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lag er einer heftigen Blatternerkrankung und wurde zwei Tage darauf
bei der Cestiuspyramide bestattet, wo der große Vater einst zu ruhen
gewünscht hatte. Thorwaldsen hat den Grabstein mit seinem Bildnis
geschmückt.
In den für das römische Deutschtum ereignisreichen Jahren 1817
bis 1819 führte ein günstiger Zufall eine Schar von bedeutenden
Menschen am Tiber zusammen. Der junge Dante-Forscher Karl Witte,
der Philosoph Schopenhauer, der Historiker Böhmer, die Dichter
Rückert und Atterbom traten in mehr oder minder nahe Beziehungen
zur deutschen Stammgesellschaft des Casfe Greco, im Gefolge des
Wiener Hofes kamen im Frühling 1819 Friedrich von Schlegel und
Franz Grillparzer; zugleich lebte zu längerem Besuch eine Gruppe von
Frauen in Rom, die in hohem Grade anregend auf den geselligen Ver-
kehr der deutschen Siedelung einwirkten: Karoline von Humboldt mit
ihren beiden Töchtern Gabriele und Karoline, die schöne und geistvolle
Henriette Herz, Dorothea von Schlegel, die Mutter der beiden Maler
Veit, die anmutige Schauspielerin Fanny Gaspers, sowie die Malerin-
nen Luise Seidler und Auguste Klein und als Nebenfiguren die Wiene-
rinnen Anna Schiftenhuber, die sich mit Overbeck, und Elisabeth
Seizer, die sich mit dem Maler Karl Eggers vermählt hat. Die
Glaubensverschiedenheit, die in jener Zeit der häußgen Bekehrungen
sich manchmal scharf gegensätzlich äußerte, war kein Hindernis für
den regen und zwanglosen Verkehr dieser Frauen untereinander und
mit der deutschen Männerwelt, vornehmlich den Künstlern; auch kein
Standesdünkel trennte sie. Als Mittelpunkt und Seele dieses Kreises ist
Frau von Humboldt anzusehen, die von ihrem früheren mehrjährigen
Aufenthalt her mit Menschen und Dingen in Rom vertraut war und bei
den ehemaligen Hausgenossen des Rückgebäudes des Palazzo Tomati,
in der Gasa Buti, wohnte. Ihre Töchter erneuerten vorurteilslos und
herzlich die alte Kinderfreundschaft mit den Butischen Mädchen, die
ihre Mutter als ßeißige Bürgerstöchter in jeder Hausarbeit unter-
stützten, kochten, wuschen, bügelten, aber mit angeborener italieni-
scher Gewandtheit und Anmut sich in der höheren Gesellschaft zu be-
wegen wußten, als wären sie in einem aristokratischen Salon aufge-
wachsen. Es ging damals in der Via Sistina, wo auch die meisten
anderen Damen des Kreises wohnten, sehr munter her, die frohe weib-
liche Jugend und die künstlerische Lebenslust gaben den Ton an.
Man seierte die Geburts- und Namenstage gemeinsam mit sinnreichen
Veranstaltungen, man sang, tanzte und spielte Theater; Auguste Klein,
die eine dichterische Ader besaß, verfaßte dazu passende Festspiele,
die von Fanny Gaspers, Thorwaldsen, Rudolf Schadow und anderen
dargestellt wurden. Zwischen der liebenswürdigen Schauspielerin und
dem erheblich älteren Thorwaldsen entwickelte sich eine gegenseitige
Zuneigung, die wohl zu einer Verbindung geführt haben würde, wenn

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