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Nf, :6,

Münchner kunettechnische Blätter

Ebenso ist es beim Auskristallisieren aus der Lösung,
wir sehen das Ansetzen und Wachsen der Kristalle,
aber wie es geschieht, bleibt uns darum doch ein
Rätsel. Das Ultramikroskop zeigt allerdings mehr,
es zeigt Körpereinheiten, die wahrscheinlich schon
in der Nähe der Moleküle stehen und zeigt sic
in ihren eigenen Bewegungen; handelte es sich
darum, diese Beobachtungen unmittelbar für die
Theorie der Maltechnik dienstbar zu machen, so
eröffnete sich eine lange Reihe von Möglichkeiten,
die so manchen dunklen Punkt in der Maltechnik
und auch in der Farbenoptik aufhellen könnten.
Ich habe für den Schulgebrauch in meinen
Klassen eine Reihe solcher mikroskopischer Präpa-
rate angelegt. Sie sind mit Farbstoffen leicht her-
zustellen, indem man die Farbpulver auf dem Objekt-
träger mit einem farblosen Lack befestigt. Ausser-
dem sind solche Objektträger in verschiedener
Weise mit Blattgold, Blattmetall, Bronze usw. be-
legt. Wo es möglich ist, sind auch die Verwand-
lungen, die die Farbstoffe im Laufe der Zeit er-
fahren können, auf solchen Objektträgern dargestellt
und nun mikroskopisch nachzuprüfen. Farbschicht-
querschnitte, Linoxynbildungen lassen sich eben-
falls unschwer für die Betrachtung herrichten, es
müssen ja nicht Mikrotome sein. Interessante Struk-
turformen: Kochsalz, Glaspulver, Kieselgur, Kreide,
ausgeblühte Salze aus feuchten Wänden, Perlmutter,
Schablonenpapier, Pinselborsten und Pinselhaare
verschiedener Art, neu und abgenutzt, rein oder
verschmutzt, die Struktur der verschiedenen Farb-
massen, Durchsichten von geriebenen und ungerie-
benen Farbmassen, Struktur von Holz, Papier, Perga-
ment, Mörtelmassen, Stein, das Aufliegen der Farb-
stoffe auf diesen Untergründen, Farbkornmischungen
und vieles mehr, wie es sich aus der systematischen
Behandlung aller Fragen der Maltechnik ergibt,
geben mir die Möglichkeit, wie ich denke, die Be-
griffe zu vertiefen und den Schülern zu zeigen,
dass „hinter dem Berge auch noch Leute wohnen",
will sagen, dass die Welt der Erscheinungen nicht
zu Ende ist, wenn das blosse Auge nichts mehr
sieht. Im Gegenteil, da geht die Welt, wie es
mir manchmal dünken will, erst eigentlich an und
was wir von ihr sehen, ist nur ein grobes ungenaues
Bild, ein rauh gewebtes Tuch.
Ich habe freilich die Erfahrung gemacht, dass
die Erkenntnis, jene Wahrnehmungen hätten auch
etwas zu bedeuten, erst nach und nach kommt. Wenn
man die jungen Leute der Malerfachklassen aber
erst um die Künstlerecke herumgebracht hat, wenn
sie begriffen haben, dass sich auch mit dem Künstler-
ideal die technisch-theoretische und sogar die prak-
tische Ausbildung verträgt, ja, dass sie im Grunde
untrennbar von jener ist, dann beginnt im All-
gemeinen auch das Verständnis für die Nützlich-
keit jener Versuche, der Natur etwas näher zu
kommen. Wie weit es gelingt, ist abhängig von
der Art des verfügbaren Mikroskops und auch von

!OS

der philosophischen Neigung, die sich bei dem und
jenen zeigt. Diese ist aber auch bei denen, „die
es wissen müssen", nicht nur von einer Art; der
kantischen Annahme von der Begrenztheit alle#
menschlichen Wissens und dem Ignorabimus Du
Bois-Reymonds setzt Haeckel ein überzeugtes:
Wir werden wissen, entgegen. Uns berühren diese
höchsten philosophischen Fragen nach den Grenzen
der menschlichen Erkenntnisfähigkeit ja nur mittel-
bar und ganz leise. Im Grunde kann man es in
diesen Dingen mit Goethe in seiner Ansicht von
der Welt halten: „Liege sie anfangs endlos vor
uns; unbegrenzt sei die Ferne, undurchdringlich
die Nähe; es sei so; aber wie weit und wie tief
der Menschengeist in seine und ihre Geheimnisse
zu dringen vermöchte, werde nie bestimmt und
abgeschlossen."
Kurze Bemerkungen zu Goethes
Farbetüehre.
Von E. B.
(a. Fortsetzung.)
Nach der Goetheschen Darstellung (Nr. $?) ent-
stehen hier die Farben durch Vermischung der
„Strahlungen", wobei der horizontale schwarze Stab
nur deswegen ganz gefärbt wäre, weil er zu schmal
ist und die farbigen Ausstrahlungen beider Ränder
einander in der Mitte des Stabes erreichen können,
was auch völiig zutrifft; aber wie das zu geht
das ist die Frage?
6. Versuch:
Wir nehmen die Goethesche Karte 4, ein schwar-
zer Stab auf weissem Grund

Figur 4.


Bei naher Betrachtung durch das Prisma ist
der obere Rand blau und violett, dann kommt die
schwarze Mitte, und der untere Rand schliesst mit
Rot und Gelb gegen den weissen Grund ab.
Bei vergrösserter Distanz sehen wir: eine obere
Zone blau, eine Mitte von Purpur (Phrsichblüth)
und daran schliessend Gelb.
Noch mehr entfernt zeigt das Band eine Ver-
breiterung und gleichzeitig Verblassung der
Farben Grün, Purpur und Gelb.
Diesen Versuch wollen wir uns klar verständ-
lich machen, indem wir zwei weisse Kartcn-
blätter in Entfernung von einigen Zentimetern
 
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