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Hänchen, io. Dez. 1917.
Beilage zur „Werkstatt der Haast" (E.A. See Bann, Leipzig).
Erscheint !4tägig unter Leitnag von Maler Prof. Ernst Berger.
IIY. Jahrg, Nr. 6.
Inhalt: Vom künstlerischen Können in der Malerei früher und jetzt. (4. Fortsetzung.) —
zur Farbenlehre. Von E. B. (5. Fortsetzung.) — Der Kopalschmelzprozess. —
entsteht.
Goethes Vorarbeiten
- Wie der Schellack

Vom künstlerischen Können in der Malerei trüher und jetzt,
(4. Fortsetzung.)

Wie weit Hegt dies alles zurück? Wer erin-
nert sich noch heute daran? Und gerade jetzt
sind es 40 Jahre, dass wir diese Zeit erlebten!
Es ist, als ob alles dies aus der Erinnerung aus-
gelöscht wäre, denn niemand denkt noch an den
grossen Einfluss, den der geniale, trotz seiner
Schwächen grosse Künstler auf das Leben seiner
Zeit ausgeübt hat.
Ich habe mir oft die Frage vorgelegt, wieso
es denn gekommen ist, dass Makart eigentlich
keine „Schule" gemacht hat? Er hatte wohl eine
Anzahl von Schülern, als er Professor an der Aka-
demie in Wien wurde, auch fehlte es nicht an
mehr oder weniger glücklichen Nachahmern seiner
Malweise, aber eine Nachfolgeschaft im Sinne
einer „Schule" ist nicht bemerkbar. Vielleicht ist
bei den Malern Veith und A. Schramm, selbst
bei G. Klimt in seiner allerersten Periode noch
etwas von einer Tradition Makartscher Art zu ver-
spüren, insofern sie seinen „Schönheitskultus" wei-
ter pflegten, aber jeder hat es in seiner Weise,
sagen wir als echter „Wiener" getan. Makaris
Kunst konnte nicht „Schule" machen, weil
sie in ihrer Art das Ende einer Richtung
darstellte, die eben nicht weiter entwik-
kelt, nicht mehr überboten werden konnte!
Dazu kam noch, dass der Kolorismus über-
haupt „abgewirtschaftet" hatte; auf die Farben-
freudigkeit folgte, wie stets, weil „Gegensätze sich
berühren", die Farblosigkeit, auf die Dunkelma-
lerei die Hellmalerei, das Pleinair, und damit die
Abkehr von jeder Farbigkeit. Es sind andere Prob-
leme, die den Künstler interessierten und andere
Ausdrucksmöglichkeiten. Wie Licht und Luft am
naturwahrsten dargestellt werden, wie die Effekte
der Sonnenbeleuchtung zu beherrschen wären und

ähnliches traten in den Vordergrund der male-
rischen Aufgaben. Das „künstlerische Können"
musste ganz neu, ganz anders gewertet werden wie
vordem. Aber es war doch stets das durch Uebung
der Hand und des Auges entsprossene, wirkliche
Können, während unsere jetzigen, und selbst be-
rühmte Maler sich einem Skizzismus impressio-
nistischer Richtung hingeben, der alles andere ist
als die Folge des künstlerischen Könnens.
„Wo aber das allzurasche Malverfahren
des Skizzimus zur Liederlichkeit des Dar-
stellers ausartet, verbunden ist mit Ver-
nachlässigung der Zeichnung und Ausser-
achtlassung der Richtigkeit der Formen,
da handelt es sich nicht mehr um Meister-
schaft, sondern um Pfuscherei!" sagt Alt
(S. 344), und an einer anderen Stelle (S. 3 59) meint er
sarkastisch, man müsse bei den neuesten Erzeug-
nissen des Impressionismus (und wie man hinzu-
fügen kann, des Expressionismus) zur Erkenntnis
gelangen, dass deren Urheber „entweder wirk-
lich nichts können, oder geflissentlich kei-
nen Gebrauch davon machen!"
Es war in diesem Aufsatz viel von Makart und
seinem ausgebildeten „Können" die Rede; aber das
sollte nur ein Beispiel von dem vielen Könnern in
der Kunst von früher sein! Wie wunderbare Male-
rei, nämlich rein technische Malerei, hat nicht
Leibi und sein nächster Kreis geschaffen! Sie
geht direkt auf Holbeins Technik und seine herr-
liche Naturbeobachtung zurück. Man sehe sich
einmal das Porträt von „Frau Gedon" (Pinako-
thek) darauf hin an, wie das Fleisch (die Hände
besonders!) technisch behandelt sind, und seine
anderen Arbeiten, in ihrer peniblen Detailarbeit
der direkte Gegensatz zu Markarts breiter Manier,
 
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