64
Dietrich Lohrmann
Konrad II. und vor allem Heinrich III., bewahrte. Nein, Hugo blieb für Kehr auch
unter den Saliern der eigentliche Regent des burgundischen Königreiches. Auf ihm
beruhte bis ins Jahr 1056 die burgundische Politik, und so hat ihm 1976, an die
suggestiven Zeilen Kehrs anschließend, Pater Bernard de Vregille eine umfassende
Monographie gewidmet. Dieses Werk erlaubt es, auch im Streit der rivalisierenden
Domkapitel ein genaueres Verständnis zu finden4.
Vor allem der Quellenband dieses viel zu selten benutzten Werkes ist hier hilf-
reich. Er beginnt mit 49 Urkundentexten, vornehmlich solchen Kaiser Heinrichs III.
und Papst Leos IX. Man sieht Kaiser und Papst noch einträchtig beteiligt am Re-
formwerk des Erzbischofs Hugo in seiner Diözese. Zugleich zeigt dieser Quellen-
band aber auch, daß praktisch die gesamte schriftliche Überlieferung der Kirche
von Besanyon in der Zeit des Erzbischofs Hugo neu angelegt worden ist. Die ganze
örtliche Hagiographie hat man in seiner Zeit neu geschrieben, Bischofskataloge,
Obituare und Liturgie neu gestaltet und nicht zuletzt die kirchliche Organisation
neu gegliedert.
Als der Erzbischof Hugo I. 1031 die Leitung des Bistums Besangon übernahm,
lag innerhalb der spätantiken Mauern seiner Civitas, am Zugang zum höchsten
Punkt der Stadt, eine alte Kirche noch verlassen danieder. Sie war dem hl. Stephan
gewidmet, doch der Schwerpunkt des kirchlichen Lebens hatte sich seit langem in
die unterhalb gelegene Kathedrale St. Johannes verlagert. Stephanus, der erste Mär-
tyrer der christlichen Kirche, genoß im Europa des 11. Jahrhunderts ein ungeheures
Ansehen. Schon Hugos Vorgänger im Amt hatte deshalb einen Neubau in größten
Dimensionen geplant; das Vorbild der neuen Stephanskirche in Besancon sollte die
damalige Peterskirche in Rom sein5. Der neue Erzbischof reduzierte den Plan. Er be-
fand trotzdem, eine verfallene Stephanskirche sei ein Skandalon: importunissimum
sei es ihm erschienen, so erklärt eine wohl etwas spätere Urkunde zur Neugrün-
dung, daß das Haupt des gesamten Erzbistums (totius archipresulatus caput), ge-
schmückt durch den kostbarsten Schatz der Reliquien des seligen Stephan, in der
Vergangenheit das tägliche Gotteslob habe entbehren müssen.
Diese Kirche erhielt somit ihre eigene Vermögensmasse, eine offensichtlich ge-
waltige Masse, denn sie reichte aus zur Versorgung eines eigenen Stiftskapitels mit
nicht weniger als 50 Präbenden. Hinzu kamen eine einträgliche Wallfahrt und die
Hälfte der Opfergaben am Altar mit dem Arm des ersten der Märtyrer, während die
andere Hälfte der Altaroblationen dem Erzbischof für den Bau der neuen Kirche zur
Verfügung stand. Damit ließ sich, so eine bildhafte Formulierung in der Einleitung
zur Urkunde Kaiser Heinrichs III. von 1049, »das faltige Antlitz dieser Braut glätten,
ihr Witwenkleid beseitigen«6.
4 Bernard de Vregille, Hugues de Salins, archeveque de Besancon, 1031-1066,3 Bde., Lille/Be-
sangon 1983. Vgl. auch die Kurzfassung unter dem gleichen Titel in einem Band, Besancon 1981.
5 Dritter Bischofskatalog aus Saint-Etienne: Gualterus. Hic iterum reincepit reedificare ecclesiam sanc-
ti Stephani ad modum Romane ecclesie sancti Petri. Vregille, Hugues de Salins (wie Anm. 4), Bd. 3,
S. 158* Nr. 39. Vgl. ebd. Bd. 1, S. 85f. und den Stadtplan von Besancon in Gallia Pontificia 1, S. 32.
Eine Abbildung der später abgerissenen Stephansbasilika von Besancon mit dem zugehörigen
Kreuzgang (nach einem Stadtprospekt von 1667) gibt Vregille in Claude Fohlen, Histoire de
Besancon des origines ä la fin du XVIe siede, Paris 1964, S. 276. Ebd. S. 279 Abb. 68 auch die goti-
sche Kathedrale Saint-Jean.
6 MGH DH III. Nr. 239; Vregille, Hugues de Salins (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 77* Nr. 25.
Dietrich Lohrmann
Konrad II. und vor allem Heinrich III., bewahrte. Nein, Hugo blieb für Kehr auch
unter den Saliern der eigentliche Regent des burgundischen Königreiches. Auf ihm
beruhte bis ins Jahr 1056 die burgundische Politik, und so hat ihm 1976, an die
suggestiven Zeilen Kehrs anschließend, Pater Bernard de Vregille eine umfassende
Monographie gewidmet. Dieses Werk erlaubt es, auch im Streit der rivalisierenden
Domkapitel ein genaueres Verständnis zu finden4.
Vor allem der Quellenband dieses viel zu selten benutzten Werkes ist hier hilf-
reich. Er beginnt mit 49 Urkundentexten, vornehmlich solchen Kaiser Heinrichs III.
und Papst Leos IX. Man sieht Kaiser und Papst noch einträchtig beteiligt am Re-
formwerk des Erzbischofs Hugo in seiner Diözese. Zugleich zeigt dieser Quellen-
band aber auch, daß praktisch die gesamte schriftliche Überlieferung der Kirche
von Besanyon in der Zeit des Erzbischofs Hugo neu angelegt worden ist. Die ganze
örtliche Hagiographie hat man in seiner Zeit neu geschrieben, Bischofskataloge,
Obituare und Liturgie neu gestaltet und nicht zuletzt die kirchliche Organisation
neu gegliedert.
Als der Erzbischof Hugo I. 1031 die Leitung des Bistums Besangon übernahm,
lag innerhalb der spätantiken Mauern seiner Civitas, am Zugang zum höchsten
Punkt der Stadt, eine alte Kirche noch verlassen danieder. Sie war dem hl. Stephan
gewidmet, doch der Schwerpunkt des kirchlichen Lebens hatte sich seit langem in
die unterhalb gelegene Kathedrale St. Johannes verlagert. Stephanus, der erste Mär-
tyrer der christlichen Kirche, genoß im Europa des 11. Jahrhunderts ein ungeheures
Ansehen. Schon Hugos Vorgänger im Amt hatte deshalb einen Neubau in größten
Dimensionen geplant; das Vorbild der neuen Stephanskirche in Besancon sollte die
damalige Peterskirche in Rom sein5. Der neue Erzbischof reduzierte den Plan. Er be-
fand trotzdem, eine verfallene Stephanskirche sei ein Skandalon: importunissimum
sei es ihm erschienen, so erklärt eine wohl etwas spätere Urkunde zur Neugrün-
dung, daß das Haupt des gesamten Erzbistums (totius archipresulatus caput), ge-
schmückt durch den kostbarsten Schatz der Reliquien des seligen Stephan, in der
Vergangenheit das tägliche Gotteslob habe entbehren müssen.
Diese Kirche erhielt somit ihre eigene Vermögensmasse, eine offensichtlich ge-
waltige Masse, denn sie reichte aus zur Versorgung eines eigenen Stiftskapitels mit
nicht weniger als 50 Präbenden. Hinzu kamen eine einträgliche Wallfahrt und die
Hälfte der Opfergaben am Altar mit dem Arm des ersten der Märtyrer, während die
andere Hälfte der Altaroblationen dem Erzbischof für den Bau der neuen Kirche zur
Verfügung stand. Damit ließ sich, so eine bildhafte Formulierung in der Einleitung
zur Urkunde Kaiser Heinrichs III. von 1049, »das faltige Antlitz dieser Braut glätten,
ihr Witwenkleid beseitigen«6.
4 Bernard de Vregille, Hugues de Salins, archeveque de Besancon, 1031-1066,3 Bde., Lille/Be-
sangon 1983. Vgl. auch die Kurzfassung unter dem gleichen Titel in einem Band, Besancon 1981.
5 Dritter Bischofskatalog aus Saint-Etienne: Gualterus. Hic iterum reincepit reedificare ecclesiam sanc-
ti Stephani ad modum Romane ecclesie sancti Petri. Vregille, Hugues de Salins (wie Anm. 4), Bd. 3,
S. 158* Nr. 39. Vgl. ebd. Bd. 1, S. 85f. und den Stadtplan von Besancon in Gallia Pontificia 1, S. 32.
Eine Abbildung der später abgerissenen Stephansbasilika von Besancon mit dem zugehörigen
Kreuzgang (nach einem Stadtprospekt von 1667) gibt Vregille in Claude Fohlen, Histoire de
Besancon des origines ä la fin du XVIe siede, Paris 1964, S. 276. Ebd. S. 279 Abb. 68 auch die goti-
sche Kathedrale Saint-Jean.
6 MGH DH III. Nr. 239; Vregille, Hugues de Salins (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 77* Nr. 25.