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Hehl, Ernst-Dieter [Bearb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 6: Stuttgart, 2002

DOI Artikel:
Schimmelpfennig, Bernhard: Päpstliche Liturgie und päpstliches Zeremoniell im 12. Jahrhundert
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34720#0271

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BERNHARD SCHIMMELPFENNIG

Päpstliche Liturgie und päpstliches Zeremoniell im
12. Jahrhundert

»Von der Macht [der früheren römischen Cäsaren] ist zu glauben: sie wohnt [jetzt]
nicht den Kaisern inne, die lediglich das Romani imperii nomen besitzen, sondern den
Bischöfen der Stadt [als deren] Einwohnern. Erröten und zu Schanden sollen die
sein, welche die römische Kirche und Stadt, die Gott immer geliebt, geehrt und er-
höht hat, aus der Einheit mit dem heiligen Petrus und mit dessen Stellvertreter her-
auszulösen und von ihr zu trennen trachten. Lernen sollen also die römischen
Bischöfe, die Stadt Rom zu lieben und in ihr zu bleiben, weil außerhalb der Stadt
[deren] Bischöfe [nur] die Hälfte ihrer Würde innezuhaben scheinen, auch wenn sie
tatsächlich überall die Herren sind. Die Römer aber sollen sich mit aller Inbrunst
bemühen, ihn [den Bischof] zu verehren, zu fürchten und in Ehren zu halten, denn
wie eine Frau ohne Mann so erscheint ohne Papst die Stadt Rom.«
Das Ende einer Ehe. Mit dieser Überschrift könnte der eben zitierte leiden-
schaftliche Appell versehen werden. Er stammt von einem anonymen Römer aus
dem frühen 13. Jahrhundert und steht in dessen Beschreibung der Weihe von S. Ma-
ria in Trastevere durch Papst Innozenz III.1. Zwar hatte dieser noch mehrere Jahre
im Lateran residiert2 und dort 1215 als Krönung seines Pontifikates das erste päpst-
liche Generalkonzil gehalten3, doch zeigten schon seine Neubauten auf dem Vati-
kan4, der rechtlich nicht zur Stadt gehörte, seine Distanzierung von den römischen
Mitbürgern. Aber auch zu seinem römischen Dienstherrn, dem hl. Petrus, war der
Kontakt nicht sonderlich eng, wie der Papst selbst ohne Scham eingestand. Wie er
im Juli 1198 schrieb5, hatte er - obwohl vor seiner Wahl zum Papst Kanoniker von
St. Peter - nicht gewußt, daß dort viele Altäre ungeweiht waren. Der darob entsetzte
Kirchenpatron hatte dies jedoch nicht seinem Vikar auf Erden mitgeteilt. Vielmehr
war er einem betagten Priester erschienen und hatte diesem befohlen, den Papst
über die unhaltbaren Zustände in Kenntnis zu setzen. War der Apostelfürst etwa

1 Bernhard Schimmelpfennig, >Mitbestimmung< in der Römischen Kirche unter Innozenz III.,
in: Proceedings of the Eighth International Congress of Medieval Canon Law San Diego ..., ed.
by Stanley Chodorow (Monumenta Iuris Canonici, Series C: Subsidia 9), Cittä del Vaticano
1992, S. 455M70, hier S. 470.
2 Agostino Paravicini Bagliani, La mobilitä della Curia Romana nel secolo XIII. Riflessi locali,
in: Societä e istituzioni dell'Italia comunale. L'esempio di Perugia (sec. XII-XTV), Perugia 1988,
S. 228ff. u. 248.
3 Schimmelpfennig, >Mitbestimmung< (wie Anm. 1), S. 457f.
4 Anna Maria Voci, Nord o Sud? Note per la storia del medioevale Palatium apostolicum apud
Sanctum Petrum e delle sue cappelle (Capellae Apostolicae Sixtinaeque Collectanea Acta Monu-
menta 2), Cittä del Vaticano 1992, S. 45-104.
Das Register Papst Innocenz' III., Bd. 1, bearb. von Othmar Hageneder und Anton Haida-
cher, Wien 1964, S. 540f. Nr. 359 = Potthast 405.

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