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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Hehl, Ernst-Dieter [Bearb.]
Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 6: Stuttgart, 2002

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Hiestand, Rudolf: Das Papsttum und die Welt des östlichen Mittelmeers im 12. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.34720#0202

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Rudolf Hiestand

erste lateinische Patriarch von Antiochia und vorher Kaplan Adhemars von Le Puy.
Am Konzil von Clermont nahmen der künftige Patriarch Daimbert von Pisa und
der kurz nach Adhemar im Osten verstorbene Bischof Wilhelm von Orange teil, der
im Winter 1095/96 im Auftrag Urbans II. nach Genua gegangen war. Arnulf von
Martorano dagegen, dem Intrusus von Bethlehem, der dann in den Wochen zwi-
schen der Eroberung Jerusalems und der ersten Schlacht bei Askalon spurlos ver-
schwand, dürfte der Papst in Süditalien begegnet sein. Bei der Zusammenkunft in
Lucca im Herbst 1096 waren der erste lateinische Bischof von Lydda, Robert von
Rouen, im Gefolge Roberts von der Normandie dabei, und der spätere erste Leiter
der Kirche der Hl. Stadt, Arnulf von Choques, erhielt dort seine cura animarum für
eine Abteilung des Kreuzfahrerheeres.
Dennoch darf dies nicht zum Schluss verleiten, sie seien für ihre künftigen Äm-
ter vorgesehen oder gar bestellt worden. Urban II. kannte sie als Pilger, als die gros-
se Kreuzzugsführer begleitenden Geistlichen, nicht als Siedler oder Kirchengrün-
der. Im Sinne der Predigt und des Kreuzzugskanons von Clermont befanden sie sich
wie alle Kreuzfahrer auf einem iter mit zwei möglichen Ausgängen: dem Tod unter-
wegs oder der Rückkehr nach Hause. Bezeichnenderweise beruft sich nachher mit
Ausnahme Daimberts42 keiner von ihnen auf seine Begegnung mit dem Papst oder
gar einen ihm dabei erteilten Auftrag, selbst Arnulf von Choques nicht, der auf die-
se Weise seine Position in dem langen Konflikt um seine Person und sein Wirken ge-
wiss erheblich verbessert hätte. Genausowenig nahm von der anderen Seite aus
Paschalis II., der wohl in Clermont dabeigewesen war43 und in Lucca, wo Arnulf
und Alexander ihre cura animarum bekommen hatten, die Begegnung mit den
Kreuzfahrern miterlebte, je auf eine auf diese Zeit zurückreichende Bekanntschaft
oder Vertrautheit mit einzelnen Exponenten der lateinischen Kirche im Osten Be-
zug, insbesondere nicht als er im Jahre 1116 das endgültige Urteil über den Patriar-
chenstuhl fällte44.
Da die Kreuzfahrerkirche und die Kreuzfahrerstaaten ohne den Papst, ja gegen
seine ursprünglichen Plan entstanden, führte andererseits auf der Seite der Kreuz-
fahrer die Rechtsunsicherheit zum Bedürfnis nach Legitimierung. Diese erhoffte
man sich durch den Papst, wie bereits erwähnt, für die Erhebung Bethlehems zum
Bistum in den Jahren 1108-1110, was es in der alten Kirche und während der byzan-
tinischen Zeit nie gewesen war45, für die kirchliche Struktur Galiläas mit Nazareth
als neuer Metropole anstelle von Skythopolis und für den gescheiterten Versuch, in
Joppe ein Bistum einzurichten46. Zum ersten Mal - sieht man von jener Aufforde-
rung aus dem Herbst 1098 ab, zu ihnen zu kommen, weil Adhemar tot und er, Ur-
ban, der Vater des Kreuzzuges sei47 - wandten sich die Kreuzfahrer an den Papst im
Sommer 1099, als es um die kirchliche Neuordnung Jerusalems ging. Die Gründe la-
gen nicht primär in der Person Arnulfs von Choques, der zwar hochgebildet, doch

42 RRH. (wie Anm. 8), Nr. 36.
43 Robert Somerville, The Council of Clermont and Latin Christian Society, in: Archivum Histo-
riae Pontificiae 12,1974, S. 55-90.
44 JL 6528, ed. Hiestand, Kirchen im Heiligen Lande (wie Anm. 3), S. 124 Nr. 19.
45 Mayer, Bistümer (wie Anm. 23), S. 44-80.
46 JL 11568, ed. Hiestand, Kirchen im Heiligen Lande (wie Anm. 3), S. 260 Nr. 101. Vgl. Mayer,
Bistümer (wie Anm. 23), S. 197ff.
47 Wie Anm. 28.
 
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