IV. (1287—1292) durch einen italienischenErz-
bischof und fünf Bischöfe allen denen, welche der St. Mar-
tinskirche zu Bremen wegen der, durch das hohe Wasser
sowohl der Kirche als dem Kirchhofe verursachten Schä-
den, durch Almosen und Geschenke zu Hilfe kommen, und
welche die Fest- und Heiligentage in derselben besuchen,
einen vierzigtägigen Ablass. Diese Feste sind der Urkunde
zufolge: die Geburt, die Auferstehung- und die Himmel-
fahrt Christi, Pfingsten, vier Feste der heiligen Jungfrau
(Verkündigung, Heimsuchung-, Reinigung, Himmelfahrt),
die Kreuzeserfindung (3. Mai), die Kreuzeserhöhung
(16. September) und das Fest des heiligen Martinas.
Wenn der bekannte, überaus deissige Erforscher
der bremischen Vorzeit Job. Phil. Cassel* nun hinzu-
setzt, dass er nicht behaupten könne, ob diese erste
Kirche so gross gewesen sei wie die jetzige, dass sie
jedoch vermutldicli denselben Thurm gehabt habe, den
sie noch jetzt hat, was aus einem alten Abriss der Stadt
Bremen bei DiliclU hervorgehe, so müssten wir für jene
Frage, welche die Grösse der Kirche, d. h. ihre nördliche
und südliche Umfassungsmauer und den Chor betrifft, auf
den folgenden Thcil der Baubeschreibung verweisen.
Was aber den Thurm anbelangt, so können wir die
Abbildung bei Dilic-h, welche Bremen im Jahre 1300 dar-
stellen soll, für keinen Beweis halten, wie wir bereits
bei unserer Beschreibung des Domes" sahen. In derglei-
chen Dingen verfuhr Dilich chronologisch nicht genau.
Übrigens hätte Cassel wohl bedenken sollen, dass, wenn
er annimmt, die Martinskirche habe schon zu Ende des
XIII. Jahrhunderts den noch vorhandenen Thurm ge-
habt, daraus auch ein Schluss auf die damaligen Um-
fassungsmauern, also auf den Flächenraum des Lang-
hauses der Kirche zu ziehen ist.
Wir werden also nicht irre gehen, wenn wir das
zweite Viertel des XIII. Jahrhunderts als die erste Bau-
periode der St. Martinikirche annclnnen.
Ähnliche Indulgenzbriefe, wie der erwähnte aus
dem Jahre 1290, in denen jedoch der durch die nahe
Weser verursachten Schäden keine Erwähnung geschieht,
folgen noch aus den Jahren 1293, 1300 und 1345. Sie
werfen eben so wenig Licht auf den baulichen Zustand
der Kirche, wie eine Urkunde vom Jahre 1371, in welcher
der Rath der Stadt der Kirche zu St. Martin einen Platz
zwischen dem Kirchhof und dem Fischthor schenkt,
weil die Bauherren derselben Kirche eine Mauer um den
Kirchhof zur besseren Verthcidigung der Stadt ziehen
und aufbaucn lassen.
Die Veranlassung zu einer zweiten Bauperiode gab
wahrscheinlich eine grosse Feuersbrunst, welche Ren-
ner in seiner Chronik ins Jahr 1344 setzt. Er sagt: „Anno
1344 verbrande S. Martens Veerdendeel van dem Markts
an wentc tho der wesserbrug-ge." Ob dieser Brand im
Jahr 1344 oder etwas später fällt, ist gleichgültig; jeden-
falls hatte er zur Folge, dass ein Umbau und eine Haupt-
reparatur mit der Martinskirche vorgenommen wurde.
Renner setzt den Beginn desselben ins Jahr 1376: „da
beginde Her Ahrendt Donehley, Rathmann tho Bremen
(welcher damals Bauherr war) 8. Martens kercken tho
bouwen vnd bouwede tle in acht Jahren rede. Darna over
twe jahr geven Her Arent Munt, Johann Brandt vnd N.
Windhusen de kopperen Döpe darin, so dar noch steit."
Darnach wäre dieser Umbau 1384 vollendet worden.
Bestätigt wird dieser Bau, wenn auch nicht die, die Dauer
desselben betreffende Nachricht, durch eine Urkunde vom
6. September 1378, in welcher der Erzbischof Albertus
denen, welche den Bau der Martinskirche unterstützen
nnd ihm mit Geld oder Arbeit zu Hilfe kommen, einen
vierzig-tägigen Ablass verspricht. Die Ecclesia Sancti
Martini wird darin, ohne Erwähnung eines vorhergehen-
den Brandes, als edihcanda et reparanda bezeichnet.
Wie weit sich dieser Wiederherstellungsbau vermuthlich
erstreckte, werden wir in der nachfolgenden Bau-
beschreibung sehen.
Unter den späteren, im Archive der Kirche noch
vorhandenen Urkunden findet sich keine, welche irgend-
wie die Schicksale des Gebäudes betrifft; jedoch ver-
dienen einige derselben wegen der darin vorkommenden
kirchlichen Utensilien und einer an die Kirche grenzen-
den Capelle Erwähnung. In der ersten derselben (vom
Jahre 1404) bestätigt der Erzbischof Otto von Bremen
den Altar: in capella contigua et confrontataEcclesiaeSti.
Martini situm et consecratum in honorem beatae Mariae
Virg-inis. Es grenzte also damals an die Kirche eine
der heiligen Jung-Rau geweihte Capelle, deren Lage uns
in einer niederdeutschen Urkunde vom Jahre 1417
etwas genauer angegeben wird. Der Altar heisst
darin: „Altar unser leven Vromven, dat der is
ghelegen in der Capellen buten der Kerken sunte Mar-
tens vorscreven ynt Norden." Es ist demnach sehl-
wahrscheinlich, dass mit der Capelle der heiligen Jung-
R*au die jetzige, ausserhalb der nördlichen Umfassungs-
mauer gelegene Vorhalle gemeint ist, die freilich so
mannigfache Schicksale erlitten hat, dass ihre Erbauungs-
zeit unmöglich zu ermitteln ist. Und wenn, da sich im
Übrigen keine Spur von einer andern im Norden der
Kirche ehemals vorhanden gewesenen Capelle findet,
diese Vennuthung richtig- ist, so lässt sich sogar noch
der Platz dieses Marienaltars in einer, noch jetzt in der
östlichen Mauer dieser Vorhalle befindlichen, nischen-
artigen VertieRmg nachwciscn. Dazu kommt aus dem
folgenden Jahre 1418 vom 2. Mai eine Urkunde, worin
ein der Kirche gehöriges wunderthätiges Marienbild nnd
ein Bild des heiligen Kreuzes erwähnt werden; erstcres,
das ein „ymago beatae Mariae sculpta miraculosis signis
choruscans" genannt wird, habe sich befunden „in quadam
Capella in cimiterio ecclesiac Sti. Martini constructa et
ipsi ecclesiae contigua", letzteres auf dem hohen Lectorium
„in medio dictae ecclesiae". Ausser diesem Marienaltar
werden in Urkunden, die bis zur Vollendung des Maricn-
altars reichen, noch andere Altäre der Kirche erwähnt, z.B.
der des heiligen Michael, des heiligen Jacobus, der 1496 von
der St. Anncnbrüderschaft fundirte Altar der heiligen Anna,
und der 1520 von dem Rathmanne Reymer Preu gestif-
tete, mit allerlei Kirchcngeräth versehene Altar des
vorzunehmen. Sie wurde bestätigt durch ein Schreiben*
des Erzbischofs aus dem Jahre 1229, so dass, wie der
Bau des Langhauses der St. Anschariikirche sofort in
Angriff genommen wurde -, sehr wahrscheinlich auch
gleichzeitig oder bald darauf der Bau der St. Martins-
kirche begann. Zwar gibt es keine den Anfang des
Baues betreffende Urkunde, aber eine noch vorhandene
aus dem Jahre 1290 beweist, dass die Martinskirche
schon eine geraume Zeit vorhanden gewesen sein muss.
In diesem Schreiben" vom 23. Jänner erthcilt der Papst
Nicolaus IV. (1287—1292) durch einen italienischenErz-
bischof und fünf Bischöfe allen denen, welche der St. Mar-
tinskirche zu Bremen wegen der, durch das hohe Wasser
sowohl der Kirche als dem Kirchhofe verursachten Schä-
den, durch Almosen und Geschenke zu Hilfe kommen, und
welche die Fest- und Heiligentage in derselben besuchen,
einen vierzigtägigen Ablass. Diese Feste sind der Urkunde
zufolge: die Geburt, die Auferstehung- und die Himmel-
fahrt Christi, Pfingsten, vier Feste der heiligen Jungfrau
(Verkündigung, Heimsuchung-, Reinigung, Himmelfahrt),
die Kreuzeserfindung (3. Mai), die Kreuzeserhöhung
(16. September) und das Fest des heiligen Martinas.
Wenn der bekannte, überaus deissige Erforscher
der bremischen Vorzeit Job. Phil. Cassel* nun hinzu-
setzt, dass er nicht behaupten könne, ob diese erste
Kirche so gross gewesen sei wie die jetzige, dass sie
jedoch vermutldicli denselben Thurm gehabt habe, den
sie noch jetzt hat, was aus einem alten Abriss der Stadt
Bremen bei DiliclU hervorgehe, so müssten wir für jene
Frage, welche die Grösse der Kirche, d. h. ihre nördliche
und südliche Umfassungsmauer und den Chor betrifft, auf
den folgenden Thcil der Baubeschreibung verweisen.
Was aber den Thurm anbelangt, so können wir die
Abbildung bei Dilic-h, welche Bremen im Jahre 1300 dar-
stellen soll, für keinen Beweis halten, wie wir bereits
bei unserer Beschreibung des Domes" sahen. In derglei-
chen Dingen verfuhr Dilich chronologisch nicht genau.
Übrigens hätte Cassel wohl bedenken sollen, dass, wenn
er annimmt, die Martinskirche habe schon zu Ende des
XIII. Jahrhunderts den noch vorhandenen Thurm ge-
habt, daraus auch ein Schluss auf die damaligen Um-
fassungsmauern, also auf den Flächenraum des Lang-
hauses der Kirche zu ziehen ist.
Wir werden also nicht irre gehen, wenn wir das
zweite Viertel des XIII. Jahrhunderts als die erste Bau-
periode der St. Martinikirche annclnnen.
Ähnliche Indulgenzbriefe, wie der erwähnte aus
dem Jahre 1290, in denen jedoch der durch die nahe
Weser verursachten Schäden keine Erwähnung geschieht,
folgen noch aus den Jahren 1293, 1300 und 1345. Sie
werfen eben so wenig Licht auf den baulichen Zustand
der Kirche, wie eine Urkunde vom Jahre 1371, in welcher
der Rath der Stadt der Kirche zu St. Martin einen Platz
zwischen dem Kirchhof und dem Fischthor schenkt,
weil die Bauherren derselben Kirche eine Mauer um den
Kirchhof zur besseren Verthcidigung der Stadt ziehen
und aufbaucn lassen.
Die Veranlassung zu einer zweiten Bauperiode gab
wahrscheinlich eine grosse Feuersbrunst, welche Ren-
ner in seiner Chronik ins Jahr 1344 setzt. Er sagt: „Anno
1344 verbrande S. Martens Veerdendeel van dem Markts
an wentc tho der wesserbrug-ge." Ob dieser Brand im
Jahr 1344 oder etwas später fällt, ist gleichgültig; jeden-
falls hatte er zur Folge, dass ein Umbau und eine Haupt-
reparatur mit der Martinskirche vorgenommen wurde.
Renner setzt den Beginn desselben ins Jahr 1376: „da
beginde Her Ahrendt Donehley, Rathmann tho Bremen
(welcher damals Bauherr war) 8. Martens kercken tho
bouwen vnd bouwede tle in acht Jahren rede. Darna over
twe jahr geven Her Arent Munt, Johann Brandt vnd N.
Windhusen de kopperen Döpe darin, so dar noch steit."
Darnach wäre dieser Umbau 1384 vollendet worden.
Bestätigt wird dieser Bau, wenn auch nicht die, die Dauer
desselben betreffende Nachricht, durch eine Urkunde vom
6. September 1378, in welcher der Erzbischof Albertus
denen, welche den Bau der Martinskirche unterstützen
nnd ihm mit Geld oder Arbeit zu Hilfe kommen, einen
vierzig-tägigen Ablass verspricht. Die Ecclesia Sancti
Martini wird darin, ohne Erwähnung eines vorhergehen-
den Brandes, als edihcanda et reparanda bezeichnet.
Wie weit sich dieser Wiederherstellungsbau vermuthlich
erstreckte, werden wir in der nachfolgenden Bau-
beschreibung sehen.
Unter den späteren, im Archive der Kirche noch
vorhandenen Urkunden findet sich keine, welche irgend-
wie die Schicksale des Gebäudes betrifft; jedoch ver-
dienen einige derselben wegen der darin vorkommenden
kirchlichen Utensilien und einer an die Kirche grenzen-
den Capelle Erwähnung. In der ersten derselben (vom
Jahre 1404) bestätigt der Erzbischof Otto von Bremen
den Altar: in capella contigua et confrontataEcclesiaeSti.
Martini situm et consecratum in honorem beatae Mariae
Virg-inis. Es grenzte also damals an die Kirche eine
der heiligen Jung-Rau geweihte Capelle, deren Lage uns
in einer niederdeutschen Urkunde vom Jahre 1417
etwas genauer angegeben wird. Der Altar heisst
darin: „Altar unser leven Vromven, dat der is
ghelegen in der Capellen buten der Kerken sunte Mar-
tens vorscreven ynt Norden." Es ist demnach sehl-
wahrscheinlich, dass mit der Capelle der heiligen Jung-
R*au die jetzige, ausserhalb der nördlichen Umfassungs-
mauer gelegene Vorhalle gemeint ist, die freilich so
mannigfache Schicksale erlitten hat, dass ihre Erbauungs-
zeit unmöglich zu ermitteln ist. Und wenn, da sich im
Übrigen keine Spur von einer andern im Norden der
Kirche ehemals vorhanden gewesenen Capelle findet,
diese Vennuthung richtig- ist, so lässt sich sogar noch
der Platz dieses Marienaltars in einer, noch jetzt in der
östlichen Mauer dieser Vorhalle befindlichen, nischen-
artigen VertieRmg nachwciscn. Dazu kommt aus dem
folgenden Jahre 1418 vom 2. Mai eine Urkunde, worin
ein der Kirche gehöriges wunderthätiges Marienbild nnd
ein Bild des heiligen Kreuzes erwähnt werden; erstcres,
das ein „ymago beatae Mariae sculpta miraculosis signis
choruscans" genannt wird, habe sich befunden „in quadam
Capella in cimiterio ecclesiac Sti. Martini constructa et
ipsi ecclesiae contigua", letzteres auf dem hohen Lectorium
„in medio dictae ecclesiae". Ausser diesem Marienaltar
werden in Urkunden, die bis zur Vollendung des Maricn-
altars reichen, noch andere Altäre der Kirche erwähnt, z.B.
der des heiligen Michael, des heiligen Jacobus, der 1496 von
der St. Anncnbrüderschaft fundirte Altar der heiligen Anna,
und der 1520 von dem Rathmanne Reymer Preu gestif-
tete, mit allerlei Kirchcngeräth versehene Altar des