Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Peltzer, Jörg [Bearb.]; Schwedler, Gerald [Bearb.]; Töbelmann, Paul [Bearb.]
Politische Versammlungen und ihre Rituale: Repräsentationsformen und Entscheidungsprozesse des Reichs und der Kirche im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 27: Ostfildern, 2009

DOI Artikel:
Kaufhold, Martin,: Entscheidungsspielräume im Spannungsfeld von Repräsentation und Ritual
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34740#0264

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Martin Kaufliold

Entscheidungsspielräume im Spannungsfeld
von Repräsentation und Ritual

In diesem kleinen Beitrag geht es darum, den Blick für die Dynamik des po-
litischen Prozesses im Kontext der Ritualforschung zu bewahren. Tatsächlich
erscheint mir die Dynamik des politischen Prozesses in einem signifikanten
Verhältnis zu der Dynamik der Ritualbildung zu stehen. Bei diesen Überlegun-
gen stütze ich mich auf Forschungen zum Prozess der Ausbildung politischer
Institutionen im Reich, in England und an der Kurie zwischen 1200 und 1400.1
Die mediävistische Ritualforschung in Deutschland lässt bislang einen gewis-
sen Schwerpunkt im frühen und im hohen Mittelalter erkennen, das bedeutet
in der Phase vor der differenzierten, schriftlichen Ausbildung des positiven
Rechts, bzw. der schriftlichen Formulierung vermeintlicher älterer Rechtszu-
stände durch juristische Spezialisten.2 Es hat freilich auch Versuche gegeben,
das Erklärungspotential der Ritualforschung auf das spätere Mittelalter zu
übertragen, etwa auf Bereiche wie den Herrscheradventus, wenn sich die Herr-
schaft nicht im gelehrten Milieu der Spezialisten, sondern in einem öffentlichen
Auftritt präsentierte.3 Angesichts der Tatsache, dass die Arbeiten von Barbara
Stollberg-Rilinger die Verfassungsentwicklung der Frühen Neuzeit aus der Ri-
tualperspektive neu zu erklären suchen, ist die Überprüfung der Bedeutung
von Ritualen im späten Mittelalter naheliegend.4 Sie entstanden ja im 16. Jahr-

1 Der Beitrag behält die ursprüngliche Form des mündlichen Vortrages in der Grundform bei.
Die Anmerkungen sind daher knapp gehalten. Die Ergebnisse der angesprochenen Forschun-
gen liegen nun publiziert vor: Martin Kaufhold, Die Rhythmen politischer Reform im späten
Mittelalter. Institutioneller Wandel in Deutschland, England und an der Kurie 1198-1400 im
Vergleich (MittelalterForschungen 23), Ostfildern 2008.
2 Vgl. etwa Gerd Althoff, Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter,
Darmstadt 2003; vgl. auch: Gerd Althoff, Zeichen. Rituale. Werte: internationales Kolloqui-
um des Sonderforschungsbereichs 496 an der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster
(Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme 3), Münster 2004.
3 Vgl. etwa Gerrit Jasper Schenk, Zeremoniell und Politik. Herrschereinzüge im spätmittelal-
terlichen Reich (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J.
F. Böhmer, RI 21), Köln 2003; vgl. auch Inszenierung und Ritual in Mittelalter und Renaissance
(Studia Humaniora. Düsseldorfer Studien zu Mittelalter und Renaissance 40), hg. von Andrea
von Hülsen-Esch, Düsseldorf 2005.
4 Barbara Stollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation vom Spätmittel-
alter bis 1806, München 32007; Barbara Stollberg-Rilinger, Die zeremonielle Inszenierung
des Reiches, oder: Was leistet der kulturalistische Ansatz für die Reichsverfassungsgeschich-
te?, in: Imperium Romanum -irreguläre corpus - Teutscher Reichs-Staat. Das Alte Reich im
 
Annotationen