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66

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. n.

Ausfuhren willst, seien es Kreise oder Schleifen oder
Biümchen oder Vögel oder Tiere oder menschliche
Figuren, in seinen Umrissen zurechtbiegst und bildest.
Du ordnest diese Teilchen sorgfältig und genau, jedes
an seinen Ort, und befestigst sie mit Mehlkleister am
Kohlenfeuer. Nachdem du nun ein Versatzstück inner-
lich eingerichtet hast, lötest du dasselbe mit grösster
Vorsicht, damit der zerbrechliche Bau und das dünne
Gold nicht aus den Fugen gehe oder schmelze."
Was nun folgt, betrifft das Verfahren beim Aus-
füllen der Zellen der Versatzstücke mit Emailstaub, beim
Brennen und Glätten des farbigen Schmelzes.
In dieser Beschreibung sind zwei Hauptpunkte zu
unterscheiden. Der eine betrifft die allgemeine Dispo-
sition und Anordnung des Schmuckes. Eine reiche
Bandkette um die Mündung des Kalix, ein Goldring
mit eingefassten Kleinodien, abwechselnd Steine und
Schmelze. Diese letzteren sind abgesonderte Teile des
Ringes, Schmuck desselben, der Ring als Ganzes ist
abgesonderter Teil der Vase, Schmuck derselben. Der
andere betrifft die Verfertigung der einzelnen Schmelze.
Der erstere Punkt ist für den Unterschied zwischen
dieser Schmelzarbeit und der Schmelzmalerei, die un-
mittelbar auf dem Gezierten haftet, der wichtigste.
Gleichwohl wird er nicht als solcher von den Autoren
über Schmelzarbeit erkannt, die immer nur an dem
zweiten festhaltcn, obschon er keineswegs ausschlag-
gebend ist.
Dies ist leicht nachzuweisen. Erstens könnte das
Zellennetz der Versatzstücke zur Aufnahme der Schmelze
auch anders, in der Art der Champlevö-Schmelze durch
Ausgrabung eines Metallstücks erzeugt werden und das
Aussehen des Werkes, sein Charakter, bliebe unver-
ändert. Zweitens ist die Methode des Theophilus bei
der Bereitung seiner Zellen auch auf Werken anzuwen-
den und angewandt worden, die ihrem Charakter und
Stil nach der gallo-romanischen und limusinischen
Schmelzmalerei gleichkommen. Dieses zeigt sich bei
einer im Oriente, namentlich in China, sehr gewöhn-
lichen Flächendekoration (meistens Vasen), bestehend
in der vollkommenen Ueberkleidung der Gegenstände
mit einer Schmelzdecke, deren Muster durch feine Gold-
drähte getrennt sind, gerade wie bei den genannten
allo-romanischen und alten limusinischen Champlevö-
chmelzarbeiten. Im Stile sind sie diesen nicht nur
verwandt, sondern gleich, obschon das Zellennetz auf
den Oberflächen der Gegenstände nicht ausgegraben,
sondern durch aufgelötete Metallriemchen nach der von
Theophilus beschriebenen Methode bewerkstelligt sind.

Literatur.
Illustrierter deutscher Maler-Kalender,
für das Jahr 1918. Kriegsausgabe zum
ermässigten Preise von Mk. I.$0. Herausgege-
benvonCornelius Hebing, Schriftleiter der
„Deutschen Malerzeitung die Mappe". München,
Verlag von Georg D. W. Callwey.
Wie die vergangenen Jahre, so stellt sich auch dieses
Jahr der deutsche Maler-Kalender wieder ein, der Zeit
entsprechend, im schlichten „feldgrauen" Gewände.
Für die gewerblichen Maler, die unter den vielen Ver-
boten sosehr zu leiden haben, ist er ein stets treuer
Begleiter und Berater, denn er enthält ausser dem üb-
lichen Kalendarium, Tageskalender für das ganze Jahr
zum Eintrag und Vermerk für Bestellungen oder nötige
Erinnerungen, Quittungsblätter, Raum für Kassa-Noti-
zen, Adressen, sowie lose Blätter mit perforiertem Rand,
im „Fachlichen Teil" alle die Kriegsverordnungen im
Malergewerbe, die bisher erlassen worden sind, dann
noch eine ganze Reihe von beachtenswerten Artikeln,

die nicht nur für den gewerblichen Maler "allein von
Interesse sind. Gerade dieser Umstand ist Anlass, in
in den Münch, kunstt. Blättern mit ein paar Worten
auf den Maler-Kalender hinzuweisen, und die Frage
anzuregen, ob es nicht auch für den „Kunstmaler" von
Vorteil wäre, etwas Aehnliches zu besitzen, wie dieser
Malerkalender ist? Was sollten wir von unserem Kol-
legen vom Handwerk und was könnten wir von ihm
lernen? Vor allem die Anordnung im Betrieb! Wie
wenige von uns Malern machen sich ordentliche Auf-
schreibungen über ihre Ausgaben und Einnahmen, oder
Zusammenstellungen über die Kosten von Material, Far-
ben, Rahmen, usw. ? Wie wuchtig wäre es zu wissen,
was z. B. für ein bestimmtes Gemälde an Modellkosten
verausgabt wurde, was die Atelier-Heizung und -Beleuch-
tung gekostet hat usw.? Endlich wäre es doch sehr
angezeigt, alle Werke im einzelnen genauer aufzunotie-
ren, die im Laufe des Jahres aus der Werkstatt gegan-
gen sind, wohin sie kamen und in welcher Ausstellung
oder welchem Kunsthändler sie übergeben wurden.
Ein solcher Jahres-Kalender böte hierzu jede Möglich-
keit.
Aber nicht allein diese Utilitätsgründe sind Anlass,
den Maler-Kalender näher anzusehen; es ist vielmehr
noch die Einsicht, wie zweckmässig es für den Künst-
ler wäre, mit dem Handwerk in nähere Beziehung zu
kommen; denn vom Handwerk ist ursprünglich die
Kunst ausgegangen und alle technischen Vorteile sind
ihm zu danken. Deshalb sollten die Künstler sich mit
den Neuheiten des Malerhandwerks näher befassen und
genauer Zusehen, ob da nicht auch etwas für sie Taug-
liches zu holen wäre. So finden wir z. B. im Maler-
Kalender über Jägers neue und viel empfohlene „Grun-
diertechnik" einigen Aufschluss und es will mir schei-
nen, als ob die dort entwickelten Prinzipien, den „Grund
so abzudichten, dass er kein Oel aufsaugen kann" und
eine „zähe Zellulosehaut" einen sicheren unveränder-
lichen Grund bildet, sehr beachtenswert sind; denn
auf diese Weise könnte der Oelgehalt der Oelfarben
auf ein Mindestmass gesetzt werden, um das Nachdun-
keln zu vermindern, soweit dies überhaupt möglich ist.
Wenn unsere Versuchslaboratorien solche Ideen auf-
nehmen und weiter verfolgen wollten, wäre dies sehr
wünschenswert. Dieses eine Beispiel zeigt, wie die
Fäden vom Handwerk zur Tätigkeit des Künstlers hin-
über leiten, und wie die nähere Berührung mit dem
Gewerblichen auch der Kunst zugute kommen könnte.
Der Inhalt des vorliegenden Kalenders ist aber
mit dem obigen Hinweis nicht erschöpft, so finden sich
noch ausserdem eine ganze Reihe von Einzelabhand-
lungen und Rezepte für die Praxis, verschiedene Ar-
tikel über Gewerbliches und Gesetze betr. das Lehr-
lingsverhältnis, über Privatschulen, über Versicherungs-
wesen und die Ansprüche der Kriegswitwen und Kriegs-
waisen auf die Hinterbliebenen-Renten oder andere
Versicherungen. Daran reihen sich in weiteren Bild-
beilagen und schliesslich Tabellen zur Berechnung von
Flächen, Zinstabellen, Stundenlöhnungstabellen, ver-
gleichende Münzen, Masse und Gewichte aller Länder
endlich die Tarife für Post-, Wechselstempel- und Pro-
zessgebühren. Man kann wohl sagen, für wenig Geld
kann wohl kaum mehr geboten werden!
Sollte ein Maler-Kalender für Künstler geschaffen
werden, dann müsste naturgemäss das meiste passend
geändert werden, aber im Prinzip müsste auch auf das
Gesetzliche in Bezug auf Urheberrecht, Vervielfälti-
gungsrecht und ähnliches hingewiesen werden. Derlei
immer wieder dem Künstler in Erinnerung zu bringen,
wäre an sich schon ein guter Zweck. Vielleicht findet
sich ein unternehmender Geist, der auf obige Idee ein-
mal eingehen würde ? B.

Vertag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipstgl.
 
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