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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 14.

junger Münchener, Kar! Mussbeck, seine Erfindung der
Nitrogenkassette, die er nicht ohne berechtigten Stolz
a!s,,Lösung der Konservierungsfrage" bezeichnete. Denn
ihm ist es wirkiich geglückt, die atmosphärischen Ein-
flüsse dadurch gänzüch auszuschatten, dass er das Kunst-
werk in eine aus einem Eisenrahmen und einer Glas-
p!atte bestehende, mit chemisch indifferentem Gas ge-
füllt, ein Austrocknen ebenso wie die Büdung von
Mikroorganismen verhindernde Kassette verbrachte,
diese Kassette aberg!eichzeitigso herzustellen, dass sie
unter dem Bitdrahmen völlig verschwand. Nicht mehr
wurde a!so die Bitdwirkung beeinträchtigt, a!s eben eine
dünne, farblose Glasplatte es zu tun pflegt, wie wir sie in
Museen und Privatsammlungen, ihre Vorteile den erheb-
lich geringeren Nachteilen gegenüber betonend, gelten zu
lassen uns entschlossen haben. Mussbeck dachte bei seiner
Erfindung hauptsächlich an Tafelbilder. Aber er scheint
doch bereits auch eine Anwendung seines Verfahrens
auf die Wandmalerei geplant zu haben, denn er weist,
dabei gerade an die Rottmannbilder kurz erinnernd,
ausdrücklich darauf hin, dass bei völligem Abschluss
der Bildflächen und der Seiten von der Luft „nach den
Gesetzen der Kapillarattraktion keine Wanderung von
Salzen und Feuchtigkeit nach der BildHäche hin erfolgen
könne". Bei so ausgedehnten Wandmalereien, wie es
die von Kaulbach im Neuen Museum zu Berlin sind,
die neuerdings durch ein wohl überlegtes, gleichfalls
in der „Museumskunde" geschildertes Verfahren Fried-
rich Rathgens von Salzausblühungen und Schmutz be-
freit worden sind, werden sich die Mussbeckschen
Kassetten nicht verwenden lassen. Da sie aber in ihrer
Konstruktion leicht abwandlungsfähig sind, z. B. in
unserem Falle keines Bodens bedürfen, sondern nur
eines sicheren seitlichen Abschlusses, sind sie bei den
sehr viel kleineren Rottmannschen Bildern wohl denk-
bar. Bei der hohen Lage der Kunstwerke über dem
Auge de Beschauers fällt die sonst bei der Verglasung
leicht störende Spiegelung fort, andererseits werden
die Glasplatten für eine Vertiefung und Kräftigung des
Farbtons sorgen, so dass vielleicht sogar aus der Not
noch eine besondere Tugend gemacht werden kann.
Freilich wird auch hier das Probieren über das Studieren
gehen müssen. Karl Koetschau.
Deutsche Geseüschait tür rationelle
Mal verfahren, München.
Ueber die Vorgänge infolge des Rücktrittes des
Vorsitzenden der Gesellschaft und des technischen Aus-
schusses sowie die Neuwahl der Vorstandschaft liegen
folg. Berichte der „M. N. N." vor. (Hier muss eingeschal-
tet werden, dass die Geschäftsführung der Herren Käm-
merer und Prof. Horn, insbesondere ihre Redaktion
der „Techn. Mitt." bei den eigenen Mitgliedern sowohl
wie fernerstehenden Interessentenkreisen auf Wider-
spruch gestossen ist. Tatsächlich war in der letzten
Zeit der Austritt der Akademie der bild. Künste er-
folgt und war im Finanzausschuss des Landtages davon
die Rede, dass der Gesellschaft der staatliche Zuschuss
von 1500 Mk. entzogen würde.)
Der Bericht in Nr. 95 der „M. N. N." lautet:
Die Deutsche Gesellschaft für rationelle Mal-
verfahren hielt am Dienstag ihre ordentliche Haupt-
versammlungfür die drei vorhergehenden Jahre ab. Dem
vom Vorsitzenden Kunstmaler Paul Kämmerer erstat-
teten Jahresbericht ist zu entnehmen, dass die Zahl
der Mitglieder von 5 Ehren- und 162 ordentlichen Mit-
gliedern auf 5 Ehren- und tß7 ordentliche Mitglieder
zurückging. Auch sonst machte sich die Kriegszeit
geltend. Die Versuchsanstalt und Auskunftsstelle für
Maltechnik an der Technischen Hochschule war ge-
schlossen, wodurch die Arbeit des Vorstandes und des

Technischen Ausschusses beeinträchtigt wurde. Dazu
kam die Unmöglichkeit materialtechnischer Arbeiten
durch Mangel an Malstoffen. Die Bearbeitung der Nor-
malfarbenfrage konnte nicht weitergeführt werden. Von
weittragender Bedeutung wurde der während der Kriegs-
zeit aufgetauchte und in den „TechnischenMitteilungen"
ausgetragene Streit um GoethesFarbenlehre gegenNew-
tons Farbentheorie, wodurch weitere Kreise auf die
Bedeutung der Frage an sich und der Physik überhaupt
für die Maltechnik hingelenkt wurden. Der Tätigkeits-
bericht des Technischen Ausschusses, von Prof. Dr.
K. Horn erstattet, verweist auf experimentelle und be-
griffliche Arbeiten auf dem Gebiet der Licht- und Farben-
dynamik und auf dem eng verwandten Gebiet der Licht-
und Schattenverteilungslehre. Der Kassenbericht weist
ein Vermögen von 5041 Mk. aus. — An den Rücktritt
des Vorstandes knüpfte sich eine lange und lebhafte
Aussprache, die sich besonders um die Tätigkeit des
Vorsitzenden der Gesellschaft und des Vorsitzenden
des Technischen Ausschusses drehte und ebensowohl
grundsätzliche Fragen wie der Farbenlehre, quantita-
tive und qualitative Weltanschauung usw. wie auch persön-
liche Angriffe und Verwahrungen in den Kreis der Er-
örterung zog. Die Mehrzahl der Versammelten hielt
zu dem bisherigen Vorstand. Das Wortgefecht endete,
da man sich über eine vorgeschlagene provisorische
Vorstandschaft in Form eines Direktoriums nicht einigen
konnte, damit, dass die Versammlung und mit ihr die
unerledigte Hälfte der Tagesordnung vertagt wurde.
In Nr. 113 wird berichtet:
Neue Vorstandschaft in der Deutschen Gesellschaft
für rationelle Malverfahren (A. W. Keim-Gesellschaft).
Bei der Fortsetzung der neulich vertagten Hauptver-
sammlung wurde die Wahl der neuen Vorstandschaft
nunmehr durchgeführt. Es wurden gewählt: Prof. Walter
Firle als erster Vorsitzender, Malermeister Johann Meier
als Stellvertreter, Dr. Heller und Schriftsteller Stein-
bach als i. und 2. Schriftführer, Malermeister Kiesgen
als Kassierer, sowie sieben Beisitzer aus allen mit der
Maltechnik in Beziehung stehenden Berufsgruppen. Zum
Vorsitzenden des technischen Ausschusses wurde Prof.
Dr. Eibner, der Leiter der Versuchsanstalt für Maltech-
nik an der Technischen Hochschule, gewählt. Gemäss
einem von Dr. Hoppe vertretenen Antrag, der von einer
grösseren Zahl von Mitgliedern unterzeichnet war und
von der Versammlung angenommen wurde, spricht die
Gesellschaft aus, dass sie das aufopferungsvolle Schaffen
der Herren Kämmerer und Prof. Dr. Horn (bisherige
Vorsitzende der Gesellschaft beziehungsweise ihres tech-
nischen Ausschusses) anerkennt, einschliesslich der ihrer
persönlichen Ueberzeugung entsprungenen Tätigkeit
für Goethes Farbenlehre. Die Gesellschaft erachtet es
gleichzeitig als wünschenswert sich ihren eigentlichen
maltechnischen Aufgaben wieder in verstärktem Masse
zuzuwenden.
Zum Schluss der Versammlung wurden noch einige
weitere Antiäge angenommen: von Dr. Hoppe und
Dr. Krais bezüglich Fortsetzung der Arbeiten am Deut-
schen Farbenbuch und Zuwahl eines Vertreters der Teer-
farbenindustrie und von Malermeister J. Leiphnger, dass
die Gesellschaft beim Ministerium vorstellig werden
solle, um das Gutachtenmaterial zur Prüfung und Rück-
äusserung zu erhalten, durch welches das Ministerium
über die jüngste Tätigkeit der Gesellschaft informiert
wurde, und ferner, dass gegen das abfällige Urteil des
Abgeordneten Dr. Pichler über diese Tätigkeit Ver-
wahrung eingelegt werde. Schliesslich wurde auch ein
Antrag gutgeheissen, nach welchem der Erwerb von
A. W. Keims hinterlassener Bibliothek angestrebt wer-
den soll.

Vortag der Werhatatt der Kunst (E. A. Seemann, Le!pt!gt.
 
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