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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Hehl, Ernst-Dieter [Bearb.]
Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 6: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34720#0143

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Die letzte Gesandtschaft Alexios' I. Komnenos hei Paschalis II.

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ne Verwechslung von Vater und Sohn vor, die umso verständlicher ist, als die Ge-
sandtschaft höchstwahrscheinlich in beider Namen agierte und beide Kaiser betraf.
Zudem starb Alexios I. wenig später. Jedenfalls ist der Irrtum bereits in der Regie-
rungszeit Johannes' II. (1118-1143) geschehen, der ja die Verhandlungen mit den
Päpsten nach mehrjähriger Unterbrechung (erfolglos) fortsetzte.
Dafür daß Anna Komnene in der Alexias über die Gesandtschaft des Jahres
1117 kein Wort verliert, mag es mehrere Gründe geben: Ein persönlicher Grund ist
Annas »bekannte negative Einstellung gegenüber den Lateinern und dem Papst-
tum«41. Ein allgemeiner Grund ist, daß die Gesandtschaft wenn nicht ergebnislos, so
doch jedenfalls folgenlos blieb. Die Vorschläge dürften als politisch unrealistisch
und unzeitgemäß unbeantwortet geblieben bzw. dilatorisch beantwortet worden
sein, was angesichts des Gesundheitszustandes des Papstes leicht fiel. Somit paßte
aber eine Berichterstattung über dieses Unternehmen nicht in die Alexias als ein hi-
storisches Epos, das auf die eine, überragende Kaiserpersönlichkeit zugeschnitten
war und am Ende, unmittelbar vor der großen Schlußszene des Todes Alexios' I.
und der der Autorin verhaßten Machtergreifung Johannes' II., nicht durch die Be-
schreibung eines - fundamentalen - Scheitems des wenig später Verstorbenen be-
einträchtigt werden durfte. Vielleicht ist schließlich auch in Betracht zu ziehen, daß
zur Zeit der Abfassung dieser Schlußpassage der Alexias (mehr als zwei, vielleicht
schon drei Dezennien nach den Ereignissen) die Diskrepanz zwischen den Vorstel-
lungen und Konzeptionen der Jahre 1116/17 und der aktuellen politischen Realität
aus Annas Sicht zu groß und zu schmerzlich gewesen wäre.

L'abbaye de Cluny et Byzance au debut du XIIe siede, in: Echos d'Orient 80,1931, S. 84-90. Man
kann in Kaloioannes einen positiven Beinamen sehen, der dem negativen Mauroioannes von der
Kaiserpropaganda entgegengesetzt wurde.
41 So Herbert Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner (Byzantinisches
Handbuch 5.1), Bd. I, München 1978, S. 403.
 
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