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Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]; Hehl, Ernst-Dieter [Oth.]
Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 6: Stuttgart, 2002

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Zey, Claudia: Zum päpstlichen Legatenwesen im 12. Jahrhundert. Der Einfluß von eigener Legationspraxis auf die Legatenpolitik der Päpste am Beispiel Paschalis‘ II., Lucius‘ II. und Hadrians IV.
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https://doi.org/10.11588/diglit.34720#0255

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Zum päpstlichen Legatenwesen im 12. Jahrhundert

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Auf beiden Seiten wurde dieser Auftrag ernst genommen: Paschalis wies Bernhard
wiederholt an, in die immer neuen Auseinandersetzungen innerhalb der spanischen
Kirche einzugreifen, während dieser die anderen spanischen Bischöfe seinen Vor-
rang deutlich spüren ließ26. Andererseits zögerte Paschalis nicht, Übergriffe und Ei-
genmächtigkeiten des ehrgeizigen Toledaners zu ahnden: Bereits 1103 war Bern-
hard seiner Legatengewalt über die Kirche von Burgos entsetzt worden27. Das wie-
derholte sich 1114 unter Einschluß der gesamten Kirchenprovinz von Braga28. Zu
diesem Zeitpunkt befand sich Bernhard ohnehin in einer geschwächten Position,
weil die politischen Wirren nach dem Tod König Alfons' VI. von Kastilien-Leön 1109
zu seiner zeitweiligen Vertreibung aus der Metropole geführt hatten29. Außerdem
kam es seit dieser Zeit zum andauernden Streit zwischen dem Primatialsitz von To-
ledo und dem Metropolitansitz von Braga über die kirchenrechtliche Zugehörigkeit
verschiedener Bistümer30. Diese Situation wollte Bischof Diego Gelmirez von San-
tiago de Compostela für sein Ansinnen ausnutzen, ebenfalls die Metropolitan würde
zu erhalten31. Statt also ordnend, entsprechend seiner Stellung als Primas und
päpstlicher Vikar, die Neuorganisation der spanischen Kirche zu lenken, stand
Bernhard von Toledo selbst im Zentrum der Querelen. Deswegen ging Paschalis all-
mählich dazu über. Auswärtigen die Klärung der spanischen Angelegenheiten zu
überlassen. 1113 beauftragte er Abt Pontius von Cluny32,1116 wurde Kardinal Boso

mittelalter, in: Annuarium Historiae Conciliorum 1,1969, S. 243f. mit Anm. 58f. JL 5643 ist in JLI,
S. 687 noch zu 1096 eingeordnet, woraus die falschen Angaben bei Gerhard Säbekow, Die päpst-
lichen Legationen nach Spanien und Portugal bis zum Ausgang des XII. Jahrhunderts, Diss. phil.
Berlin 1931, S. 71f. und ihm folgend Robinson, Papacy (wie Anm. 1), S. 155 resultieren.
26 Vgl. Servatius, Paschalis (wie Anm. 10), S. 125; Vones, Historia (wie Anm. 18), S. 132ff., 143,
153f., 164ff„ 296 u. 306.
27 Vgl. Engels, Papsttum (wie Anm. 25), S. 257 mit Anm. 98, (JL-) wohl vom 4. Mai 1103. Schon
unter Urban II. ist die Exemtion von Burgos provisorisch ausgesprochen worden (JL 5653), die
Paschalis am 12. November 1108 (JL 6209) und am 3. November 1109 (JL 6245) bestätigte und
mit der Funktionsunfähigkeit Tarragonas begründete; vgl. auch Servatius, Paschalis (wie
Anm. 10), S. 125. 1104 wurde zudem das Suffraganbistum Leon eximiert, 1105 Oviedo, vgl. ebd.
S. 125f. mit Anm. 60f.
28 Zum Schreiben vom 3.11.1114 (JL 6475) vgl. Servatius, Paschalis (wie Anm. 10), S. 128f.; Vones,
Historia (wie Anm. 18), S. 333ff. Von Calixt II. wurde diese Regelung 1120 bestätigt, vgl. Vones,
S. 384.
29 Vgl. Servatius, Paschalis (wie Anm. 10), S. 126; Vones, Historia (wie Anm. 18), S. 300f.
30 Vgl. Vones, Historia (wie Anm. 18), S. 292.
31 Vgl. ebd., S. 292ff. Eine endgültige Durchsetzung seiner Ansprüche gelang Diego allerdings erst
unter Calixt II., vgl. Servatius, Paschalis (wie Anm. 10), S. 133f.; Richard A. Fletcher, Saint Ja-
mes's Catapult. The Life and Times of Diego Gelmirez of Santiago de Compostela, Oxford 1984,
S. 196ff.; kritisch zu dieser Arbeit Klaus Herbers, Santiago de Compostela zur Zeit von Bischof
und Erzbischof Diego Gelmirez (1098/99-1140), in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 98, 1987,
S. 89-102, zu dem Abschnitt über Diego Gelmirez und das Papsttum S. 97-99.
32 Mit einem Brief vom 14. April 1113 an Erzbischof Bernhard von Toledo sowie die übrigen
Bischöfe und Fürsten Spaniens (JL 6350) wird ein päpstlicher Legat angekündigt, der die Ver-
hältnisse in der spanischen Kirche ordnen soll. Charles Julian Bishko, The Spanish Journey of
Abbot Ponce of Cluny, in: Ricerche di storia religiosa. Studi in onore di Giorgio La Piana (Rivista
di studi storico-religiosi 1), Roma 1957, S. 311-319 (auch in: Ders., Spanish and Portuguese Mo-
nastic History 600-1300 [Variorum Collected Studies Series 188], London 1984, Nr. 10 mit »Ad-
ditional Note«) datiert die Legation des Pontius infolgedessen auf den Spätsommer 1113 entge-
gen der Einordnung in der Historia Compostellana und legt überzeugend dar, daß es sich nur
um den Abt von Cluny, nicht den von S. Michele della Chiusa, der wegen der falschen Schreib-
 
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