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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Peltzer, Jörg [Bearb.]; Schwedler, Gerald [Bearb.]; Töbelmann, Paul [Bearb.]
Politische Versammlungen und ihre Rituale: Repräsentationsformen und Entscheidungsprozesse des Reichs und der Kirche im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 27: Ostfildern, 2009

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Dendorfer, Jürgen,: Inszenierung von Entscheidungsfindung auf den Konzilien des 15. Jahrhunderts. Zum Zeremoniell der sessio generalis auf dem Basler Konzil
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https://doi.org/10.11588/diglit.34740#0038

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Jürgen Dendorfer

Inszenierung von Entscheidungsfindung
auf den Konzilien des 15. Jahrhunderts.
Zum Zeremoniell der sessio generalis
auf dem Basler Konzil

Früh am Morgen des 7. Mai 1437 begab sich Kardinal Louis Alman, der Erzbi-
schof von Arles, ins Basler Münster.1 Angetan mit den Pontifikalien war er fest
entschlossen, eine Generalsession des Konzils abzuhalten.2 Der Kardinal von
Arles wollte die nun schon Monate anhaltende Diskussion um die Wahl des
Ortes für das geplante Unionskonzil zwischen griechischer und lateinischer
Kirche endlich durch die feierliche Publikation eines Konzilsdekrets abschlie-
ßen.3 Eine solche sessio generalis oder publica war der Schlussakkord des durch-
komponierten Basler Entscheidungsverfahrens. Hier war nicht mehr der Ort
für Rede und Widerrede oder für das Zählen von Stimmen und Gegenstim-
men, wofür der Basler Geschäftsgang ausreichende Möglichkeiten bot; nein,
hier war die »im Heiligen Geist rechtmäßig versammelte, die allgemeine Kir-
che repräsentierende Basler Synode« - so die Titulatur des Basiliense - ganz
bei sich.4 Der ritualisierte, quasi-liturgische Ablauf sah nach einer Messe zum
Heiligen Geist, Litaneien und Antiphonen das öffentliche Verlesen der Kon-
1 Grundlage für die folgende Schilderung der 25. sessio des Basler Konzils ist die Darstellung in
der Konzilsgeschichte des Johannes von Segovia: Joannis de Segovia historia gestorum gene-
ralis synodi Basiliensis, hg. von Ernestus Birk (Monumenta condliorum generalium - Con-
cilium Basiliense 2), Wien 1873, lib. 11, c. 9, S. 965-969.
2 Ebd., S. 965: Martis igitur die septima mensis, a multis non optata in orbem luxisse, cardinali Are-
latensi primo mane induto pontificalibus ad celebrandam sessionem, positisque per cives ecclesiam
circumstantibus pluribus quam pridem armatis, supervenientibus legatis elaboratum est pro habenda
concordia, ut casu quo Greci venire nollent, Bononia locus esset concilii, dummodo fortalicia poneren-
tur ad manus duorum parte concilii et pape nominandorum ...
3 Zu dieser Auseinandersetzung, die zur Spaltung des Basler Konzils und zum endgültigen
Bruch der Synode mit Papst Eugen IV. führte, vgl. die reiche Literatur zur Vorgeschichte des
Unionskonzils von Ferrara-Florenz: Joseph Gill, The Council of Florence, Cambridge 1959,
S. 69-74; Josef Wohlmuth, Verständigung in der Kirche. Untersucht an der Sprache des Kon-
zils von Basel (Tübinger Theologische Studien 19), Mainz 1983, S. 89 ff.; Johannes Helmrath,
Das Basler Konzil, 1431-1449. Forschungsstand und Probleme (Kölner historische Abhand-
lungen 32), Köln/Wien 1987, S. 372-380, mit älterer Literatur.
4 So etwa die Legende der Siegel des Konzils und die Intitulatio seiner Urkunden: Joseph Dep-
hoff. Zum Urkunden- und Kanzleiwesen des Konzils von Basel (Geschichtliche Darstellun-
gen und Quellen 12), Hildesheim 1930, S. 9-11; Hans Schneider, Die Siegel des Konstanzer
Konzils. Ein Beitrag zur Geschichte der spätmittelalterlichen Reformkonzile, in: Annuarium
historiae condliorum 10,1978, S. 310-345; Thomas Frenz, Die Urkunden des Konzils von Ba-
 
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