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Günter Prinzing
gen die Serben, es kam zur Schlacht an der Morava, in einem Spätherbst des Zeit-
raums 1190-119239. Wurde diese Schlacht auch von den Byzantinern als Sieg gefei-
ert, so sah doch der Friedensschluß mit den unterlegenen Serben gewisse territoria-
le Zugeständnisse seitens der Byzantiner vor, die aber vorerst die Linie Nis-Belgrad
behaupten konnten; zudem blieb die relative Autonomie des Großzupans ge-
wahrt40. Daß sich Serbiens Stellung trotz der Niederlage dennoch verbesserte, weil
es gleichsam ein Mitglied des Byzantine Commonwealth wurde, lag am erstmaligen
Arrangement einer politischen Heirat zwischen Byzantinern und Serben: Eudokia
Angelina, eine Nichte Isaaks II., heiratete den Sohn und späteren Nachfolger des
Großzupans, Stefan Nemanjic (erst nach 1195, unter Alexios III. Angelos, also nicht
schon bei seiner Hochzeit, wurde er als Schwager des Kaisers mit der hohen Seba-
stokrator-Würde bedacht). Auf diese Weise hatten die Byzantiner das Netz familiä-
rer Beziehungen über Ungarn hinaus auf Serbien ausgedehnt, wohl in der Hoff-
nung, hiermit auch ihre Position gegenüber Ungarn gestärkt zu haben41. Mit dem
günstigen Ausgang ihres Unternehmens gegen Serbien konnten die Byzantiner den
Ungarn gegenüber mit größerer Bestimmtheit ihre Auffassung vertreten, daß das
orthodoxe Serbien zur byzantinischen Einflußzone gehöre und Belgrad, Branicevo
sowie Nis als byzantinischer Reichs-Besitz weiterhin unantastbar seien: Nicht zu-
39 Brand, Byzantium (wie Anm. 24), S. 93f. und Istorija srpskog naroda I (wie Anm. 34), S. 259,
Jan-Louis van Dieten, Niketas Choniates. Erläuterungen zu den Reden und Briefen nebst ei-
ner Biographie (Supplementa Byzantina 2), Berlin 1971, S. 82-86 (diskutiert ausführlich die
Chronologie der Schlacht, danach wäre außer Herbst 1190 auch die entsprechende Datierung in
den Herbst 1191 oder 1192 nicht auszuschließen).
40 Dölger/Wirth, Regesten (wie Anm. 19), Nr. 1605 (Dat.: 1190 Herbst/1192 Herbst). - Vgl. auch
in Ergänzung zur dort gegebenen Literatur: Dimitri Obolensky, The Byzantine Common-
wealth. Eastern Europe, 500-1453, London 1971, S. 222, Vizantijski izvori za istoriju naroda Ju-
goslavije/Fontes byzantini historiam populorum Jugoslaviae spectantes, ed. Georg Ostrogor-
ski/Franjo BariSic, Bd. TV, Belgrad 1971, S. 157 Anm. 169, Istorija srpskog naroda I (wie
Anm. 34), S. 259f. (Jovanka Kalic) und Bozidar Ferjanöic, Les etats et les rapports intematio-
naux, in: The 17th International Byzantine Congress. Major Papers. Dumbarton Oaks/George-
town University, Washington D.C., August 3-8, 1986, New Rochelle/N.Y. [1986], S. 639-668,
hier 640f., und Lesny, Studia (wie Anm. 17), S. 223f. Daß die byzantinische Herrschaft an der
mittleren Donau (Raum Belgrad bis Branicevo) theoretisch noch bis etwa 1200 dauerte, schloß
man aus dem byzantinischen Privileg für Venedig von 1198 (Dölger/Wirth, Regesten [wie
Anm. 19], Nr. 1647), vgl. Istorija srspskog naroda I, S. 265 (Sima Cirkovic), sowie Jovanka Ka-
lit, s.v. Belgrad, in: LexMAI, 1980, Sp. 1841f. und Ivan Djuric/Alexander Kazhdan, s.v. Bra-
nicevo, in: ODB 1, 1991, S. 320; faktisch dürfte sie aber schon 1195 durch die ungarische (um
1200 zeitweilig auch bulgarische) Herrschaft abgelöst worden sein, vgl. Petär Koledarov, Po-
liticeska geografija na srednovekovnata bälgarska därzava, Vtora cast (1186-1396)/Political
geography of the medieval Bulgarian state, part n, from 1186 to 1396, Sofia 1989, S. 40 (mit Kar-
te).
41 Zur Eheschließung zu diesem Zeitpunkt s. Georg Ostrogorsky, Geschichte des byzantini-
schen Staates (Handbuch der Altertumswissenschaft, XII, 1,2), München 31963, S. 337 sowie den
Kommentar von Jovanka Kalic, in: Vizantijski izvori... IV (wie Anm. 40), S. 165 Anm. 199, Isto-
rija Srpskog naroda I (wie Anm. 34), S. 259f. (Jovanka Kalic) und zuletzt Schmitt, Balkanpoli-
tik (wie Anm. 20), S. 30 (lies aber Eudokia statt Euphrosyne), u. Franz Tinnefeld, Byzantini-
sche auswärtige Heiratspolitik vom 9. zum 12. Jahrhundert. Kontinuität und Wandel der Prinzi-
pien und der praktischen Ziele, in: Byzantinoslavica 54, 1993, S. 21-28, hier 27. Zu Stefans
Erhebung zum Sebastokrator und dem Rang dieses Würdentitels s. Bozidar Ferjanöic, Seva-
stokratori u Vizantiji (Resümee: Les sebastocratores ä Byzance), in: ZRVI 11, 1968, S. 141-192,
hier 168-170.
Günter Prinzing
gen die Serben, es kam zur Schlacht an der Morava, in einem Spätherbst des Zeit-
raums 1190-119239. Wurde diese Schlacht auch von den Byzantinern als Sieg gefei-
ert, so sah doch der Friedensschluß mit den unterlegenen Serben gewisse territoria-
le Zugeständnisse seitens der Byzantiner vor, die aber vorerst die Linie Nis-Belgrad
behaupten konnten; zudem blieb die relative Autonomie des Großzupans ge-
wahrt40. Daß sich Serbiens Stellung trotz der Niederlage dennoch verbesserte, weil
es gleichsam ein Mitglied des Byzantine Commonwealth wurde, lag am erstmaligen
Arrangement einer politischen Heirat zwischen Byzantinern und Serben: Eudokia
Angelina, eine Nichte Isaaks II., heiratete den Sohn und späteren Nachfolger des
Großzupans, Stefan Nemanjic (erst nach 1195, unter Alexios III. Angelos, also nicht
schon bei seiner Hochzeit, wurde er als Schwager des Kaisers mit der hohen Seba-
stokrator-Würde bedacht). Auf diese Weise hatten die Byzantiner das Netz familiä-
rer Beziehungen über Ungarn hinaus auf Serbien ausgedehnt, wohl in der Hoff-
nung, hiermit auch ihre Position gegenüber Ungarn gestärkt zu haben41. Mit dem
günstigen Ausgang ihres Unternehmens gegen Serbien konnten die Byzantiner den
Ungarn gegenüber mit größerer Bestimmtheit ihre Auffassung vertreten, daß das
orthodoxe Serbien zur byzantinischen Einflußzone gehöre und Belgrad, Branicevo
sowie Nis als byzantinischer Reichs-Besitz weiterhin unantastbar seien: Nicht zu-
39 Brand, Byzantium (wie Anm. 24), S. 93f. und Istorija srpskog naroda I (wie Anm. 34), S. 259,
Jan-Louis van Dieten, Niketas Choniates. Erläuterungen zu den Reden und Briefen nebst ei-
ner Biographie (Supplementa Byzantina 2), Berlin 1971, S. 82-86 (diskutiert ausführlich die
Chronologie der Schlacht, danach wäre außer Herbst 1190 auch die entsprechende Datierung in
den Herbst 1191 oder 1192 nicht auszuschließen).
40 Dölger/Wirth, Regesten (wie Anm. 19), Nr. 1605 (Dat.: 1190 Herbst/1192 Herbst). - Vgl. auch
in Ergänzung zur dort gegebenen Literatur: Dimitri Obolensky, The Byzantine Common-
wealth. Eastern Europe, 500-1453, London 1971, S. 222, Vizantijski izvori za istoriju naroda Ju-
goslavije/Fontes byzantini historiam populorum Jugoslaviae spectantes, ed. Georg Ostrogor-
ski/Franjo BariSic, Bd. TV, Belgrad 1971, S. 157 Anm. 169, Istorija srpskog naroda I (wie
Anm. 34), S. 259f. (Jovanka Kalic) und Bozidar Ferjanöic, Les etats et les rapports intematio-
naux, in: The 17th International Byzantine Congress. Major Papers. Dumbarton Oaks/George-
town University, Washington D.C., August 3-8, 1986, New Rochelle/N.Y. [1986], S. 639-668,
hier 640f., und Lesny, Studia (wie Anm. 17), S. 223f. Daß die byzantinische Herrschaft an der
mittleren Donau (Raum Belgrad bis Branicevo) theoretisch noch bis etwa 1200 dauerte, schloß
man aus dem byzantinischen Privileg für Venedig von 1198 (Dölger/Wirth, Regesten [wie
Anm. 19], Nr. 1647), vgl. Istorija srspskog naroda I, S. 265 (Sima Cirkovic), sowie Jovanka Ka-
lit, s.v. Belgrad, in: LexMAI, 1980, Sp. 1841f. und Ivan Djuric/Alexander Kazhdan, s.v. Bra-
nicevo, in: ODB 1, 1991, S. 320; faktisch dürfte sie aber schon 1195 durch die ungarische (um
1200 zeitweilig auch bulgarische) Herrschaft abgelöst worden sein, vgl. Petär Koledarov, Po-
liticeska geografija na srednovekovnata bälgarska därzava, Vtora cast (1186-1396)/Political
geography of the medieval Bulgarian state, part n, from 1186 to 1396, Sofia 1989, S. 40 (mit Kar-
te).
41 Zur Eheschließung zu diesem Zeitpunkt s. Georg Ostrogorsky, Geschichte des byzantini-
schen Staates (Handbuch der Altertumswissenschaft, XII, 1,2), München 31963, S. 337 sowie den
Kommentar von Jovanka Kalic, in: Vizantijski izvori... IV (wie Anm. 40), S. 165 Anm. 199, Isto-
rija Srpskog naroda I (wie Anm. 34), S. 259f. (Jovanka Kalic) und zuletzt Schmitt, Balkanpoli-
tik (wie Anm. 20), S. 30 (lies aber Eudokia statt Euphrosyne), u. Franz Tinnefeld, Byzantini-
sche auswärtige Heiratspolitik vom 9. zum 12. Jahrhundert. Kontinuität und Wandel der Prinzi-
pien und der praktischen Ziele, in: Byzantinoslavica 54, 1993, S. 21-28, hier 27. Zu Stefans
Erhebung zum Sebastokrator und dem Rang dieses Würdentitels s. Bozidar Ferjanöic, Seva-
stokratori u Vizantiji (Resümee: Les sebastocratores ä Byzance), in: ZRVI 11, 1968, S. 141-192,
hier 168-170.