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Günter Prinzing
bekam, ca. 1206/07 durch ihren gemeinsamen Bruder, den Athos-Mönch
Sava/Rastko (später der erste serbische Erzbischof)99 versöhnt wurden. Serbien im
engeren Sinn (d. h. Raszien) blieb somit kirchlich auf Dauer im orthodoxen Einfluß-
bereich, und zwar zunächst noch - bis 1219, dem Jahr der Errichtung des autoke-
phalen Erzbistums Serbien - im Bereich des autokephalen Ohrider Erzbistums.
Auch als es unter veränderten politischen Vorzeichen 1217 zur Krönung Stefan Ne-
manjics mit einer von Papst Honorius III. übersandten Krone kam, deren Übergabe
sicher ein (möglicherweise aber nur persönlich auf den Herrscher bezogenes) Be-
kenntnis zum katholischen Glauben voraussetzte, änderte sich daran prinzipiell
nichts100.
Was nun Bulgarien angeht, so sind die Unions-Verhandlungen zwischen den
Bulgaren und Innozenz III., es handelt sich um ein Dossier von rund 30 Akten, reich
dokumentiert und gut erforscht. Es wäre daher verführerisch, angesichts der her-
vorragenden Präsentation des einschlägigen Briefwechsels in der kritischen Neu-
Ausgabe der Register Innozenz III. hier nochmals in die Details zu gehen101. Aus
Raumgründen kann ich die Geschichte der Verhandlungen hier aber nur in ihren
Grundzügen behandeln, und zwar im Hinblick darauf, welche Ziele beide Seiten
verfolgten, zu welchen Resultaten man gelangte und in welcher Weise sich die ver-
einbarte Union kirchlich und politisch ausgewirkt hat; auf neue Aspekte bei Detail-
fragen kann ich daher nur in einigen wenigen Fällen aufmerksam machen.
Der Papst übermittelte seinen ersten Brief an Zar Kalojan, den er einstweilen le-
diglich als nobilis vir lohannitius anredete, Ende 1199/Anfang 1200 - nach langer
99 Vgl. zu ihm Robert Browning, s.v. Sava of Serbia, in: ODB 3,1991, S. 1847 und Sima Cirkoviü,
s.v. Sava I., in: LexMA VII, 1995, Sp. 1407.
100 Vgl. Günter Prinzing, Die Bedeutung Bulgariens und Serbiens in den Jahren 1204-1219 [...]
(Miscellanea Byzant. Monac. 12), München 1972, S. 155f. u. 169, Istorija srpskog naroda I (wie
Anm. 34), S. 270 (Sima Cirkovic) u. 297-309 (Bozidar Ferjancic), ferner Ferjanüic, Les etats
(wie Anm. 40), S. 644f., Ders., Srbija (wie Anm. 98), S. 120-122, Fine, Late Medieval Balkans
(wie Anm. 34), S. 106-109 u. 116-119, und Frank Kämpfer, Politik und Herrscher, Stifter, Heili-
ger. Politische Heihgenkulte bei den orthodoxen Südslaven, in: Jürgen Petersohn (Hg.), Poli-
tik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter (Vorträge und Forschungen 42), Sigmaringen
1994, S. 423-445, hier S. 431 (zur Bedeutung des Nemanja-Kultes für die Integration des serbi-
schen Staates).- Die Feststellung von Jerzy Kloczowski, Die »Neue Christenheit« im 12. Jahr-
hundert: Von Skandinavien bis zum Balkan, in: Vauchez (Hg.), Machtfülle (wie Anm. 2),
S. 326-348, hier 342: »Damit hatten sich alle Völker auf dem Balkan der byzantinischen Herr-
schaft entzogen und der westlich-lateinischen Orientierung angeschlossen, ohne freilich den Ri-
tus zu wechseln«, ist daher im Hinblick auf die Verhältnisse in Serbien nur sehr bedingt richtig.
Und was Ders., Die Konsolidierung der »Neuen Christenheit« im 13. Jahrhundert, in: ebd.,
S. 688-715, hier 708f. schreibt, ist leider auch teilweise fehlerhaft, nämlich daß »Fürst Stephan
Nemanja« (lies: Großzupan Stefan II. Nemanja oder: Stefan Nemanjic) 1218 (lies: 1217) gekrönt
worden sei und seitdem den Namen des »Erstgekrönten« (Provocencani) (lies: Prvovencani) ge-
tragen habe.
101 Vgl. zur bisherigen Erforschung des (jeweils vom Bulgarischen über das Griechische ins Latei-
nische übersetzten) Briefwechsels und seinen Editionen zuletzt vor allem Hintner, Die Ungarn
(wie Anm. 88), S. 12-19 (Editionen/Sek.-Literatur) u. passim, ergänzend dazu bezüglich der
Texte die Neuedition im Rahmen der Rinn., ferner an Sekundärliteratur folgende Arbeiten:
Sweeney, Innocent III (wie Anm. 98), Hintner, Die Beziehungen (wie Anm. 96), Vasil Gjuze-
lev. Das Papst[t]um und Bulgarien im Mittelalter, (1977) ND in: Ders., Forschungen (wie
Anm. 33), S. 175-199, hier 183-186, Gill, Byzantium (wie Anm. 61), S. 21f. und Ani Danüeva-
Vasileva, Bälgarija (wie Anm. 98), S. 38-56. Vgl. auch die Hinweise in den folgenden Fußnoten.
Günter Prinzing
bekam, ca. 1206/07 durch ihren gemeinsamen Bruder, den Athos-Mönch
Sava/Rastko (später der erste serbische Erzbischof)99 versöhnt wurden. Serbien im
engeren Sinn (d. h. Raszien) blieb somit kirchlich auf Dauer im orthodoxen Einfluß-
bereich, und zwar zunächst noch - bis 1219, dem Jahr der Errichtung des autoke-
phalen Erzbistums Serbien - im Bereich des autokephalen Ohrider Erzbistums.
Auch als es unter veränderten politischen Vorzeichen 1217 zur Krönung Stefan Ne-
manjics mit einer von Papst Honorius III. übersandten Krone kam, deren Übergabe
sicher ein (möglicherweise aber nur persönlich auf den Herrscher bezogenes) Be-
kenntnis zum katholischen Glauben voraussetzte, änderte sich daran prinzipiell
nichts100.
Was nun Bulgarien angeht, so sind die Unions-Verhandlungen zwischen den
Bulgaren und Innozenz III., es handelt sich um ein Dossier von rund 30 Akten, reich
dokumentiert und gut erforscht. Es wäre daher verführerisch, angesichts der her-
vorragenden Präsentation des einschlägigen Briefwechsels in der kritischen Neu-
Ausgabe der Register Innozenz III. hier nochmals in die Details zu gehen101. Aus
Raumgründen kann ich die Geschichte der Verhandlungen hier aber nur in ihren
Grundzügen behandeln, und zwar im Hinblick darauf, welche Ziele beide Seiten
verfolgten, zu welchen Resultaten man gelangte und in welcher Weise sich die ver-
einbarte Union kirchlich und politisch ausgewirkt hat; auf neue Aspekte bei Detail-
fragen kann ich daher nur in einigen wenigen Fällen aufmerksam machen.
Der Papst übermittelte seinen ersten Brief an Zar Kalojan, den er einstweilen le-
diglich als nobilis vir lohannitius anredete, Ende 1199/Anfang 1200 - nach langer
99 Vgl. zu ihm Robert Browning, s.v. Sava of Serbia, in: ODB 3,1991, S. 1847 und Sima Cirkoviü,
s.v. Sava I., in: LexMA VII, 1995, Sp. 1407.
100 Vgl. Günter Prinzing, Die Bedeutung Bulgariens und Serbiens in den Jahren 1204-1219 [...]
(Miscellanea Byzant. Monac. 12), München 1972, S. 155f. u. 169, Istorija srpskog naroda I (wie
Anm. 34), S. 270 (Sima Cirkovic) u. 297-309 (Bozidar Ferjancic), ferner Ferjanüic, Les etats
(wie Anm. 40), S. 644f., Ders., Srbija (wie Anm. 98), S. 120-122, Fine, Late Medieval Balkans
(wie Anm. 34), S. 106-109 u. 116-119, und Frank Kämpfer, Politik und Herrscher, Stifter, Heili-
ger. Politische Heihgenkulte bei den orthodoxen Südslaven, in: Jürgen Petersohn (Hg.), Poli-
tik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter (Vorträge und Forschungen 42), Sigmaringen
1994, S. 423-445, hier S. 431 (zur Bedeutung des Nemanja-Kultes für die Integration des serbi-
schen Staates).- Die Feststellung von Jerzy Kloczowski, Die »Neue Christenheit« im 12. Jahr-
hundert: Von Skandinavien bis zum Balkan, in: Vauchez (Hg.), Machtfülle (wie Anm. 2),
S. 326-348, hier 342: »Damit hatten sich alle Völker auf dem Balkan der byzantinischen Herr-
schaft entzogen und der westlich-lateinischen Orientierung angeschlossen, ohne freilich den Ri-
tus zu wechseln«, ist daher im Hinblick auf die Verhältnisse in Serbien nur sehr bedingt richtig.
Und was Ders., Die Konsolidierung der »Neuen Christenheit« im 13. Jahrhundert, in: ebd.,
S. 688-715, hier 708f. schreibt, ist leider auch teilweise fehlerhaft, nämlich daß »Fürst Stephan
Nemanja« (lies: Großzupan Stefan II. Nemanja oder: Stefan Nemanjic) 1218 (lies: 1217) gekrönt
worden sei und seitdem den Namen des »Erstgekrönten« (Provocencani) (lies: Prvovencani) ge-
tragen habe.
101 Vgl. zur bisherigen Erforschung des (jeweils vom Bulgarischen über das Griechische ins Latei-
nische übersetzten) Briefwechsels und seinen Editionen zuletzt vor allem Hintner, Die Ungarn
(wie Anm. 88), S. 12-19 (Editionen/Sek.-Literatur) u. passim, ergänzend dazu bezüglich der
Texte die Neuedition im Rahmen der Rinn., ferner an Sekundärliteratur folgende Arbeiten:
Sweeney, Innocent III (wie Anm. 98), Hintner, Die Beziehungen (wie Anm. 96), Vasil Gjuze-
lev. Das Papst[t]um und Bulgarien im Mittelalter, (1977) ND in: Ders., Forschungen (wie
Anm. 33), S. 175-199, hier 183-186, Gill, Byzantium (wie Anm. 61), S. 21f. und Ani Danüeva-
Vasileva, Bälgarija (wie Anm. 98), S. 38-56. Vgl. auch die Hinweise in den folgenden Fußnoten.