Papsttum, Reich und kaiserliche Autorität
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heute nicht geklärt110. Eine eher kaiserfreundliche Partei wählte jedenfalls Viktor IV.
(1159-1164). Die andere Gruppe der Kardinäle entschied sich für Alexander III.
(1159-1181). Dieser war zuvor päpstlicher Kanzler gewesen und hatte in Besangon
1157 den Kaiserhof durch eine Äußerung in helle Empörung versetzt. Als man sich
dort über die Vorstellung ereiferte, das Kaisertum könnte ein Lehen des Papstes sein,
habe dieser ausgerufen: »Von wem als vom Herrn Papst hat er denn sonst das
Kaisertum!« Was von ihm als Papst zu erwarten war, konnte man sich denken111.
Aber viel wichtiger ist folgendes: Mit dem Schisma von 1159 eröffnete sich für
den Stauferkaiser eine geradezu einmalige Gelegenheit, seine Stellung in höchste
Höhen zu führen. Denn würde es ihm gelingen, eine Entscheidung herbeizuführen
und das Schisma zu beenden, dann würde seine kaiserliche Autorität konkurrenz-
los werden. Auch die Kirche und damit die gesamte christliche Welt hätten sich
dann dem kaiserlichen Führungsanspruch untergeordnet oder doch zumindest an-
vertraut. Das von ihm einberufene Konzil von Pavia 1160, auf dem das Doppel-
papsttum beendet werden sollte und das der Kaiser als Generalkonzil auszugeben
trachtete112, mußte daher für seine Herrscheridee von allergrößter Bedeutung sein.
Mit Verweis auf die antiken Kaiser und auf Karl den Großen beanspruchte er das
kaiserliche Recht, ein Konzil einzuberufen113. Diese Kirchenversammlung bot ihm,
im Sinne seiner Konzeption, die Bühne zur »Weltherrschaft«114.
Damit war es ihm auch möglich, zu demonstrieren, wie die Lehre von den zwei
Schwertern auszulegen sei. Es ging um die Allegorie von den zwei Schwertern, von
denen Christus beim Letzten Abendmahl sagte, diese beiden seien ausreichend (Lu-
kas 22, 38)115. Sie wurden im Mittelalter auf die geistliche Gewalt und die weltliche
Gewalt bezogen. In den Kreisen der Reformkirche, bei den Hirsauem und im Um-
kreis Bernhards von Clairvaux wurde die Auffassung vertreten, dem Papst stünde
nicht nur der gladius spiritualis zu, sondern auch der gladius materialis. Auf einem
Fresko im hirsauischen Reformkloster Prüfening (bei Regensburg) aus der Mitte des
12. Jahrhunderts ist heute noch zu sehen, wie Petrus, der Apostelfürst und gleichzei-
110 Madertoner, Die zwiespältige Papstwahl (wie Anm. 109), S. 137ff.
111 Vgl. Ulrich Schmidt, A quo ergo habet, si a domno papa non habet imperium? Zu den Anfän-
gen der >staufischen Kaiserwahlen<, in: Von Schwaben bis Jerusalem. Facetten staufischer Ge-
schichte, hg. von Sönke Lorenz und Ulrich Schmidt, Sigmaringen 1995, S. 61-88.
112 Heinz Wolter, Friedrich Barbarossa und die Synode zu Pavia im Jahre 1160, in: Köln. Stadt und
Bistum in Kirche und Reich des Mittelalters. Festschrift für Odilo Engels zum 65. Geburtstag,
hg. von Hanna Vollrath und Stefan Weinfurter (Kölner Historische Abhandlungen 39),
Köln u. a. 1993, S. 415M53, bes. S. 452.
113 Otto von Freising, Gesta Friderici, lib. IV, cap. 64, hg. von Franz-Josef Schmale (Ausgewählte
Quellen zu deutschen Geschichte des Mittelalters 17), Darmstadt 1974, S. 644; Wolter, Fried-
rich Barbarossa (wie Anm. 112), S. 419f.
114 Zur Vorstellung der »Weltherrschaft« siehe Holtzmann, Der Weltherrschaftsgedanke (wie
Anm. 95); Othmar Hageneder, Weltherrschaft im Mittelalter, in: Mitteilungen des Instituts für
Österreichische Geschichtsforschung 93, 1985, S. 257-278; Hermann Jakobs, Weltherrschaft
oder Endkaiser? - Ziele staufischer Politik im ausgehenden 12. Jahrhundert, in: Die Staufer im
Süden. Sizilien und das Reich, hg. von Theo Kölzer, Sigmaringen 1996, S. 13-28.
115 Wilhelm Levison, Die mittelalterliche Lehre von den beiden Schwertern, in: Deutsches Archiv
9, 1952, S. 14-42; Hartmut Hoffmann, Die beiden Schwerter im hohen Mittelalter, in: Deut-
sches Archiv 20, 1964, S. 78-114; Arno Borst, Der mittelalterliche Streit um das weltliche und
das geistliche Schwert, in: Staat und Kirche im Wandel der Jahrhunderte, hg. von Walther Pe-
ter Fuchs, Stuttgart u. a. 1966, S. 34-52.
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heute nicht geklärt110. Eine eher kaiserfreundliche Partei wählte jedenfalls Viktor IV.
(1159-1164). Die andere Gruppe der Kardinäle entschied sich für Alexander III.
(1159-1181). Dieser war zuvor päpstlicher Kanzler gewesen und hatte in Besangon
1157 den Kaiserhof durch eine Äußerung in helle Empörung versetzt. Als man sich
dort über die Vorstellung ereiferte, das Kaisertum könnte ein Lehen des Papstes sein,
habe dieser ausgerufen: »Von wem als vom Herrn Papst hat er denn sonst das
Kaisertum!« Was von ihm als Papst zu erwarten war, konnte man sich denken111.
Aber viel wichtiger ist folgendes: Mit dem Schisma von 1159 eröffnete sich für
den Stauferkaiser eine geradezu einmalige Gelegenheit, seine Stellung in höchste
Höhen zu führen. Denn würde es ihm gelingen, eine Entscheidung herbeizuführen
und das Schisma zu beenden, dann würde seine kaiserliche Autorität konkurrenz-
los werden. Auch die Kirche und damit die gesamte christliche Welt hätten sich
dann dem kaiserlichen Führungsanspruch untergeordnet oder doch zumindest an-
vertraut. Das von ihm einberufene Konzil von Pavia 1160, auf dem das Doppel-
papsttum beendet werden sollte und das der Kaiser als Generalkonzil auszugeben
trachtete112, mußte daher für seine Herrscheridee von allergrößter Bedeutung sein.
Mit Verweis auf die antiken Kaiser und auf Karl den Großen beanspruchte er das
kaiserliche Recht, ein Konzil einzuberufen113. Diese Kirchenversammlung bot ihm,
im Sinne seiner Konzeption, die Bühne zur »Weltherrschaft«114.
Damit war es ihm auch möglich, zu demonstrieren, wie die Lehre von den zwei
Schwertern auszulegen sei. Es ging um die Allegorie von den zwei Schwertern, von
denen Christus beim Letzten Abendmahl sagte, diese beiden seien ausreichend (Lu-
kas 22, 38)115. Sie wurden im Mittelalter auf die geistliche Gewalt und die weltliche
Gewalt bezogen. In den Kreisen der Reformkirche, bei den Hirsauem und im Um-
kreis Bernhards von Clairvaux wurde die Auffassung vertreten, dem Papst stünde
nicht nur der gladius spiritualis zu, sondern auch der gladius materialis. Auf einem
Fresko im hirsauischen Reformkloster Prüfening (bei Regensburg) aus der Mitte des
12. Jahrhunderts ist heute noch zu sehen, wie Petrus, der Apostelfürst und gleichzei-
110 Madertoner, Die zwiespältige Papstwahl (wie Anm. 109), S. 137ff.
111 Vgl. Ulrich Schmidt, A quo ergo habet, si a domno papa non habet imperium? Zu den Anfän-
gen der >staufischen Kaiserwahlen<, in: Von Schwaben bis Jerusalem. Facetten staufischer Ge-
schichte, hg. von Sönke Lorenz und Ulrich Schmidt, Sigmaringen 1995, S. 61-88.
112 Heinz Wolter, Friedrich Barbarossa und die Synode zu Pavia im Jahre 1160, in: Köln. Stadt und
Bistum in Kirche und Reich des Mittelalters. Festschrift für Odilo Engels zum 65. Geburtstag,
hg. von Hanna Vollrath und Stefan Weinfurter (Kölner Historische Abhandlungen 39),
Köln u. a. 1993, S. 415M53, bes. S. 452.
113 Otto von Freising, Gesta Friderici, lib. IV, cap. 64, hg. von Franz-Josef Schmale (Ausgewählte
Quellen zu deutschen Geschichte des Mittelalters 17), Darmstadt 1974, S. 644; Wolter, Fried-
rich Barbarossa (wie Anm. 112), S. 419f.
114 Zur Vorstellung der »Weltherrschaft« siehe Holtzmann, Der Weltherrschaftsgedanke (wie
Anm. 95); Othmar Hageneder, Weltherrschaft im Mittelalter, in: Mitteilungen des Instituts für
Österreichische Geschichtsforschung 93, 1985, S. 257-278; Hermann Jakobs, Weltherrschaft
oder Endkaiser? - Ziele staufischer Politik im ausgehenden 12. Jahrhundert, in: Die Staufer im
Süden. Sizilien und das Reich, hg. von Theo Kölzer, Sigmaringen 1996, S. 13-28.
115 Wilhelm Levison, Die mittelalterliche Lehre von den beiden Schwertern, in: Deutsches Archiv
9, 1952, S. 14-42; Hartmut Hoffmann, Die beiden Schwerter im hohen Mittelalter, in: Deut-
sches Archiv 20, 1964, S. 78-114; Arno Borst, Der mittelalterliche Streit um das weltliche und
das geistliche Schwert, in: Staat und Kirche im Wandel der Jahrhunderte, hg. von Walther Pe-
ter Fuchs, Stuttgart u. a. 1966, S. 34-52.