Manchen, 2p.Okt.iQi7.
BeHtge zar „Werkatatt der Haast" (E. A. Seessaaa, Leipzig).
Erscheict 14 tägig anter Leltang vea MaterProf. Erast Berger.
HY. Jahrg. !f. 3.
Inhalt: Vom künstlerischen Können in der Maierei früher und jetzt, (i. Fortsetzung.) — Goethes Vorarbeiten
zur Farbeniehre. Von E. B. (2. Fortsetzung.) — Der Stahistich und die Stahiätzung. Von J. Mai.
(Fortsetzung.) — Der Teer und seine Abkömmiinge. (Schiuss.)
Vom künstlerischen Können in der Malerei trüher und jetzt,
(r. Fortsetzung)
Piiotys Einguss auf seine Schüier zeitigte ein
noch grösseres Können in der angegebenen Rich-
tung, das technische Können steigerte sich bei
einzelnen bis zur Raffiniertheit, die nicht mehr
übertroffen werden konnte. Fast jeder dieser
Meister hatte seine eigene Spezialität, wie z. B.
Gabriel Max das morbide Fleisch wachsgelber
Karnation, oder Lenbach die Altmeisterart der
Niederländer, die auch Diez mit Vorliebe pflegte;
Defregger, Kaulbach, Alfr. Zimmermann, Grützner,
Holmberg u. s. w. waren allesamt Meister im
technischen Können, und ebenso Hans Makart,
der in Piiotys Richtung bis zur äussersten Grenze
gelangte, wo die Farbe als sinnliches Moment zum
„Farbenrausch" gesteigert war. Makart! Wer
kümmert sich jetzt noch um ihn? Man hat ja
nur ein Achselzucken, wenn von dieser einstigen
Grösse gesprochen wird. Höchstens dient sein
Namen als Abschreckung wegen der geringen Halt-
barkeit „seiner Farben" oder als Popanz wegen
der „Leerheit" seiner Ideen, der Schleuderhaftig-
keit seiner Zeichnung und dergleichen mehr.
Wir älteren Wiener, die noch Makarts Glanz-
zeit und den Einfluss miterlebten, den er nur durch
seine wundervollen Farben-Symphonien auf seine
Mitwelt ausgeübt hat, wer wie ich, lebhaft in Er-
innerung behalten hat, welchen gewaltigen Ein-
druck im Jahre 18/3 die von niemand bisher er-
reichte Farbenpracht „Katharina Cornaros" bei deren
Ausstellung im Wiener Künstlerhaus auf den Be-
schauer machte, oder die Spannung miterlebte,
die vor jeder grossen weiteren Schöpfung die ge-
samte kunstliebende Welt in Atem hielt (z. B. die
„Fünf Sinne", „Bacchus und Ariadne", „Jagd der
Diana", „Einzug Karl V. in Antwerpen", die ägyp-
tischen Bilder, „Sommer" u. a.), wer, wie ich, das
Glück hatte, Makart bei der Arbeit zu sehen und
sein eminentes Können zu bewundern (an den
Figuren, die er weggestrichen hat, könnte ein an-
derer Künstler berühmt geworden sein!), der muss
sich sagen, dass die Nachwelt ungerecht gegen
Makart ist und ihn nur verdammt, weil sie seiner
Kunst zu ferne steht, um sie richtig zu begreifen.
Denn wenn auch Makarts Kunst einseitig auf Farbig-
keit und rein dekorative Wirkung „eingestellt" war,
wenn er deshalb mehr auf die Sinne wirkte und
auf den Gedankeninhalt nur soweit Wert legte,
als er für seine Farbenklänge und den symphoni-
schen Farbenreiz benötigte, wenn er sich also auf
ein bestimmtes, engumgrenztes Gebiet beschränkte,
so war es aber dieses, das er in genialster, vor
ihm kaum gekannter Weise bis zur höchsten Blüte
brachte. Man hat seine Bilder mit „Farbenorgien"
verglichen, aber es waren doch nur mit grösstem
Geschmack und ausserordentlichem technischen
Können gemalte „Bilder". Das „Bildmässige" war
für Makart stets die Hauptsache, und so gestaltete
er jeden Vorwurf von allem Anfang an von der
malerischen Seite; das Kolorit und die Farben-
zusammenstimmung ergaben sich dann von selbst,
er steigerte nur die Hauptidee bis zum äussersten
Grad seiner Palette, und aus diesem Grunde bieten
seine Gemälde stets neue Lösungen des koloristi-
schen Problems, das er sich gestellt hatte.
Dazu kam aber bei Makart noch die zeich-
nerische Beherrschung der Form, seineFor-
mensprache, die er in Anlehnung der Meister der
Renaissance, vor allem der Venetianer, in wahrhaft
berückender Art immer wieder anders, verwertete.
Man hat es oftmals als „Pose" bezeichnet, aber
wie wunderbar sind diese Figuren bewegt, wie
majestätisch schreiten sie, wie edel ist ihre Hai-