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92

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. !6.

Einfache Stilleben, Teller, Apfel, Topf — oder
irgend ein Gegenstand und eine stattliche Anzahl
solcher Versuche hat noch oft später den Beweis
geliefert von der Haltbarkeit der Farben und
Bindemittel.
In der Zeit, als einige Schüler solche Versuche
machten, es war 1908, passierte es einem in allen
etwas Schwachbegabten unsicheren Jüngling, den
mir Prof. S. zugeschickt hatte, mit der Bemerkung,
ob ich es nicht versuchen wollte, er käme nicht
vorwärts mit ihm, dass die Malerei dieses Schülers
einfach gar nicht trocknete — während die Ver-
suche der anderen Schüler ganz gut und klar und
alle zu gleicher Zeit aufgetrocknet waren.
Grund, Oel, Farben — bei allen —- dasselbe
— allgemeines Kopfzerbrechen.
Ich untersuche alles.. Ganz zuletzt lasse ich
mir von dem jungen Mann die — Pinsel — zeigen
— fühle sie an und frage ihn, womit er dieselben
ausgewaschen habe — mit grüner Seife wie mir
der Klassendiener es gezeigt hat — haben Sie die-
selben auch tüchtig ausgespült? fragte ich— nun
kam die Verlegenheit, zugleich aber auch die Lösung
des Rätsels, ln den Pinseln war noch Seife ge-
blieben und Seife und Oel trocknet nie —.
Das weiss auch jeder Malermeister, wie leicht
durch Seife ein geölter Fussboden klebrig bleibt.
Kleine Ursachen grosse Wirkungen, die Haupt-
sache ist, die Ursachen (gerade die kleinen) heraus-
zufinden, da ist eben der praktische Weg der beste.
So geht es in hundert Dingen. Da fällt mir immer ein
Kollege von früher ein,der sagte: Es gibt Menschen,
welche, wenn sie einen Flecken aus einem Rock
entfernen wollen, so lange Chemie vorher studieren,
bis der Rock aus der Mode gekommen ist. Das
Richtige liegt wohl in der Mitte — Belehrung und
praktische Uebung, besonders aber Kenntnis der
Stoffe und deren Anwendung und dies ist uns er-
schwert seit der Zeit, der Fabrikation, seit der
Trennung der Kunst vom Handwerk. Das hat sich
aber auch aus den Verhältnissen ergeben und lässt
sich nicht mehr auf den früheren Standpunkt zurück-
führen, aber jeder muss selbst sich mehr mit den
sonst so missachteten kleinen Arbeiten, die zum
grossen Ganzen gehören, abgeben und ginge es bis
zum Pinselauswaschen, wie mein Beispiel beweist.
Dass übrigens recht viele Maler doch Sorge
tragen, dass Grund, Farben und Firnisse gut aus-
gewählt werden, sieht man in den grossen Ausstel-
lungen an recht vielen technisch tadellosen Bildern.
Ausserdem haben unsere Hochschulen überall
Stellen, welche mit Rat und Tat zu helfen bereit
sind; aber bei sich selbst muss jeder anfangen. Es
gibt eine Reihe von einfachen Mitteln und Wegen
die Lichtbeständigkeit der Farben zu prüfen, die Oele
auszuprobieren, sie zu bleichen — hell zu machen
— die Farbenmischung herzustellen — aber es gehört
ein gewisser Fleiss, viel Interesse und Geduld da-
zu, und dies alles hatten die Alten in grösserem

Masse. Wer nicht Zeit findet, kann sich auch, nur
gegenwärtig nicht, gutes Material kaufen, aber dazu
gehört ebenfalls die Arbeit des Ausprobierens, damit
man das Gute vom Schlechten unterscheiden kann.
Prüfet alles und das Beste behaltet. Somit komme
ich immer wieder auf den Grundsatz zurück: Wer
Maler sein will, muss zuerst Bescheid wissen, worauf,
womit und wie — er malen soll. Ueber das Wie
— werden wir noch oft Gelegenheit haben zu
sprechen, das spielt die grösste Rolle, denn es können
zwei Maler aus denselben Farben die entgegen-
gesetztesten Wirkungen hervorbringen. Wie ich
Ihnen — aber bereits sagte, müssen wir die Kriegs-
zeit ausschalten, wo es nur schlechtes Ersatz-Material
gibt und also die ganzen Grundbedingungen andere
werden, wodurch die Ursachen schwieriger zu finden
sind. Es ist jetzt wie eine Art Belagerungszustand,
unbeständig, der aber wieder vorübergehen wird,
wenn uns der Friede dereinst wieder leuchtet."
Nach vielen Dankesbezeugungen meines Kol-
legen ging das Gespräch auf die Tagesneuigkeiten
über, und verabredeten wir Tag und Stunde, wann
er mir das verunglückte Objekt vorzeigen wollte.
Vielleicht kann man bei Besichtigung und Befüh-
lung wieder — etwas Neues — lernen.
Februar 1918.
Der Atelier-Bau.
(Schluss.)
Man kann sagen, je höher das Licht einfällt,
je besser ist es, denn je tiefer und seitlich das
Licht einfallt, desto mehr „spiegeln" die Oelbilder
und es ist überdies nicht angenehm, bei der Arbeit
das Licht in der Augenhöhe hinter sich zu haben.
Wer genötigt ist, sich bei der Arbeit eines Augen-
glases zu bedienen, wird diese Reflexe von rück-
wärts garnicht ertragen können.
Dass für die Atelierfenster die Richtung nach
Norden unbedingt nötig ist, steht dahin, denn das
Nordlicht ist meist kalt und frostig; aber es hat
andererseits die Annehmlichkeit, sich weniger zu
verändern, während Ateliers nach Ost oder West
allzusehr vom Sonnenschein beeinflusst sind. Direkte
Sonne lässt sich auch durch Vorhänge niemals ge-
nügend dämpfen, die Reflexe sind zu unangenehm
fühlbar und besonders in guter Jahreszeit ist ein
Sonnenatelier zur Malarbeit nicht benutzbar.
Die Reflexe an sich spielen in der Malerwerk-
statt eine grosse Rolle, und deshalb ist der An-
strich der Wände bestimmend. Neuerer Zeit
wird ein sehr heller Anstrich beliebt, weil die Licht-
reflexe dem Freilicht am meisten ähnlich sind,
während früher, zur Zeit der „Dunkelmalerei" ein
stark getonter, dunkel olivgrüner oder graugrüner
Farbton allgemein war. Aber es wird der helle
Atelieranstrich, ausser er ist nur an der oberen
Hälfte angebracht, bei der Arbeit unangenehme
Seiten haben, die Oelfarbe wird zu sehr glänzen,
 
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