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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1, Heft 7-12.1908

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Heft 10
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Braun, Edmund Wilhelm: Über Kelsterbacher Porzellanfiguren
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https://doi.org/10.11588/diglit.70401#0317

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Über Kelsterbadier Porzellanfiguren
Von Edmund Wilhelm Braun-Troppau
Die Begründung der hessischen Fabrik zu Kelsterbach 9 erfolgte durch das land-
gräfliche Privileg von 1758 an den Hofjäger Wilhelm Cron und dessen Schwager, den
Porzellanfabrikanten Joh. Christian Frede, dem im Verein mit seinem zweiten Schwager
Kaspar Maintz im Jahre 1760 ein neues Privilegium erteilt wurde. Man fabrizierte
nebeneinander Porzellan und Fayence. 1769 wurde nadi Drach die Porzellanfabrikation
eingestellt und erst 1789 durch Lay wieder aufgenommen. Bisher kannte die Literatur
nur wenige Kelsterbacher Porzellane. Drach führt einige wenige an und auf der
Auktion Habich in Kassel wurde eine unbemalte Figur an das Germanische National-
museum in Nürnberg verkauft.
Und doch gibt es eine Reihe von wirklich guten Kelsterbadier Porzellanfiguren
und Gruppen, die allerdings, von wenigen einzelnen Ausnahmen abgesehen, nur an zwei
Stellen vereint zu studieren sind, in dem großherzoglich badischen Schlößchen Favorite
bei Rastatt und in der Porzellansammlung des Großherzogs von Hessen zu Darmstadt.
Für die Porzellanfiguren, was die Modellierung derselben betrifft, kommt wohl
nur die erste Periode der Fabrik (1758—1769) in Betracht, obwohl natürlich auch in
der zweiten Epoche aus den alten Formen ausgeformt worden sein kann. Nach Dradi
gab es in dieser Zeit die Bossier Vogelmann, Freybott,Christian Fernauh und Antonius
Seefried. Letzterer wird 1769 genannt als der „unvergleichliche". Er hat 55 Formen
geliefert, Vogelmann „e reliqui deren 75 und Freybott nur eine. Wir müssen also
annehmen, daß Freybott hauptsächlich damit beschäftigt war, die ausgeformten Stücke
zu bossieren und mit der Anfertigung neuer Modelle fast nidits zu tun hatte. Fernauhs
Tätigkeit wird auch als geringwertig geschildert. Das jetzt vorhandene Material von
Kelsterbacher Plastik ist also aufzuteilen unter Seefried, Vogelmann & reliqui."
Die Vorbilder, nach denen modelliert wurde oder die zur Anregung dienten,
waren, wie aus dem Inventar von 1769 hervorgeht, Kupferstidie, sowie eine „sächsisdie
Schäfergruppe aus dem Kabinett," „eine Frankenthaler staffierte Chinesische" und
„eine hübsche dito aus dem fürstlichen Kabinett", die wohl als Muster geliehen worden
waren.
Das bereits erwähnte Inventarium von 1769 berichtet von einer reciit regen
plastischen Tätigkeit. Gegen dreißig Figuren in Gruppen und allerhand „Galanterien"
wie man in Meißen die Tabatieren, Stockgriffe etc. nannte, erscheinen aufgezählt. Direkt
kopiert nach einem Frankenthaler Modell ist eine Biskuitgruppe in dem Zähringer-
museum zu Karlsruhe, darstellend zwei Jäger, nach der Jagd sich ausruhend und trin-
kend, begleitet von einem Mohr, der knieend dem einen der Kavaliere die Stiefel aus-
9 A. v. Dradi. Die Porzellan- und Fayencefabrik zu Kelsterbadi am Main. Bayr. Ge-
werbezeitung 1891, S. 481 ff. Dieser Aufsatz ergänzt die beiden früheren Aufsätze desselben Ver-
fassers in der Deutschen Töpferzeitung und im Kunstgewerbeblatt II, S. 30 ff. Die Akten der
Fabrik im Großh. Hof- und Staatsarchiv zu Darmstadt.
 
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