Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Pompejaner oskische und griechische Inschriften.

463

aus diesen Urkunden für die Baugeschichte der Stadt entnehmen können, ist
seines Orts benutzt worden, darauf also hier nicht zurückzukommen.

Anders verhält es sich mit den beiden anderen Classen der pompejaner
Inschriften, den an die Wände öffentlicher und privater Gebäude mit bald
rother, bald schwarzer Farbe angemalten [dipinti)lü6), in einzelnen Fällen mit
Kohle angeschriebenen, und den ebendaselbst außen und im Innern in den
Stucco eingekratzten (graffiti)x%1). Allerdings sind auch diese nicht einzig in
ihrer Art; man hat, abgesehn von der Schwesterstadt Herculaneum, auch sonst
noch angemalte , so gut wie eingekratzte Inschriften, zum Theil — es seien
nur die Ausgrabungen am Palatin in Rom erwähnt*) — in beträchtlicher
Anzahl und von nicht geringem Interesse aufgefunden. Allein schon ihrer
bloßen Zahl nach nehmen die pompejaner dipinti und graffiti einen hervor-
ragenden Platz ein, und ihrem Inhalte nach verdienen sie die eingehendste
Betrachtung in eben so liobern Grade wie irgend welche anderen.

Einer solchen Betrachtung sind nun freilich in einem Buche, wie dieses
ist, sehr enge Grenzen gezogen, und zwar nicht allein aus äußerlichen und
räumlichen Gründen. Mit einer bloßen Sammlung dieser Inschriften oder der
Wiedergabe und Ergänzung der von Anderen gemachten Sammlungen, von
der ohnehin gewisse, hier nicht näher zu bezeichnende Theile ausgeschlossen
bleiben müssten, welche sich zur Mittheilung an ein nicht gelehrtes Publikum
nicht eignen, mit einer solchen Sammlung würde einem nicht gelehrten Leser-
kreise gewiss sehr wenig gedient sein ; ausführliche Erklärungen und Erörte-
rungen — und nicht wenige dieser Inschriften erheischen solche — würden
wahrscheinlich den meisten Lesern dieses Buches auch sehr wenig willkommen
sein. Und somit bleibt nichts übrig, als eine ausgewählte Zusammenstellung
solcher dipinti und graffiti, welche, sei es an und für sich verständlich, sei es
durch eine beigefügte Übersetzung und ein paar kurze erläuternde Bemerkun-
gen allgemein verständlich zu machen sind. Die durchgängige Hinzufügung
einer Übersetzung, so mannichfaltige Schwierigkeiten dieselbe bieten mochte,
wurde für Pflicht erachtet; mögen die hier angedeuteten Gesichtspunkte von
einer billigen Beurteilung dessen, was gegeben und nicht gegeben, auch wie
es gegeben wird, erwogen werden.

Ehe wir auf die dipinti und graffiti näher eingehn, muss in Betreff aller
pompejanischen Inschriften bemerkt werden, dass in denselben die drei
Sprachen erscheinen, welche nach einander und wohl auch neben einander in
Pompeji gesprochen worden sind: die oskische, die griechische und die latei-
nische. Die oskisclien Inschriften, jedenfalls in ihrem Hauptbestande die
ältesten, aus der Zeit der Autonomie Pompejis vor dem Bundesgenossenkriege
und der Gründung der sullanisclien Colonie (88 v. u.Z.) stammenden, müssen
hier ganz bei Seite bleiben ; wer sie sucht, findet sie in ihrem Hauptbestande
gesammelt und erläutert in Mommsens Unteritalischen Dialekten S. 185—189
und in Fiorellis Monufienta epigraphica Pompeiana Heft 1, in denen sie in
erster Ausgabe 1854 in Facsimiles in der originalen Größe, freilich für den
Preis von 150 lire, publicirt sind, während sie in einer zweiten Ausgabe in 8°.

*) Garrucci, Graffiti de Pompei etc. 2. Aufl. Paris 1856. pl. 30 und 31.
 
Annotationen