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Manchen, L Okt. 1917.

BaHagt zar „Werkstatt der Kasst" (E. A. SeeaB&HN, Leipzig).
ErscheiBti4tägig antsr Leitung voc Maier Prof. Eraet Berger.

1IY. Jahfg. Nr. 1.

Inhalt: Prof. Raehlmann R Vom Herausgeber. — Eine Frage zur Reform der Maltechnik. Von Georg Geiss
ler. — Goethes Vorarbeiten zur Farbenlehre. Von E. B. — Batik.


Proi. Raehlmann t-
Vom Herausgeber.

Die maltechnische Wissenschaft hat einen schwe-
ren Verlust erlitten: Sr. Exzellenz Prof. Dr. E. Raehl-
mann ist nach kurzer Krankheit am I. September
in Weimar gestorben.
Als Ophthalmologe von Ruf und als Physiologe
war er von jeher mit den Problemen der Malerei
in inniger Eühlung. Seit seinem Abgang von der
Dorpater Universität, die er gelegentlich deren
Russihzierung mit noch etwa 30 deutschen Kol-
legen verliess, beschäftigte sich Raehlmann ein-
gehender mit Fragen der Malerei. Schon während
seines kurzen Münchener Aufenthaltes trat er in
den Kreis der um die Maltechnik strebenden Fach-
genossen und veröffentlichte eine kleine Schrift
„Ueber Farbensehen und Malerei" (Mün-
chen 1901, bei E. Reinhardt), in der er die Be-
sonderheiten des malerischen Sehens an der Hand
vielfacher Beobachtungen und Versuche mit Per-
sonen aller Berufsklassen beschrieben hat.
Nach Weimar, das ersieh zum endgültigen Auf-
enthaltsort erwählte, übergesiedelt, begann Raehl-
mann sich intensiv mit der mikrochemischen Ana-
lyse von alten und neueren Malereien zu befassen;
damit hat er das Feld betreten, auf dem er un-
bestritten den ersten Rang unter den heutigen
Vertretern des Faches eingenommen hat.
Die Idee, Gemälde unter dem Mikroskop zu
untersuchen, um in die Geheimnisse von deren
Zusammensetzung sowohl material-technisch als
auch historisch-genetisch einzudringen, ist ursprüng-
lich von Geh. Rat W. Ostwald, Leipzig, im Jahre
1904. oder 1905 öffentlich angeregt worden und
zwar empfahl er die mikroskopische Untersuchung
von Bildquerschnitten, um die einzelnen Farbschich-
ten genauer kennen zu lernen. Ueber seine eige-
nen Studien und die dabei vorzunehmenden Me-

thoden, zum Zwecke des mikroskopischen Nach-
weises der an der Malerei angewendeten einfachen
Bindemittel, hat er in der Kgl. Preussischen Aka-
demie der Wissenschaften unter dem Titel „Iko-
noskopische Studien" eingehend Bericht erstattet
(Sitzungsberichte 190$, V., S. 167; s. Münch, kunstt.
Bl. VI. Jahrg., Nr. 7 und 8).
Fast gleichzeitig, aber völlig selbständig, be-
gann Raehlmann seine mikroskopischen Untersu-
chungen, und zwar zunächst an einer Serie alt-
chinesischer Malereien, und es interessierten ihn
in erster Linie die dabei zur Anwendung gekom-
menen Farbstoffe, deren organische oder anor-
ganische Natur er mit Hilfe der mikro-chemischen
und mikroskopischen Untersuchungsmethoden fest-
stellen konnte. Soviel ich mich entsinne, wurde
darüber in den ,,Techn. Mitt. für Malerei" zuerst
berichtet. Es lag nunmehr nahe, das gefundene
System der Arbeitsführung auch auf unsere Malerei
und ganz besonders auf die von den alten Meistern
angewandten Methoden auszudehnen. Denn wie
Raehlmann richtig vermutete, waren über die alte
Meistertechnik noch manche Fragen nur oder viel-
mehr am ehesten auf dem Wege der Mikrochemie
zu lösen möglich. Er verschaffte sich Bruchstücke
von Malereien klassischer Zeit, die ihm durch seine
Beziehungen zu Galerie-Direktoren oder von be-
freundeter Seite zugänglich gemacht wurden, er
studierte die Schichtenmalerei der Alten und ihre
Art Farbeneffekte zu erzielen, die mittels einfachen
Farbenauftrages nicht erreichbar waren. Die Er-
gebnisse dieser ersten Studien veröffentlichte Prof.
Raehlmann gelegentlich des I. Farbenkongresses
in München (1906) unter dem Titel ,,Ueber die
Technik der alten Meister der klassischen
Zeit, beurteilt nach mikroskopischen Un-
 
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