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VIII.

Die Friedensjahre bis zur Revolution 1848/^9

Erstarkunp der deutschen 8:edetnnp
Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts war eine wesentliche Verände-
rung in dem Bestand und Charakter der deutschen Landsmannschaft
am Tiber vor sich gegangen. Die Zahl der Handwerker ging zurück,
ihre alten Vereinigungen siechten dahin, lang ansässige Familien
italienisierten sich durch Heirat mit Eingeborenen, die kirchlichen
Nationalstiftungen gerieten immer mehr in italienische Hände und
wurden dem Deutschtum entfremdet; dagegen wuchs die vorüber-
gehend anwesende Kolonie rasch an Umfang und innerer Bedeutung,
einmal durch die Steigerung des Reiseverkehrs im allgemeinen, dann
vorwiegend durch den Zufluß von Gelehrten, Schriftstellern und bilden-
den Künstlern, denen Mengs und Winckelmann den Weg nach Rom
und zu einer neuen Erkenntnis seiner Kulturwerte gezeigt hatten. Es
bildete sich eine starke Siedelung von deutschen und stammverwandten
Nationen, die unabhängig von der römischen Kirche einem gemein-
samen Bildungsideal nachgingen, die zwar, von einigen Ausnahmen
abgesehen, nicht dauernd in Rom festwurzelten, aber doch durch lang-
jährigen Aufenthalt heimisch wurden, die durch die Verwandtschaft
ihrer Bestrebungen zu einem geschlossenen Kreis zusammenwuchsen,
der in seinem Mitgliederbestand wohl wechselte, aber durch das Band
geistiger Anliegen und der Nationalität eine dauernde Einheit bildete.
Schon während Goethes, Herders und der Herzogin Amalie Anwesen-
heit war diesen Deutschrömern das Bewußtsein ihrer völkischen Selb-
ständigkeit und Zusammengehörigkeit auf dem internationalen Boden
der Ewigen Stadt erwacht, sie führten ein deutsches Leben miteinander
trotz mancherlei Zwiespältigkeit der Anschauungen, und diese Gemein-
schaft wurde durch die Wirren der Revolution, die den größten Teil
der Deutschen zur Heimkehr zwangen, nur vorübergehend zerrissen;
sie fügte sich mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts rasch wieder zu-
sammen, als der Zufluß von begeisterten Jüngern der Künste und von
Verehrern antiker Kultur aus dem Norden von neuem anschwoll. Eine
mächtige Förderung erfuhr das vaterländische Gemeingefühl der
Deutschen Roms in der napoleonischen Zeit gerade durch die poli-
tische Notlage; die deutsche Einheitssehnsucht, die, in den Jahren der
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