Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0032
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
20

DAhno regni discordia - Das entzweite Reich (1077-1125)

nährten. Die Herrschaft Heinrichs IV. wurde als Tyrannei empfunden^, weil der
König das Recht nicht schützte, sondern es beugte^. Positiv gewendet heißt das:
Der Herrscher hatte die Rechtsordnung zu stützen, die sowohl einer Rechtsge-
meinschaft im speziellen als auch dem Verhältnis zwischen dieser und dem Reich
im allgemeinen zugrunde lag; er hatte das Ansehen und den Rang der Fürsten zu
respektieren, mußte ihren Rat und ihre Zustimmung einholen; seine Herrschaft
sollte ausgleichen und stabilisieren.
Da Heinrich diesen Vorstellungen eines guten und gerechten Herrschers in
keiner Weise entsprach, die Ordnung durch ihn sogar gefährdet wurde, sahen sich
die Sachsen zum letzten Mittel der Selbstverteidigung aufgerufeiW. Drei Aspekte
erscheinen in diesem Zusammenhang von Bedeutung: zum einen die immer häu-
figer werdende Anrufung eines Fürsten- anstelle des Königsgerichts, in der sich
der Niedergang des königlichen Ansehens und das wachsende Mißtrauen ge-
genüber der herrscherlichen Gerechtigkeit manifestierten; zum zweiten das Pro-
blem des Treueids, den man dem König geleistet hatte und der durch den Wider-
stand gebrochen zu werden schien; und schließlich das genossenschaftliche
Element dieses Widerstands, die Betonung des gemeinsamen Agierens gegen die
Bedrohung.
Von der Anrufung eines Fürstengerichts berichtet Lampert schon im Kontext
der Verhandlungen zwischen Sachsen und königlichen Gesandten im Jahr 1073: Der
König solle sich, so der Vorschlag der Gesandten, vor den versammelten Fürsten von
den gegen ihn erhobenen Vorwürfen reinigen^; auch bei Bruno ist der Gedanke häu-
fig belegt, auch bei ihm ist das Fürstengericht eine über die Reichsbelange entschei-
dende InstanzA Im Gegensatz zum Königsgericht leitete das Fürstengericht sich
nicht aus der Autorität des Herrschers, sondern aus der Verantwortung und der Ehre
der Großen her^. Zeigt sich in seiner häufigen Anrufung während des Sachsenkriegs
einerseits deutlich das tiefe Mißtrauen gegen einen König, der das Recht beugt, an-

von der Anklage gegen den Bayernherzog Otto von Northeim und in diesem Zusammenhang
auch von der Empörung der Fürsten über die Unbilligkeit des vom Herrscher geforderten Zwei-
kampfs: Cum in daec oorda discessMM esset, caMsan pn'wcipes de inä^Mifafe condAAm's ceperanf, wec do-
UMM nee e^MMm esse dicenfes, af domo aoMissimas, irde^ern'mae apad omaes exish'mah'oais ?iec ada
antyaam shn'stn ramon's macaia affamiaafas, aiaaam coajerre z'aderefar cam domine sceieraiissiaio, t?ai
si <?aid iageaadah's a pareaf Aas accepisset, id per Jarfa, per iafrociaia, deaayae per oaiaia oic;'ora?n
prodra iam dadam odd'fArassef. Vgl. auch SucHAN, Königsherrschaft, S. 46-48.
53 Brunos Buch vom Sachsenkrieg, c. 16, S. 23: fdaesi oero daar iaesis aaxdiaar Jerre aegdgedaaf, fy-
raaaidi Ares ia se ipsos frAaedaaf.
54 Annales Altahenses, ad a. 1072, S. 84 (wie Anm. 37); Brunos Buch vom Sachsenkrieg, c. 25, S. 29.
Vgl. SucHAN, Königsherrschaft, S. 49f.; zu Lamperts Begriff eines guten bzw. schlechten Königs
vgl. HoFFMANN, König, S. 129-133; zum Widerstandsrecht gegen einen tyrannischen Herrscher
siehe ULLMANN, Schranken der Königsgewalt, S. 17f.
55 Bereits zuvor hatten sie Heinrich IV. angeblich aufgefordert, seinen herrscherlichen Pflichten
gerecht zu werden, deren Einhaltung ihm der geleistete Treueschwur auferlegte. Vgl. Lampert,
Annalen, ad a. 1073, S. 152, das Zitat in Anm. 60.
56 Lampert, Annalen, ad a. 1073, S. 154.
57 Brunos Buch vom Sachsenkrieg, c. 41, S. 41; c. 42, S. 42; c. 45, S. 44; c. 51, S. 49. Vgl. dazu HoFF-
MANN, König, S. 112.
58 Vgl. KELLER, Zwischen regionaler Begrenzung..., S. 197; SCHUBERT, Geschichte Niedersachsens,
S.267.
 
Annotationen