Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0206
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
190

König, Fürsten und Reich - Eine Schlußbetrachtung

alle Kräfte gemeinsam ausgerichtet wurden, und es bestenfalls Uneinigkeit über
den einzuschlagenden Weg gab, dürfte es bei dem Begriff fzonor nicht nur dem heu-
tigen Historiker schwerfallen, seine konkreten Inhalte zu bestimmen. Schon für die
Zeitgenossen war der Begriff wohl vielschichtig und schillernd, eröffnete zahlreiche
Interpretationsmöglichkeiten, die den zunehmenden >privaten< Interessen Spiel-
raum ließen. Die Eintracht von Kirche und Reich, bisher als Selbstzweck, als höch-
ster Wert angesehen, wurde nun nur noch als Voraussetzung für ein übergeordne-
tes Ziel, für den Nutzen, die nüh'Hs, und die Rechte, den l!onor, des Reichs
interpretiert. Das Verhältnis von Regnum und Sacerdotium wurde damit auf eine
pragmatische Ebene reduziert, was zugleich ein bezeichnendes Licht auf die allge-
meine Entwicklung der Gesellschaft um die Mitte des 12. Jahrhunderts wirft, die mit
den ideellen Werten der reform-religiös bewegten Generationen vor ihr nicht mehr
viel verbinden konnte^.
Den entscheidenden, zukunftsweisenden Schritt tat Konrad III. allerdings
nicht; erst seinem Nachfolger Friedrich I. gelang es, den neuen Gedanken des
rngm zu instrumentalisieren und wiederum zum Leitmotiv für den »Wirkverbund«
von König und Fürsten zu erheben. Indem er das Reich zum Träger von Recht und
Sakralität stilisierte und die Stellung der Fürsten als Träger und Garanten der Ord-
nung des Reichs anerkannte, band er sie in seine eigene Herrschaftskonzeption ein:
Die Königswahl der deutschen Fürsten begründete danach auch den Anspruch auf
das Kaisertum, das dadurch unabhängig von der päpstlichen Zustimmung wurde.
Nicht der Papst vermittelte zwischen Gott und Herrscher, sondern die Fürsten wur-
den zur alleinigen Zwischeninstanz erklärt. Die Sakralität des Reichs, in der das
Kaisertum bereits begründet lag, ging unmittelbar auf Gott zurück, bedurfte keiner
Legitimation >von äußern. Herrscher und Fürsten, der eine als oberster Repräsen-
tant, die anderen als Träger des Reichs, partizipierten gleichermaßen am Reich, wur-
den zu einer neuen Handlungsgemeinschaft, zu einer neuen Einheit verbunden, de-
ren Ziel es war, den mgni zu wahren^. Zugleich kündigen sich darin bereits
die neuen Auseinandersetzungen mit dem Papsttum an, die ab 1159 die Geschichte
des Reichs und ganz Europas für lange Jahre bestimmen sollten.

58 Vgl. dazu oben S. 144f.
59 Vg]. oben S. 175ff.
 
Annotationen