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Breternitz, Patrick; Universität zu Köln [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 12): Königtum und Recht nach dem Dynastiewechsel: das Königskapitular Pippins des Jüngeren — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74404#0092
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3.2 Zölle im Königskapitular

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rung der Rechtssätze sind in der D- und E-Fassung auch Beschädigungen durch
Boote abgedeckt.
Unter den Begriffen für spezifische Zölle sind in fränkischer Zeit sowohl ein
clusiaticum als auch ein exclusiaticum überliefert.182 Wie bei clusa und exclusa ist es
auch bei den von ihnen abgeleiteten substantivierten Adjektiven nicht möglich,
durch den Kontext die Art des gemeinten Zolls zu erschließen. Von wem dieser
Zoll und in welcher Höhe er erhoben wurde, ist wie viele Details der fränkischen
Zölle unklar. Die Überlegung, dass es sich beim exclusiaticum um eine Gebühr für
die Finanzierung der Instandsetzung von exclusae handelt, ist zwar naheliegend,
doch findet sich in den Quellen kein einziger Hinweis darauf.183
Dass mit den exclusae im Königskapitular sowohl Gebirgsklusen als auch
Wehre abgedeckt werden sollten, wäre mehr als ungewöhnlich. Für keine der
beiden Möglichkeiten lässt sich ein eindeutiger Beweis führen.184 Doch sprechen
die zusammengetragenen Indizien eher für die Wehre, wie schon Alfred Bore-
tius, der letzte Editor des Kapitulars, die Stelle interpretierte.185
3.2.3 Sanktionierung
Der letzte Satz des Kapitels beschäftigt sich damit, was passieren soll, wenn
jemand gegen die beiden Regelungen verstößt. Der Text ist nicht ganz leicht zu
verstehen. Auffällig ist, dass die Strafe in Höhe von 60 Solidi zwar aus dem
Kontext deutlich wird, sie aber nicht, wie in den Kapitularien und den Kom-
positionsformeln der Lex Salica üblich, dem Übeltäter direkt angedroht wird.
Auch wenn in keiner Handschrift Worte ausgelassen wurden, spricht doch viel
dafür, dass der Text hinter Et si aliquis hoc fecerit eine Lücke aufweist. Da sie in
allen Handschriften steht, muss es recht früh in der Überlieferung zum Text-
ausfall gekommen sein. Das eher ungewöhnliche unmittelbare Folgen des Re-
lativsatzes auf den Konditionalsatz, wobei sich auch noch das Subjekt ändert,
spricht ebenfalls für eine Lacuna. In der Lücke dürfte die eigentliche Strafan-
drohung von 60 Solidi gestanden haben und mit qualiscumque dürfte ein neuer
Satz und Gedanke begonnen haben. Dieser allerletzte Satz sieht eine Aufteilung
der 60 Solidi vor: die eine Hälfte soll an denjenigen gehen, qualiscumque homo hoc
comprobaverit, die andere Hälfte in die Kasse des Königs.186

182 Vgl. Adam, Zollwesen, S. 46 f.; Stoclet, Immunes, S. 140-144.

183 Dies gilt auch für einen Zusammenhang von Brückenzöllen und Brückenbau bzw. -Instand-
setzung. Vgl. dazu Mischke, Kapitularienrecht, S. 113. Anders Niermeyer — van de Kieft — Bürger,
Lexicon, Bd. 1, S. 510: „Gebühr für Schiffe, die durch ein Wehr fahren wollen".

184 Eine weitere Möglichkeit wäre, dass es sich hier um Wasserbauwerke im Gebirge handelt, die an
den Stellen angelegt wurden, ab denen die Flüsse schiffbar waren.

185 Boretius sprach allerdings von Schleusen und es ist nicht ersichtlich, ob er das Wort im engeren
Sinn als Kammerschleuse oder im weiteren Sinn als Schleuse/ Wehr verwendete. Schleusen im
engeren Sinn sind erst seit dem Spätmittelalter in Europa belegt. Vgl. dazu Elmshäuser,
Schleusen.

186 Die genannten 30 Solidi sind die Hälfte der 60 Solidi (de LX solidis triginta). Die Zahl stimmt nur
rein zufällig mit den 30 Silberlingen überein, die Judas für seinen Verrat an Jesus erhielt. Vgl.
 
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