Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Hehl, Ernst-Dieter [Bearb.]
Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 6: Stuttgart, 2002

DOI Artikel:
Prinzing, Günter: Das Papsttum und der orthodox geprägte Südosten Europas 1180-1216
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34720#0158

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
150

Günter Prinzing

das letzte, oben schon mehrfach erwähnte im Wortlaut überliefert ist, hat zur glei-
chen Zeit - gleichsam in einer für das Verhältnis zwischen Kaiser und Patriarch ide-
altypischen Kooperation - auch der damalige Patriarch von Konstantinopel, Geor-
gios II. Xiphilinos, ein Schreiben an Coelestin III. gerichtet: Es ist von demselben Lo-
gotheten Demetrios Tomikes aufgesetzt worden, der auch das erwähnte Schreiben
des Kaisers an diesen Papst konzipiert hatte45. (Ein in den Kaiserregesten angeführ-
tes zweites Schreiben Isaaks II. an Coelestin III. aus dem Jahr 1192/3 hat es übrigens
nicht gegeben, das Regest ist zu streichen)46.
Betrachten wir beide Schreiben aus der Angeloi-Ära etwas genauer, und zwar
zunächst den Brief Kaiser Isaaks II. an den Papst. Er ist seit dem grundlegenden Ar-
tikel Vitalien Laurents über die römisch-byzantinischen Beziehungen unter Coe-
lestin III.47 in der Literatur noch mehrfach behandelt worden, zuletzt in der Ge-
schichte des Christentums (Band 5) durch Evelyne Patlagean, die jedoch nur auf die
beiden ersten Abschnitte des Briefes eingeht48. In ihnen behandelt der Kaiser ein-
gangs das Problem der Glaubensdifferenzen und der politischen Einheit der Chri-
sten: Was die theologischen Kontroversfragen, darunter das Filioque und die Azy-
men, angeht, so minimalisiert er nachgerade die Differenzen durch die Feststellung,
die Union sei leicht zu bewerkstelligen, sobald Gott für die rechte Gelegenheit sorge
und der Papst der Entsendung von Legaten zustimme. - Betrübt aber müsse er, so
der Kaiser im zweiten Abschnitt, mit ansehen, daß das Heilige Grab samt den Heili-
gen Stätten, an denen Christus gewirkt habe, wieder in Besitz der Ungläubigen sei
und die unzähligen, hier zusammengeströmten Völker der Lateiner, die alle mögli-
chen Gegner besiegt hätten, unverrichteter Dinge wieder abgezogen seien. Gottes
Ratschlüsse seien zwar unbegreiflich, erkennen lasse sich aber doch eine der Ursa-
chen dieses Unglücks: Uneinigkeit, Eifersucht, Rivalität und Bürgerkriege unter den
dortigen Anführern sowie die Mißachtung Gottes beim Verfolgen der Sache Gottes
hätten das Scheitern herbeigeführt. (Liegt hier vielleicht ein byzantinischer Reflex
auf Gregors VIII. Enzyklika Audita tremendi von 1187 vor?49).

Papst gerichteten Briefes), Spiteris, La critica (wie Anm. 7), S. 218-224, Istorija srpskog naroda I
(wie Anm. 34), S. 260f. (Jovanka Kalic), Mark, Ärpäds (wie Anm. 19), S. 107 u. 110 (jeweils nur
zu Nr. 1615) sowie 123, ferner Schmitt, Balkanpolitik (wie Anm. 20), S. 29 (lies in Anm. 24 aber
Coelestin III. statt Innozenz III.).
45 Text und Übersetzung bei: Georges et Demetrios Tomikes, Lettres et discours, ed. Jean Darrou-
zes (wie Anm. 43), Nr. 34, S. 346-353. Vgl. Grumel/Darrouzes, Regestes (wie Anm. 1), Nr. 1183
und zu den dortigen Literatur-Angaben ergänzend Spiteris, La critica (wie Anm. 7), S. 216-218,
Beck, Geschichte (wie Anm. 5), S. 156 u. Winkelmann, Kuchen (wie Anm. 5), S. 121; weitere
Angaben auch unten Anm. 51.
46 Vgl. Dölger/Wirth, Regesten (wie Anm. 19), Nr. 1606a. Der dort angeführten Edition des frag-
lichen Briefes ist klar zu entnehmen, daß es sich hierbei um ein bereits 1156 abgesandtes Schrei-
ben Kaiser Manuels I. an Papst Hadrian IV. handelt, das der Metropolit von Ephesos, Georgios
Tomikes, ein Bruder des Logotheten, entworfen hatte, s. Georges et Demetrios Tomikes, Lettres
et discours, ed. Jean Darrouzes (wie Anm. 43), S. 17f. u. 324 Anm. 2, vgl. auch Hussey, The Or-
thodox Church (wie Anm. 2), S. 173, Magdalino, Empire (wie Anm. 2), S. 58 (lies aber in
Anm. 112 in der Klammer 325 statt 125). Auf den Irrtum P. Wirths hat kürzlich auch Christian
Gastgeber in seiner Rezension des Regestenwerks, in: BZ 90, 1997, S. 468-483, hier 481 hinge-
wiesen. - Vgl. auch unten Anm. 54.
47 Vgl. oben Anm. 22.
48 Vgl. Patlagean, Konstantinopel (wie Anm. 2), S. 382, ansonsten oben Anm. 44.
49 JL 16019, vgl. Louise u. Jonathan Riley-Smith, The Crusades. Idea and Reality, 1095-1274,
London 1981, S. S. 63-67 und Ian S. Robinson, The Papacy 1073-1198. Continuity and Innova-
 
Annotationen