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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Peltzer, Jörg [Bearb.]; Schwedler, Gerald [Bearb.]; Töbelmann, Paul [Bearb.]
Politische Versammlungen und ihre Rituale: Repräsentationsformen und Entscheidungsprozesse des Reichs und der Kirche im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 27: Ostfildern, 2009

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Selzer, Stephan,: Überlegungen zur Optik des Reichstags. Kleidung und Heraldik fürstlicher Besucher auf spätmittelalterlichen Reichsversammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.34740#0249

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Stephan Selzer

zeigen«,3 diagnostizierte Friedrich Hermann Schubert, dass der Verfasser der
»Institution noch nicht gerecht« geworden sei, weil er den Reichstag »in erster
Linie als glanzvolles Fest beschrieben habe«.4 Folglich war der Reichstag als
Fest bestenfalls ein Thema für Festschriften oder bunte Katalogbeiträge.5 Selbst
Rosemarie Aulinger tendierte in ihrer im Jahre 1980 publizierten Pionierarbeit
über »Das Bild des Reichstages im 16. Jahrhundert« zuweilen noch zur
Vorstellung, sie betrachte ein eher pittoreskes Dekorum, wenn sie schreibt:
»Belustigungen jeder Art ... boten ... - was bei den hohen Reichsfürsten nicht
allzu selten war - einfach Vertreiben der Langeweile, während die Räte in den
Sitzungen über die Probleme diskutierten.«6
Dass diese Ansichten grundsätzlich zu modifizieren sind, dass es sich mit-
nichten um randständige Zeremonien handelt, die das politische Kerngeschäft
nur ornamentierten, dass hier kein Theater gespielt wurde oder ein Beipro-
gramm für mitgereiste Fürsten ablief, braucht glücklicherweise heute nicht
mehr gezeigt zu werden.7 Was zuvor als Störfaktor der >wirklichen Politik< die
Historiker verstimmte, ist mittlerweile durch einschlägige Studien und Sonder-
forschungsbereiche in seiner spezifischen Sinnhaftigkeit und politischen Wirk-
kraft erkannt worden.8 Die grundsätzliche Interpretation der Reichsverfassung
3 Imperatoria majestas in ostensionem alte sue magnificencie nonnunquam cum principibus ac proce-
ribus imperii sui solempnem conswevit celebrare curiam...: Peter von Andlau, Kaiser und Reich/
Libellus de Cesarea Monarchia, hg. von Rainer A. Müller (Bibliothek des deutschen Staats-
denkens 8), Frankfurt a. M. 1998, S. 278-283, Kap. 25, hier S. 278.
4 Friedrich Hermann Schubert, Die Deutschen Reichstage in der Staatslehre der Frühen Neu-
zeit (Schriftenreihe der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissen-
schaften 7), Güttingen 1966, S. 124.
5 Siehe z. B. Dieter Mertens, Der Reichstag und die Künste, in: Mediävistische Komparatistik.
Festschrift für Franz Josef Worstbrock zum 60. Geburtstag, hg. von Wolfgang Harms u. a.,
Stuttgart u. a. 1997, S. 295-314; Thomas Zotz, Der Reichstag als Fest: Feiern, Spiele, Kurzweil,
in: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498, hg. von Hans
Schadeck, Freiburg i. Br. 1998, S. 147-170.
6 Rosemarie Aulinger, Das Bild des Reichstages im 16. Jahrhundert (Schriftenreihe der Histori-
schen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 18), Göttingen 1980, S. 17.
7 Vgl. Joachim Ehlers/Bernd Schneidmüller, Deutscher Königshof, Hoftag und Reichstag im
späteren Mittelalter. Zusammenfassung, in: Deutscher Königshof, Hoftag und Reichstag im
späteren Mittelalter, hg. von Peter Moraw (Vorträge und Forschungen 48), Stuttgart 2002,
S. 581-613, hier S. 612.
8 Siehe insbesondere Barbara Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren.
Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstages, in:
Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, hg. von Johannes Kunisch (ZHF Bei-
heft 19), Berlin 1997, S. 91-132; Barbara Stollberg-Rilinger, Zeremoniell, Ritual, Symbol.
Neue Forschungen zur symbolischen Kommunikation in Spätmittelalter und Früher Neuzeit,
in: ZHF 27, 2000, S. 389-405; Barbara Stollberg-Rilinger, Die zeremonielle Inszenierung des
Reiches, oder: Was leistet der kulturalistische Ansatz für die Reichsverfassungsgeschichte?,
in: Imperium Romanum - Irreguläre Corpus - Teutscher Reichs-Staat. Das Alte Reich im Ver-
ständnis der Zeitgenossen und der Historiographie, hg. von Matthias Schnettger (Veröffentli-
chungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. Universalgeschichte Beiheft 57),
Mainz 2002, S. 233-246; Barbara Stollberg-Rilinger, Verfassung und Fest. Überlegungen
zur festlichen Inszenierung vormoderner und moderner Verfassungen, in: Interdependenzen
zwischen Verfassung und Kultur. Tagung der Vereinigung für Verfassungsgeschichte in Hof-
geismar vom 22.3. bis 24.3.1999, hg. von Hans-Jürgen Becker (Beihefte zu Der Staat 15), Berlin
 
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