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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Peltzer, Jörg [Bearb.]; Schwedler, Gerald [Bearb.]; Töbelmann, Paul [Bearb.]
Politische Versammlungen und ihre Rituale: Repräsentationsformen und Entscheidungsprozesse des Reichs und der Kirche im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 27: Ostfildern, 2009

DOI Artikel:
Hack, Achim Thomas,: Zeremoniell und Inszenierung des päpstlichen Konsistoriums im Spätmittelalter
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34740#0057

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Achim Thomas Hack

zum Papsttum - als eine von Gott selbst eingerichtete Institution. Wie dem
römischen Bischof als Einzigem unter den Lebenden Heiligkeit zugestanden
wurde, bildeten sie ein heiliges Kollegium. Vor allem aber verstanden sie sich
im Rückgriff auf die klassische Antike als neuer Senat, der aufgrund seines
christlichen Charakters der >heidnischen< Vorgängerinstitution weit überlegen
war.3
Diese Kardinäle traten nun als bevorzugte Berater des Papstes in allen
Fragen des kirchlichen und politischen Lebens hervor und zwar nicht nur
sporadisch und individuell - das zweifellos auch -, sondern vor allem insti-
tutionalisiert und als Kollektiv. Dabei spielte besonders die Beratung in den
unterschiedlichen Rechtsfragen eine große Rolle, die vor das päpstliche Gericht
gebracht und in gemeinsamen Sitzungen verhandelt wurden. Für diese For-
men des Zusammenwirkens von Papst und Kardinälen setzte sich mit der Zeit
der Begriff Konsistorium durch.4
Wie im Falle des neuen Senats griff man damit auf einen Terminus zurück,
der ursprünglich eine Institution des römischen Staatslebens bezeichnete.5 Es
handelt sich um den seit Diokletian oder Konstantin bezeugten kaiserlichen
Rat (in älterer Diktion: das kaiserliche Kabinett), der den Princeps bei der Er-
örterung aller wichtigen Fragen unterstützte. Dabei steht spätestens seit den
Forschungen von Theodor Mommsen fest, dass der Terminus zunächst den Ort
der Versammlung und erst später die Institution selbst bezeichnete.6 Hingegen
3 Vgl. Giuseppe Alberigo, Le origini della dottrina sullo ius divinum del cardinalato (1053-
1087), in: Reformata reformanda. Festschrift Hubert Jedin zum 65. Geburtstag, hg. von Erwin
Iserloh/Konrad Repgen (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte Supplementband 1),
Münster i. W. 1965, Bd. 1, S. 39-58; Giuseppe Alberigo, Cardinalato e collegialitä. Studi
sull' ecclesiologia tra l'XI e XIV secolo (Testi e ricerche di scienze religiöse 5), Florenz 1969;
Mario Fois, I compiti e le prerogative dei cardinali vescovi secondo Pier Damiani nel squadro
della sua ecclesiologia primaziale, in: Archivum Historiae Pontificiae 10, 1972, S. 25-105;
Edith Päsztor, San Pier Damiani, il cardinalato e la formazione della Curia Romana, in: Studi
Gregoriani 10,1975, S. 317-339.
4 Über das päpstliche Konsistorium und besonders seine Genese vgl. vor allem Jürgen Sydow,
Untersuchungen zur kurialen Verwaltungsgeschichte im Zeitalter des Reformpapsttums, in:
DA 11,1954/55, S. 18-73; Jürgen Sydow, Il >Consistorium< dopo lo schisma del 1130, in: Rivista
di storia della chiesa in Italia 9,1955, S. 165-176; Werner Maleczek, Papst und Kardinalskol-
leg von 1191 bis 1216. Die Kardinäle unter Coelestin III. und Innocenz III. (Publikationen des
Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturinstitut in Rom 1, 6), Wien 1984, S. 297-
302; Ian Stuart Robinson, The Papacy 1073-1198. Continuity and Innovation, Cambridge
1990, S. 98-120. - Zum Wortgebrauch in Antike und Mittelalter vgl. Thesaurus Linguae Lati-
nae 4, Leipzig 1906-09, Sp. 472 f., Mittellateinisches Wörterbuch 2, München 1999, Sp. 1587 f.
5 Vgl. dazu Wolfgang Kunkel, Consilium, consistorium, in: Jahrbuch für Antike und Christen-
tum 11/12, 1968/69, S. 230-248 (künftig in: Reallexikon für Antike und Christentum Ergän-
zungsband 2); Peter Bernhard Weiss, Consistorium und comites consistoriani. Untersuchun-
gen zur Hofbeamtenschaft auf prosopographischer Grundlage, Diss. phil. Würzburg 1975;
Alexander Demandt, Die Spätantike (Handbuch der Altertumswissenschaft 3, 6), München
1989, S. 231 f. - Kaiser Justinian I. schaffte die Unterscheidung von Senat und Konsistorium
ab, vgl. Alexander P. Kazhdan, Art. >Consistorium<, in: The Oxford Dictionary of Byzantium,
New York/Oxford 1991, S. 496.
6 Vgl. Theodor Mommsen, Römisches Staatsrecht 2, Basel/Stuttgart 31963, S. 989 Anm. 2: »Ver-
muthlich rührt die Benennung daher, dass die spätere Palastordnung den Räthen einen Saal
anwies, wo sie sich für die Berufung zur Sitzung bereit zu halten hatten«.
 
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