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Manchen, 27. Mai 1918,

Beilage zer „Werkstatt der Haast" (E, A. SeeaaEH, Leipzig).
Ereoheiat 14 tägig aater Leitaag vea Mater Prof. Ernst Berger.

XIY. jähfg. Nf. l8.

Inhalt: Der Maler und das Mikroskop. Von Hugo Hillig, Hamburg. (Schluss.) — Kurze Bemerkungen zu
Goethes Farbenlehre. Von E. B. (2. Fortsetzung.) — Zwei Kapitel aus Church-Ostwald: Farben und
Malerei. (:. Fortsetzung.) — Rezepte für die Werkstatt: Reisskohlen brennen; 2. Rostflecke aus
Marmor entfernen.

Der Mater und das Mikroskop.

Von Hugo Hillig, Hamburg.
(Schluss.)

Ueberhaupt wird es ja niemals schaden können,
die Erkenntnis nach dieser Richtung hin zu er-
weitern. Man sage nicht, dass das ein Abweg
sei von dem Hauptziel der Malerausbildung, das
ja meistens auch mit der Neigung, mit der Vorstel-
lung schlechthin von der malerischen Betätigung
zusammenfällt, und die wir etwa die Erziehung zu
Form und Farbe nennen möchten, unvergessen
freilich aller der Abwege, die auch hier sich ab-
zweigen. Aber bleiben wir der Einfachheit halber
bei der Erziehung zu Form und Farbe. Was ist
denn an diesen beiden „Problemen" das, was sie
zu Problemen macht, was ist das Undefinierbare,
das Intuitive, das „Unerlernbare" an ihnen? Nun,
genau besehen sind es Kleinigkeiten im Sinne einer
mikroskopischen Betrachtung: es handelt sich beim
Ausdruck der Form letzten Endes um Bruchteile
eines Millimeters, die zuzusetzen oder wegzunehmen
sind und zwar an einem bestimmten Punkt der
ebenfalls nach solchen kleinen Masseinheiten be-
stimmt werden müsste, wenn es wirklich darauf
ankäme, das, was schön oder künstlerisch gefühlt
ist, mathematisch zu beweisen und zu begründen.
Dieser Gedanke ist nicht etwa nur eine Spielerei:
der Goldene Schnitt, der Ernst, mit dem sein Ge-
setz aufgestellt und über langeZeiten bewahrt worden
ist, die überraschende Allgemeinheit seiner nicht
von der Kenntnis seines Gesetzes bestimmten, son-
dern rein gefühlsmässigen Anwendung lehrt uns
gleichwohl den Zusammenhang des Formproblems
mit der exakten, in diesem Falle mathematischen
und logischen Denkweise. Eine Sache für sich,
aber in diesem Zusammenhang nicht zu vergessen,
ist ja die Anregung, aus der mikrokosmischen Welt
neue ornamentale Formen zu finden; die neuere

Ornamentik ist teilweise ohne diese Anregung in
ihrer Herkunft gar nicht zu verstehen. Und weiter-
hin die Farbe! Die Maler haben im allgemeinen
eine sehr geringe Vorliebe für die rein physika-
lische also auch mathematische Farbenlehre, die
allgemein verständlich ist. Dafür ist aber das, was
Maler über die Farbe, fernab von jenen exakten
Voraussetzungen über Farbe schreiben oder reden,
meist nur für sie selbst verständlich. In beiden
Fällen, bei der objektiven wie bei der subjektiven
Betrachtung des Farbenproblems sind aber unstreitig
auch solche Vorgänge im Spiele, die unterhalb der
Sehgrenze des Auges liegen; und wenn man sie
auch sicher niemals in irgend einem mikroskopischen
Bildfelde sehen wird, weil die Natur des Lichtes
eben auch der Wirksamkeit des Mikroskops eine
Grenze setzt, so bleibt doch die Tatsache bestehen,
dass die Farbenwelt letzten Endes in ihrem ganzen
Gepräge bestimmt wird von Massgrössen, denen
man mit dem Mikroskop wenigstens einen kleinen
Schritt näher kommen kann. Es wird vom Maler
niemand verlangen, dass er sich in dieser Rich-
tungverlieren solle; hier liegt einebesondere wissen-
schaftliche Aufgabe vor, die nicht mehr künstle-
rischen Zwecken zustrebt, sondern ihre eigenen
Ziele hat. Aber dem Unterbau aller dieser Pro-
bleme des Malers nachzuspüren, soweit das bequem
möglich ist, gehört ohne Zweifel zu dem Mass von
allgemeiner Bildung, ohne die auch der Maler nicht
sein darf und die er sich erarbeiten muss, selbst
wenn seine künstlerische Befähigung ihn hoch über
den landläußgen Begriff der allgemeinen Bildung
hinaus erhöbe.
Was von den Farbstoffen gilt, bezieht sich auch
auf die Bindemittel in ihren verschiedenen Formen
 
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