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Peltzer, Jörg [Bearb.]; Schwedler, Gerald [Bearb.]; Töbelmann, Paul [Bearb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Politische Versammlungen und ihre Rituale: Repräsentationsformen und Entscheidungsprozesse des Reichs und der Kirche im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 27: Ostfildern, 2009

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Peltzer, Jörg,; Schwedler, Gerald,; Töbelmann, Paul,: Einleitung
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https://doi.org/10.11588/diglit.34740#0010

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Jörg Peltzer, Gerald Schwedler & Paul Töbelmann

Einleitung

Der vorliegende Band geht aus der Tagung »Versammlungen: Ritualisierung
und zeichenhafte Darstellung politischer Willensbildung im Vergleich« hervor,
die im November 2007 durch den Sonderforschungsbereich 619 »Ritualdyna-
mik« und das Historische Seminar/Institut für fränkisch-pfälzische Geschichte
und Landeskunde der Universität Heidelberg in den Räumen des Heidelberg
Center for American Studies (HCA) veranstaltet wurde. Ziel der Tagung war
die Kombination zweier ertragreicher Forschungstraditionen, der politik- und
verfassungsgeschichtlich orientierten Hoftagsforschung und der kulturge-
schichtlichen Forschungen zu Ritual und Ritualdynamik, um neue Erkennt-
nisse zu Struktur und Funktion von Versammlungen zu gewinnen.
Für viele Bereiche vormoderner Lebenswirklichkeit war eine derartige
Kombination zweier Forschungstraditionen erfolgreich zur Anwendung ge-
kommen.1 Der Ansatz, historische Auf- und Ausführung von Ritualen zum
Zentrum einer erkenntnisleitenden Frage zu machen, reagiert auf die Über-
lieferungssituation, die es oftmals unmöglich macht, Abläufe politischer Wil-
lensbildung konkret zu fassen. Gerade in historiographischen Quellen wird
auf die Ritualisierung der (einmal gefundenen) Entscheidung aber nicht selten
ausführlicher eingegangen. So können wir auf dem Weg über sie Rückschlüsse
auf Machtverhältnisse, Zugeständnisse, Ehrgefühle etc. ziehen, also Elemente
der dahinter stehenden Entscheidungsfindungsprozesse. Vorgänge politischer,
wirtschaftlicher oder administrativer Natur können so auf dem Umweg einer
Analyse der Formalisierung und des Einsatzes ritueller und zeremonieller
Handlungsweisen nachvollzogen werden. Die deutschsprachige Mediävistik,
insbesondere in den Arbeiten Gerd Althoffs, hat sehr eindrücklich aufzeigen
können, dass die Untersuchung vormoderner Gesellschaften durch die Ansät-
ze der Ritualforschung erheblich an Tiefenschärfe gewinnt.2 Die inzwischen

1 Axel Michaels, Zur Dynamik von Ritualkomplexen, Heidelberg 2003, URL: http://www.
ub.uni-heidelberg.de/archiv/4583/ (zuletzt besucht: 11. Mai 2009); Axel Michaels, Inflation
der Rituale?, in: Humanismus aktuell 13, 2003, S. 25-36; Hans-Georg Soeffner, Die Ordnung
der Rituale, Frankfurt am Main 21992. Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im Mittelalter,
Darmstadt 1997.
2 Vgl. dazu jüngst zusammenfassend: Gerd Althoff, Die Macht der Rituale. Symbolik und
Herrschaft im Mittelalter, Darmstadt 2003, S. 8-31, hier werden zentrale Aspekte der Ritu-
alforschung dargestellt; vgl. Gerd Althoff, Rituale. Symbolische Kommunikation. Zu einem
neuen Feld der historischen Mittelalterforschung, in: Geschichte in Wissenschaft und Unter-
richt 50,1999, S. 140-154.
 
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