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Die öffentlichen Gebäude. Das Amphitheater.

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sie drei Paare mit einander kämpfen ließen. Aber schon im Jahre 538 d. Stadt
(216 v. u. Z.) gaben die drei Söhne des M. Aemilius Lepidus zu Ehren ihres
Vaters dem Volke das Schauspiel von 22 Einzelkämpfen, welche drei Tage auf
dem Forum dauerten, und bald darauf 554 d. St. (200 v. u. Z.) ließen die
Söhne des Valerius Laevinus bereits 25 Paare gegen einander kämpfen. Seit
dieser Zeit war der Geschmack an diesen blutigen Spielen so allgemein ge-
worden, dass nach und nach ziemlich jede Verbindung mit der ursprünglichen
Veranlassung zerrissen ward, und man dieselben wie andere Volksbelustigungen
mit Triumphen, Gebäudeeinweihungen und anderen Gelegenheiten verband,
und dass ehrgeizige und reiche Männer dem Volke diese Schauspiele wie
andere gaben, um sich für eine Wahl zu empfehlen oder um für eine solche
ihre Dankbarkeit zu bezeigen. Ja in Campanien ging man so weit, bei Gast-
mählern wie Tänzer und andere Kunststückmacher auch Gladiatoren einzu-
führen, die auf Tod und Leben kämpften, während die Gäste schmausten, und
deren Blut nach des Dichters Silius Italicus Ausdruck die Tische besudelte.

Ein verwandtes Vergnügen waren die Thierhetzen [venationes), d. h. die
Kämpfe wilder Tliiere theils unter einander, theils mit Menschen, namentlich
verurtheilten Verbrechern. Auch die Anfänge dieser grausamen Sitte sind als
Leichenspiel bei den Etruskern nachweisbar und wahrscheinlich von ihnen zu
den Römern gekommen.

Die Thierhetzen fanden in Rom ursprünglich in der Rennbahn (circus)
statt. Für die Gladiatorenkämpfe war der altherkömmliche Schauplatz das
Forum, und noch Vitruv (V, 1,1) schreibt vor, dasselbe mit Rücksicht darauf
einzurichten. Die häufige Wiederholung dieser Spiele und der massenhafte Zu-
drang des Volkes nöthigte später zur Errichtung eigner Gebäude, der Amphi-
theater, in welche dann auch die Thierhetzen verlegt wurden. Dennoch blieb
Rom lange ohne Amphitheater ; erst Julius Caesar ließ im Jahr 46 v. Chr. ein
solches Gebäude aus Holz auf dem campus Martins errichten. Bald nachher
stellte sich auch der Name fest; da, wie bereits früher bemerkt, im engern
Sinne die Zuschauerräume allein den Namen Tlieatron führten, so bezeichnet
Amphitheatron eine ringsum von Zuschauerplätzen umgebene Anlage. Um aber
für die Bewegung der Kämpfe und Jagden mehr Raum zu gewinnen, baute man
die Amphitheater nicht kreisrund, sondern als ziemlich gedehnte Ovale, und es
ist wohl möglich, dass nicht sowohl das Theater als der Circus das Vorbild für
diese neue Gebäudeform lieferte. Das erste bleibende, zum Theil aus Stein, zum
Theil aus Holz bestehende Amphitheater baute in Rom unter August Statilius
Taurus ; dasselbe brannte unter Nero ab und wurde von diesem restaurirt.
Der Folgezeit aber erschien dasselbe nicht groß und prachtvoll genug ; Vespa-
sian unternahm und Titus vollendete das Amphitheatrum Flavium, das heute
Colosseum oder Coliseo genannte gewaltige Gebäude, welches über 80,000
Zuschauer fasste. Die auf dasselbe verwendete Summe soll so gewaltig gewesen
sein, dass sie zum Bau einer ansehnlichen Stadt genügt haben würde ; 12,000
Juden arbeiteten an demselben, und bei seiner Einweihung sollen nach der
geringsten Angabe 5000 wilde Thiere getödtet worden sein, worauf der Schau-
platz durch hineingeleitetes Wasser in einen See verwandelt wurde, auf
welchem man ein Schiffsgefecht, eine sogenannte Naumachie veranstaltete.

Overbeck, Pompeji. 4. Auü. [2
 
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