Die Werke Vincenzo Catenas
Von Detlev Freiherrn von Hadeln
Neuere archivalische Forschungen1) haben gezeigt, daß Crowe und Cavalcaselle
einen Irrtum begangen haben, als sie Vincenzo da Treviso mit Vincenzo Catena identi-
fizierten. Nicht Catena, sondern Vincenzo dalle Destre aus Treviso wurde im Jahre 1495
mit anderen Malern in der Sala del Gran Consiglio beschäftigt; ihm und nicht Catena
gehören die beiden Bilder der „Darstellung Christi im Tempel" des Museo Civico zu
Padua2) und des Museo Correr.8)
Die „Darstellung Christi" in Padua (die Signatur derjenigen im Museo Correr
ist erst vor einigen Jahren zum Vorschein gekommen) mußte den Jugendwerken Catenas
eingeordnet, Verwirrung anrichten. Man wurde zur Annahme gezwungen, dieser Maler,
dem so verschiedenartige Bilder gehören sollten, habe keinen ausgesprochenen Stil
gehabt. So glaubte man, noch dies und jenes, was sonst nicht gut unterzubringen
war, ihm zuschreiben zu dürfen.
Nachdem das paduanische Bild nunmehr ausgeschieden ist, bleibt eine Gruppe
signierter Werke übrig, die sämtlich die gleichen stilistischen Eigentümlichkeiten auf-
weisen. Diese Bilder sagen sehr deutlich, was von jener Reihe unbezeichneter Arbeiten
wirklich zu ihnen gehört und was mit der „Darstellung" in Padua für den jungen
Catena nicht mehr in Betracht kommt.
Es sei dann aber schon hier bemerkt, daß kaum eines dieser dem Catena ab-
gesprochenen Bilder Vincenzo dalle Destre mit Sicherheit zugeschrieben werden kann.
Auch über die letzte Manier Catenas sind wir heute besser unterrichtet. Der
kleinen Zahl der gutbeglaubigten Spätwerke konnte kürzlich ein Bild der Brera eingereiht
werden. Ein „Noli me tangere", das der Anonymus des Morelli auf einem Altar der
Kirche del Spirito Santo zu Crema sah. Dieses Werk schließt sich so eng den anderen
sicheren Arbeiten der späteren Epoche an, daß nun auch für diese ein festumschriebener
Stil behauptet werden kann. Diese spätere Manier stellt sich als eine ganz einfache
Weiterbildung der früheren dar. Mit anderen Worten: Catenas Entwicklung verläuft
geradlinig, folgerichtig. Erhebliche Schwankungen haben kaum stattgefunden. So
wird man auch eine Reihe von Werken, die der reife Catena geschaffen haben sollte,
aus dem CEuvre des Malers als fremde streichen und in die große Masse der Namen-
losen verweisen müssen.
Die beiden frühesten bezeichneten Werke Catenas, wohl um 1500 entstanden,
befinden sich in England. Das eine in der Walker Gallery zu Liverpool,4) das andere
0 G. Biscaro in Atti del Ateneo Veneto, 1897, p. 270 f.
2) Bez.: „VINCENTIVS DE TARVIXIO."
8) Bez.: „Vicentius de tar || uisio disipulus. ioan || nis bellini." — Ein drittes Werk Vincenzos,
ein Altarbild in S. Lorenzo zu Treviso, früher in S. Michele, laut Urkunde v. J. 1503 (vgl. Biscaro
in Atti del Ateneo Ven. 1897, p. 270) zeigt Vincenzo unter dem Einfluß seines älteren Lands-
manns Girolamo, vgl. dessen Mad. m. Heil, vom J. 1487 in Dom zu Treviso.
4) Bez.: „Vincenzius Chatena P."
Von Detlev Freiherrn von Hadeln
Neuere archivalische Forschungen1) haben gezeigt, daß Crowe und Cavalcaselle
einen Irrtum begangen haben, als sie Vincenzo da Treviso mit Vincenzo Catena identi-
fizierten. Nicht Catena, sondern Vincenzo dalle Destre aus Treviso wurde im Jahre 1495
mit anderen Malern in der Sala del Gran Consiglio beschäftigt; ihm und nicht Catena
gehören die beiden Bilder der „Darstellung Christi im Tempel" des Museo Civico zu
Padua2) und des Museo Correr.8)
Die „Darstellung Christi" in Padua (die Signatur derjenigen im Museo Correr
ist erst vor einigen Jahren zum Vorschein gekommen) mußte den Jugendwerken Catenas
eingeordnet, Verwirrung anrichten. Man wurde zur Annahme gezwungen, dieser Maler,
dem so verschiedenartige Bilder gehören sollten, habe keinen ausgesprochenen Stil
gehabt. So glaubte man, noch dies und jenes, was sonst nicht gut unterzubringen
war, ihm zuschreiben zu dürfen.
Nachdem das paduanische Bild nunmehr ausgeschieden ist, bleibt eine Gruppe
signierter Werke übrig, die sämtlich die gleichen stilistischen Eigentümlichkeiten auf-
weisen. Diese Bilder sagen sehr deutlich, was von jener Reihe unbezeichneter Arbeiten
wirklich zu ihnen gehört und was mit der „Darstellung" in Padua für den jungen
Catena nicht mehr in Betracht kommt.
Es sei dann aber schon hier bemerkt, daß kaum eines dieser dem Catena ab-
gesprochenen Bilder Vincenzo dalle Destre mit Sicherheit zugeschrieben werden kann.
Auch über die letzte Manier Catenas sind wir heute besser unterrichtet. Der
kleinen Zahl der gutbeglaubigten Spätwerke konnte kürzlich ein Bild der Brera eingereiht
werden. Ein „Noli me tangere", das der Anonymus des Morelli auf einem Altar der
Kirche del Spirito Santo zu Crema sah. Dieses Werk schließt sich so eng den anderen
sicheren Arbeiten der späteren Epoche an, daß nun auch für diese ein festumschriebener
Stil behauptet werden kann. Diese spätere Manier stellt sich als eine ganz einfache
Weiterbildung der früheren dar. Mit anderen Worten: Catenas Entwicklung verläuft
geradlinig, folgerichtig. Erhebliche Schwankungen haben kaum stattgefunden. So
wird man auch eine Reihe von Werken, die der reife Catena geschaffen haben sollte,
aus dem CEuvre des Malers als fremde streichen und in die große Masse der Namen-
losen verweisen müssen.
Die beiden frühesten bezeichneten Werke Catenas, wohl um 1500 entstanden,
befinden sich in England. Das eine in der Walker Gallery zu Liverpool,4) das andere
0 G. Biscaro in Atti del Ateneo Veneto, 1897, p. 270 f.
2) Bez.: „VINCENTIVS DE TARVIXIO."
8) Bez.: „Vicentius de tar || uisio disipulus. ioan || nis bellini." — Ein drittes Werk Vincenzos,
ein Altarbild in S. Lorenzo zu Treviso, früher in S. Michele, laut Urkunde v. J. 1503 (vgl. Biscaro
in Atti del Ateneo Ven. 1897, p. 270) zeigt Vincenzo unter dem Einfluß seines älteren Lands-
manns Girolamo, vgl. dessen Mad. m. Heil, vom J. 1487 in Dom zu Treviso.
4) Bez.: „Vincenzius Chatena P."