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Erstes Capitel. Die Architektur und das Bauhandwerk.

zu den Bauten verwandt, welches am Orte selbst oder in seiner nachbarlichen Um-
gehung zu gewinnen war: und sowie das in seinem Pentelikos marmorreiche
Attika in seinen öffentlichen Monumenten fast nur Marmorhauten aufzuweisen
hat, wie in anderen Gegenden Griechenlands bald Sandstein, bald Kalkstein,
bald Tuff gebrochen und verhaut wurde, so sind in Pompeji hauptsächlich
solche Gesteinarten verwendet, welche in der Nähe oder doch in nicht allzu
großer Entfernung gewonnen wurden und noch heute nachweisbar sind. Doch
ist schon hier zu bemerken, dass die ältere Zeit sich soweit möglich an das
zunächst gelegene Material hielt, während der verfeinerte Kunstbetrieb die
Herbeischaffung des für seine Zwecke geeigneten Materials aus größeren Ent-
fernungen nicht scheute.

Ungewiss wo, jedenfalls aber in der Nähe hatte das seihst auf einem
uralten Lavastrom erbaute Pompeji Brüche von Lava, einem sehr harten,
schwer zu bearbeitenden Material, welches daher auch nur sehr selten zu
Quadern behauen und nur an einer einzigen Stelle zu einer ganzen Quader-
mauer verwendet worden ist. Auch ihr sonstiges Vorkommen in Pfeilern,
Thürgewänden, Säulentrommeln u. s. w. ist vereinzelt, während sie ihre
Hauptverwendung außer im Straßenpflaster in den Schwellen der Thüren
und Läden gefunden hat und außerdem als unregelmäßiger Bruchstein in
kleinen Stücken häufig in den Wänden (dem opus incertum) der früheren
Perioden vorkommt. Auch die vulcanische Schlacke (cruma) und der
Bimsstein kommen nur unregelmäßig in Bruchsteinmauerwerk und, ohne
Zweifel der Leichtigkeit wegen, in Gussgewölben, wie z. B. denjenigen der
Stabianer Thermen, vor. Das erste Hauptbaumaterial ist ein aus dem Wasser
des Sarno niedergeschlagener Kalkstein, welcher sich längs des ganzen
Flusslaufes in mehr oder weniger starken Lagern findet. Derselbe ist nicht
durchaus von gleicher Beschaffenheit, bald dichter, bald poröser und von
Pflanzenresten durchsetzt; frisch gebrochen ist er nicht hart und unschwer
zu bearbeiten, während er an der Luft dunkelt und erhärtet und in den antik
verwendeten Stücken braun aussieht und ein hartes, sehr widerstandfähiges
Material darstellt, welches jedoch eine feinere Bearbeitung nicht zulässt und
deswegen hauptsächlich da verwendet worden ist, wo gegen Druck, Stoß oder
Verwitterung größerer Widerstand geleistet werden sollte. Im Übrigen ist
sein Gebrauch früh eingeschränkt worden, und zwar zu Gunsten des ungleich
feinkörnigem, durch sein Gefüge und seine graue Farbe von jenem leicht zu
unterscheidenden vulcanischen Tuffes, welcher in den Bergen hei Nocera
bricht und zu Lande aus einer immerhin ansehnlichen Entfernung herbei-
gebracht werden musste, aber sich als ein sehr vorzügliches, auch zur feinem
Formgebung geeignetes Material erweist, dessen überwiegende Verwendung
die höchste Blüthezeit des selbständigen Pompeji (»Tuffperiode«) bezeichnet.
Neben diesem grauen Tuff erscheint eine zweite von gelber Farbe und sehr
geringer Haltbarkeit, welche an den Küsten um Pompeji überall vorkommt,
aber niemals in größeren Blöcken, sondern lediglich in kleinen, ziegelförmig
oder quadratisch zugeschnittenen Stücken in dem Mörtelmauerwerk verwendet
worden ist. Dass dieses jedoch nur in den letzten Zeiten der Stadt geschehn
sei, ist. ein Irrthum. Dagegen gehört in architektonischer Verwendung
 
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