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76

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. n

und anderen Ausgaben (Wasser, Heizung bei Zen-
tralfeuerung, Bewachung usw.)
Da seit jeher der „Künstler" zu der wenig be-
güterten Klasse der Bürgerschaft gezählt wurde,
der Bauherr also von ihm nur geringe Mietserträge
zu erhoffen haben wird, mussten sich die Jünger
Athenas mit in Rückgebäuden oder in Dach-
geschossen befindlichenAteliers begnügen. Aber
zwischen dieser einfachen Lösung der Platzfrage
und den für besondere Zwecke erstellten Atelier-
bauten, z. B. auf der Mathildenhöhe zu Darmstadt,
oder den aus staatlichen Mitteln erbauten Akademie-
Palästen, bei denen auf Rentabilität von vornherein
verzichtet wird', gibt es ungemein viele Zwischen-
stufen. Der einfache, in den hinteren Hof gerückte
Nutzbau, wie er früher z. B. in München vielfach
üblich war, mit den zwei oder drei übereinander
gelegten Paaren von Ateliers und der steilen Holz-
treppe in der Mitte,bildet denUrtypus des Atelier-
baues. Man findet ihn überall, auch in Italien oder
in Paris mit gewissen Varianten wieder; aber wie
grossartig hat sich der „Kasten" verwandelt in den
Prachtateliers der Avenue de Villiers und ihrer
Umgebung in Paris, mit den durch zwei Stock-
werke gehenden Riesenstudios, in den 6—8 Etagen
betragenden Bauten, wie man sie dort, allerdings
um sehr hohen Preis, mieten kann! Diesen rich-
tigen „Atelierkasernen" wäre als Ideal das Einzel-
atelier gegenüberzustellen, wie es in einem
prächtigen Beispiel der Besitzer der Villa Ströhl-
Fern vor der Piazza del Papolo zu Rom errichtet
hat; dort sind, ausser einem grösseren Bau, wo
mit Wohnungen vereinigte Ateliers sich befinden,
etwa ein Dutzend Einzelbauten in einer Strasse
des ausgedehnten Parks aufgeführt, so dass jeder
Inhaber sozusagen sein eigener Herr, von jedem
unangenehmen Geräusch weit entfernt, ungestört
arbeiten kann. Diese Atelierhäuschen bestehen
nur aus einem kleinen Vorraum, dem reichlich
grossen Atelier mit hocheinfallendem Licht, und
nach rückwärts einem Ausgang nach Süden ins
Freie, wo auch die nötige Latrine sich befindet.
Einige dieser Bauten enthalten Doppelateliers. Da
der Besitzer den Park sicher zu billigem Preis er-
standen hat, die Atelierbauten sehr einfach gebaut
sind und niemals leer stehen, wird er gewiss auf
seine Kosten kommen.
Bei den hier in kleinen Skizzen wiedergege-
benen Plänen für Atelierbauten ist der Uti-
litätsgrundsatz massgebend gewesen. Es sind nur
Ideen für Atelierbauten, die in jeder Weise variiert
werden können, je nach der Lage und Grösse des
vorhandenen, zur Bebauung bestimmten Grund-
stückes. Bei Rückgebäuden ist die Entfernung
vom Haupthause, wegen der Beleuchtung und
zur Vermeidung der Reflexe, zu berücksichtigen,
falls nicht schon durch die vorhandenen Bauvor-
schriften (wie in München) diese Entfernung ge-
geben ist.

Abbildung I zeigt eine Anordnung von zwei
Paaren von Ateliers in jedem Stockwerk. Ange-
nommen ist ein Platz zwischen Kommun-Mauern,
nach Norden frei (Garten, Hof), so dass reichliches
Licht einfallen kann.


Abb. i. Atelierhaus mit gutem*.Grundriss.

Jedes Atelier besteht aus: Vorzimmer, Kammer
und Hauptraum, Ofenheizung, Klosetts vom Stiegen-
haus zugänglich:
Nehmen wir ein dreigeschossiges Atelierhaus
mit obigem Grundriss an, so ergäbe dies:
I. ^ Ateliers für Bildhauer im Erdgeschoss.
2.4 „ „ Maler im I. Stock, mit Seitenlicht.
3. 4 „ „ Maler im 2. Stock, mit der Mög-
lichkeit, das Seitenlicht in ein Oberlicht über-
zuführen, worüber später noch Näheres zu sagen
sein wird.


Abb. 2. Atelier-Kaserne (in iVa mit Oberlicht und
Bildversenkung).

In Abbildung 2 ist die Anordnung einer Reihe
von Ateliers, einer „Atelier-Kaserne", so ge-
staltet,dass zwei grössere Ateliers mit Neben-
ateliers nebst Vorplatz und je zwei einfache
Ateliers auf einer Gangseite gelegen sind; das
4. Atelier, am Ende der Flucht, ist besonders gross
und hat Möglichkeit, eine Versenkung für grosse
Gemälde anzubringen.
Bei Anordnung im Dachgeschoss müsste
auf der Südseite ein niedriger Verbindungsgang
angebracht sein, und damit die Möglichkeit, der
Kammer durch einen Oberlichtschacht Licht und
Luft zuzuführen.
Durch obige Anordnung und erweiterten Grund-
riss für je 4 Ateliers auf jeder Seite (die Stiege
in der Mitte angenommen) würden bei drei Stock-
 
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