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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0198
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182

König, Fürsten und Reich - Eine Schlußbetrachtung

len, um zum Wohl des Reichs die Erhebung des geeignetsten Kandidaten zu ge-
währleisten''.
Erst die Mißerfolge des Kreuzzugs und die infolge der häufigen Erkrankungen
Konrads einsetzende Stagnation der Reichspolitik führten in seinen letzten Regie-
rungsjahren zu einem erneuten Verfall des königlichen Ansehens. Die Wahl seines
Neffen Friedrich Barbarossa anstelle seines noch minderjährigen Sohnes zu seinem
Nachfolger mag eine Reaktion der Fürsten auf den desolaten Zustand des Reichs
gewesen sein und demonstriert insofern wiederum das Verantwortungsbewußtsein
der Großen, das sich mit ihrem Recht auf freie Wahl verband. Auch Barbarossa ak-
zeptierte dieses Recht und betonte dies sofort gegenüber dem Papst'^. Sein Regie-
rungsbeginn scheint ein weiteres Mal neue Impulse für die Zusammenarbeit von
König und Fürsten gegeben zu haben. In Gemeinschaft mit ihnen konnte er den
großen Konflikt, der die gesamte Regierungszeit Konrads überschattet hatte, die
Auseinandersetzungen um das Erbe Eleinrichs des Stolzen, gütlich beilegen. Wo im-
mer dies ohne Beeinträchtigung der Reichsrechte möglich war, kam Friedrich dem
Streben der Adligen nach Absicherung ihrer Besitz-, Herrschafts- und Ehrenrechte
entgegen''' und band auf diese Weise die Begünstigten in seine Herrschaft ein. Denn
als Gegenleistung für die Wahrung ihres Itonor wurden sie nun verstärkt zum
Reichsdienst herangezogen. Wie zum Teil schon seine Vorgänger verstand es Barba-
rossa, die Großen durch Fürstenurteile zu Mitträgern seiner Herrschaft zu machen.
Was ursprünglich aus einem Mißtrauen gegenüber dem Königsgericht heraus ent-
standen war, wurde nun vom Herrscher selbst instrumentalisiert, denn bereits
durch seine Fragestellung konnte er die Antwort der Fürsten maßgeblich beein-
flussen"".
Die große Feistung Friedrichs I. bestand jedoch in der ideellen Einbindung der
Fürsten: Indem er ihnen die Mittlerfunktion zwischen Gott und Herrscher nicht nur
bei der Übertragung der Königs-, sondern auch bei der Kaiserwürde zusprach, er-
kannte er nicht nur ihre Rolle als Träger des Reichs an, er beteiligte sie darüber hin-
aus an der Sakralität des Reichs, die sie - und nicht der Papst - an ihn selbst als den
obersten Repräsentanten dieses Reichs vermittelten. In der neuen, rein weltlichen
Herrschaftslegitimation und >Staats<konzeption war Friedrich maßgeblich auf die
Fürsten angewiesen, die nun anstelle des Papstes eine zentrale Rolle einnahmen"'.
König beziehungsweise Kaiser, Fürsten und Reich wurden so nach über hundert
Jahren in einer neuen Einheit wieder vereint.
Grundsätzlich blieb das Königtum trotz aller Anfechtungen rückwärtsge-
wandt, indem die alte Vorstellung eines Sakralkönigtums unter jedem Herrscher
neu belebt wurde. Immer wieder tendierten die Könige, ohne damit das Recht der
Fürsten auf freie Wahl in Frage stellen zu wollen, zu einer dynastischen Anbindung

17 Vgl. die Aussage Brunos, daß ein Königssohn eher durch die Wahl der Fürsten als aufgrund sei-
ner Abstammung zum König erhoben werden solle (Zitat oben S. 121, Anm. 239).
18 D F I. 5. Vgl. dazu oben S. 171 (Zitat wie Anm. 257).
19 Vgl. beispielsweise das >Privilegium minus<, mit dem Heinrich Jasomirgott für seinen Verzicht
auf das Herzogtum Bayern entschädigt wurde. Dazu APPELT, Privilegium minus.
20 Vgl. dazu VoLLRATH, Fürstenurteile.
21 Auch wenn die Kaiserkrönung natürlich noch durch den Papst erfolgte, hatte dieser Akt keine
Bedeutung mehr für die Legitimation; der Papst war nur noch >ausführendes Organe
 
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