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Mitteilungen aus den sächsischen Kunstsammlungen — 2.1911

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Posse, H.: Die Umgestaltung der Dresdner Gemäldegalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.63187#0079
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DIE UMGESTALTUNG DER DRESDNER GEMÄLDEGALERIE

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Bau Gottfried Sempers — bei allen seinen Mängeln — so sehr als
irgend möglich geschont werde. Eine Zwitterbildung von italienischem
Renaissancebau aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und nüchtern sach-
gemäßen Räumen vom Beginne des 20. würde nach kurzer Zeit wie-
derum das Bedürfnis nach Modernisierung erwecken.
Bei aller gebührenden Hochachtung vor Semper ist es nicht zu
verkennen, daß sein Bau den Anforderungen, die man ohne allzu an-
spruchsvoll zu sein heute an eine Gemäldegalerie stellen darf, nicht
entspricht. Um den immer wieder erhobenen Vorwürfen gegenüber
Veränderungen alter und in diesem Falle berühmter Bauten entgegen-
zutreten, ist diese Feststellung nötig. Lösungen wie die Überführung
des Galeriebaues in den Zwinger dürfte sich an solcher Stätte heute
wohl kein Architekt ohne Widerspruch gestatten. Der Erbauer des
Zwingers selbst hätte allen Grund, sich über schlechte Behandlung
durch den jüngeren Kollegen bitter zu beklagen, über den unvermittel-
ten Mißklang der harten Strenge des Semperschen Baues und der
weichen schwingenden Formen seiner eigenen Galerien und Pavillons,
die außerdem durch das moderne Gebäude herrisch zu einem Vorhof
herabgedrückt werden. Dagegen sind die praktischen Mängel beson-
ders des Innenbaues der noch geringen Erfahrung von damals in
solchen Aufgaben zugute zu rechnen. Sonst würde Semper nicht zu-
gunsten repräsentativer Wirkungen, der Gestaltung der Fassaden und
der Durchfahrt, die eigentlichen Zweckforderungen zurückgestellt haben.
Dem ganzen Bau ist anzumerken, daß er noch zu sehr auf den Ge-
legenheitsbesuch der alten Sammlungen, nicht auf ein Zusammen-
strömen großer Menschenmassen berechnet ist.
Bei der Ende 1910 mit dem Rembrandtsaal angestellten Probe,
der sich durch den hohen Ruf seines Bestandes und aus praktischen
Gründen dafür besonders empfahl, galt es den Beweis zu erbringen,
daß die großen Oberlichtsäle mit verhältnismäßig geringen Mitteln
zweckentsprechend umgestaltet werden können. Als besonders schwerer
Mangel ist immer die schlechte Beleuchtung der Haupträume emp-
funden worden. Dieser Lichtmangel liegt in dem Streben Sempers
begründet, auch oblonge Räume in eine Art hoher prunkvoller
Kuppelräume umzuschaffen. Wenn bei diesem Verfahren einmal
die Behangfläche übermäßig in eine Höhe gedehnt wird, in der die
Gemälde selbst nur noch mit dem Fernstecher erreichbar sind, so
verursacht andrerseits die dadurch bedingte Höhe und geringe Aus-
dehnung des Oberlichts, daß die stärkste Helligkeit sich auf dem Ge-
sims ausbreitet, während die Wände nur noch mattes Licht empfangen.
Eine Abhilfe war hier nicht schwer. Einer Erweiterung der äußeren
Lichtquelle trat die alte Eisenkonstruktion entgegen. Durch sorgfältige
Proben mit einer neuen, aus einem Holzgerüst bestehenden Wölbung,
mit Papier bespannt und bemalt, wurde bei einer Tieferlegung des
Oberlichts um 3x/2 Meter und durch Verwendung von Prismenglas,
 
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