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Peltzer, Jörg [Bearb.]; Schwedler, Gerald [Bearb.]; Töbelmann, Paul [Bearb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Politische Versammlungen und ihre Rituale: Repräsentationsformen und Entscheidungsprozesse des Reichs und der Kirche im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 27: Ostfildern, 2009

DOI Artikel:
Selzer, Stephan,: Überlegungen zur Optik des Reichstags. Kleidung und Heraldik fürstlicher Besucher auf spätmittelalterlichen Reichsversammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.34740#0248

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Stephan Seher

Überlegungen zur Optik des Reichstags.
Kleidung und Heraldik fürstlicher
Besucher auf spätmittelalterlichen
Reichsversammlungen

Farbwahl, Reichstage, Forschung

Ein Vortragsthema, das Tagungsorganisatoren einem Referenten stellen, darf
man als Einladung und als Herausforderung verstehen. Das ist in diesem Fall,
in dem zunächst Farben, Symbole und Ornamentik auf Reichs Versammlungen
behandelt werden sollten, zweifellos so gemeint gewesen. Doch sicher ist auch,
dass noch vor zwanzig Jahren ein Referent sich auf ein Feld gelockt gefühlt
hätte, dessen Thematik ihm fast als Provokation erschienen wäre.1 Ein derartiges
Befremden hätte forschungsgeschichtliche Gründe gehabt. Bekanntlich hat
die ältere Reichstagsforschung, die als Verfassungs- und Politikgeschichte im
Sinne des 19. Jahrhunderts angelegt war, mit symbolischer Kommunikation,
mit Reichstagszeremoniell und Ritualen sich nicht nur selbst nicht beschäftigen
mögen, sondern zudem dergleichen Themen eine Forschungsrelevanz
weitgehend abgesprochen. Kleidungsfragen, so Walter Friedensburg in seiner
grundlegenden Monographie über den Speyerer Reichstag von 1526, das
seien »nichtige Dinge«; und reine Zeitverschwendung sei es gewesen, dass
sich König, Kurfürsten, Fürsten und Städtegesandte dergleichen hingaben,
anstatt sich den »unvergleichlich wichtigeren Aufgaben eines Reichstags«
zuzuwenden.2 Bei Peter von Andlau, der um 1450 in seinem staatstheoretischen
Ordnungsentwurf Libellus de Cesarea Monarchia die Reichsversammlungen mit
dem Satz umschrieb: »Der Kaiser pflegt zuweilen mit den Fürsten und Großen
des Reiches einen feierlichen Hoftag zu halten, um seine hohe Magnifizenz zu

1 Mit Anmerkungen versehener Text, den ich am 16. November 2007 in Heidelberg vortragen
wollte. Ein Streik der Lokomotivführer verhinderte leider die Reise von der Saale an den
Neckar. Als ich auf Umwegen bis hinter Eisenach gelangt war, wurde der Vortrag dankens-
werterweise den Zuhörern verlesen.
2 Walter Friedensburg, Der Reichstag zu Speier 1526 im Zusammenhang mit der politischen
und kirchlichen Entwicklung Deutschlands im Reformationszeitalter (Historische Untersu-
chungen 5), Berlin 1887, ND 1970, S. 260.
 
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